Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
weshalb er selig ist und gleich sechs Kisten nachbestellt. Ich bin um die Welt gereist und habe diese wichtigen Figuren kennen gelernt, ich habe sie zu Freunden gemacht und empfinde das auch so. Und ich komme immer wieder bei ihnen vorbei, und wir sprechen über Gott und die Welt. Das nennt man dann Marketing. Mit den Hölzern selbst komme ich überhaupt nicht mehr in Berührung, ich habe keine Kreissägen und keine Bandsägen mehr, nicht einmal mehr große Lagerplätze. Die Holzindustrie kommt auf mich zu, sie sagt: Ich brauche in einem halben Jahr sechs Stämme von dem, acht Stämme von dem, vierzehn Stämme davon. Ich sorge dafür, dass das dann da ist, vor Ort, direkt beim verarbeitenden Betrieb, bei dem, der aus diesen Hölzern dann etwas baut. Das Holz kommt mit Schiffen ins Land. Natürlich lasse ich dann von meinen Leuten die Qualität des angelandeten Holzes prüfen. Das machen dann Holzscouts, wie Herr Bludenz einer ist.«
»Ach, Sie sind Holzscout?«, fragte ich Gerd Bludenz. »Wie wird man denn so einer?«
»Es gibt einige Hilfen, um Holz zu bewerten«, antwortete Bludenz trocken.
Er war immer noch stinksauer, und ich hatte die feste Absicht, ihn in diesem Zustand zu belassen.
»Na ja,« schob sein Chef ein. »So einfach geht das nun auch wieder nicht, mein lieber Gerd. Die Stämme werden auf Äste und Astlöcher unter die Lupe genommen, die Wuchsringe, also die Jahresringe, werden durchgesehen, mit feinen Bohrern stellen wir eventuelle Schäden oder Fäulnisherde im Wuchs fest. Wir prüfen sogar biochemische Zusammenhänge. Das ist ziemlich kompliziert und umfangreich, wobei man schlicht nicht übersehen darf, dass ein einziger Stamm schon mal zweihunderttausend Euro kostet – oder bei seltenen Edelhölzern durchaus das Doppelte.«
»Und dann suchen Ihre Spezialisten im Internet erneut die Holzfällerfirmen auf, um bestimmte Hölzer zu bestellen oder zu buchen. Das habe ich jetzt einigermaßen verstanden. Was machen Sie denn auf dem Sektor heimische Eiche und heimische Buche, oder heimische Kirsche oder Haselnuss?«
»Die Regel ist, dass wir von den deutschen und europäischen Forstspezialisten vorher gesagt bekommen, was im nächsten Winter voraussichtlich gefällt wird. Diese Leute brauchen auch Planungssicherheit. Dann schicken wir die Scouts, die dieses Holz noch im Naturzustand im Wald anschauen und einigermaßen klar definieren können, was da an Material zur Debatte steht. Dann müssen wir sehr schnell reagieren und entweder kaufen oder nicht kaufen. Es ist klar, dass wir dabei mit erheblichen Summen umgehen, zumal zum Beispiel Buche und Eiche immer seltener werden, aber auch Vogelbeere und Haselnuss, wobei Haselnuss schon Seltenheitswert hat. Das Meiste davon ist leider Buschholz und in der Möbelindustrie kaum zu verwenden oder aber so teuer, dass man es Otto Normalverbraucher nicht anbieten kann. Die Frage ist also auch da: Kaufe ich oder kaufe ich die Haselnuss nicht? Wenn ich sie kaufe, kann ein teurer Hersteller daraus die komplette Außenhaut einer ganzen Schrankwand belegen, traumhafte Holzfläche. Meinetwegen sechs oder zehn Meter lang, zweizwanzig hoch. Das sieht fantastisch aus, das haben die Nachbarn garantiert nicht. Aber der Hersteller sollte bemüht sein, einen solchen Kunden schon im Blick zu haben, der in der Lage ist, das auch zu bezahlen. Wie Sie sehen, hängen wir alle voneinander ab.«
»Kann man das also als ein ununterbrochenes Hindernisrennen um den Baustoff Holz bezeichnen?«
Er lächelte jetzt geradezu innig. »Das ist ganz hervorragend ausgedrückt, Herr Baumeister. Drückt er das nicht fein aus, Gerd?«
»Ja«, nickte Gerd mit der Überzeugungskraft eines alten Brötchens.
Ich dachte in heller, guter Laune: Ich sehe eine glorreiche berufliche Zukunft für Gerd Bludenz!
Dann fragte ich: »Kann ich Ihnen meinen Text faxen? Würden Sie kurz drübersehen und eventuelle Fehler markern? Das würde mir wirklich helfen.«
Er war deutlich entzückt, er strahlte, er nickte heftig. »Das mache ich gern für Sie, Herr Baumeister, keine Frage.«
Es war für mich gar nicht so einfach, dankbar auszusehen, denn in diese Falle war ich jetzt selbst hinein getappt. Ich musste die Reportage wirklich schreiben, aber was tut man nicht alles als Überzeugungstäter.
Dann holte ich zum letzten Schlag aus, was wahrlich nicht einfach war, und was mir erhebliche Bauchschmerzen verursachte. Ich holte das Foto von Mirko Slavic alias Mirkoboy heraus und legte es vor ihn hin. »Sie
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