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Eifel-Connection

Titel: Eifel-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Er war elend tief, und er blutete weiter.
    »Ich muss deinen Kopf irgendwie hochlegen«, sagte ich.
    Er hatte auf seinem Sessel auf einem grauen Wollkissen gelegen. Das holte ich mir und legte es unter seinen Kopf. Dann setzte ich mich in seinen Sessel und stopfte mir in aller Ruhe eine gebogene Crown Viking von Poul Winslow. Als sie brannte, begann er sich zu bewegen.
    »Scheiße!«, sagte er matt.
    »Das müsste genäht werden«, sagte ich, »sonst hast du ein Nasenloch wie eine Zwei-Euro-Münze. Aber wie ich dich kenne, wirst du irgendeinen Grund haben, dieses Haus niemals zu verlassen. Und einen Arzt kriege ich hier wegen Seuchengefahr nicht rein, der wird sich weigern.«
    »Kannst du mir einen Schnaps eingießen?«, fragte er vollkommen sachlich und klang vollkommen nüchtern.
    »Sicher«, sagte ich. Das Wasserglas stand neben mir auf dem Fußboden und gleich daneben eine halbvolle Flasche Wodka. Ich goss ihm drei Finger breit ein und reichte das Glas zum Sofa rüber.
    Er sagte gleichmütig und nüchtern »Danke!« und goss den Inhalt hinunter. »Du machst dich kaputt«, stellte ich fest. »Ja«, sagte er. »Was ist es denn?«
    »Aids«, sagte er. »Rein praktisch bin ich längst tot.«
    »Wenn ich den Notarzt rufe, könnte der dich einweisen.«
    »Kein Arzt. Alles schon da gewesen.«
    »Was heißt das?«
    »Ich war beim Arzt, ich war x-mal im Krankenhaus, ich hatte den Notarzt hier, die Bullen sind aufgekreuzt, wieder ins Krankenhaus. Und so weiter und so fort, einfach endlos.«
    »Und was willst du?«
    »Ich will nichts, ich will, dass sie mich in Ruhe lassen, ich will allein sein, ich will die große Reise antreten und das ist Scheiße genug.« Das kam ziemlich kühl daher, das hörte sich nicht nach Selbstmitleid an, das konnte eine Wahrheit sein.
    »Wie alt bist du denn?«
    »Vierunddreißig.«
    »Wie bitte?«
    »Vierunddreißig, Mann. Hörst du schlecht?«
    »Und du heißt Waclav Schibulski?«
    »Habe ich meinen Vater auch gefragt.«
    »Wie lange bist du schon in diesem Haus?«
    »Acht Jahre. Sie wollten es mir vermieten. Also, die Besitzer. Aber ich habe nie Miete gezahlt. Und jetzt zahlt das Sozialamt. Es ist alles ganz einfach, es ist überhaupt nicht kompliziert. Ich hatte Aids schon, als ich hier ankam. Alles ganz easy, Mann. Ich bin denen immer wieder durch den Rost gefallen. Ich will nur in Ruhe gelassen werden, sonst nichts. Bis zur nächsten Lungenentzündung. Kannst du mir aus dem Schrank eine Schachtel Zigaretten geben?«
    Ich brach eine der Stangen an und reichte ihm eine Schachtel. Eine Weile rauchten wir schweigend, nur unterbrochen von seinem Husten bei jedem Zug.
    »Du hast einen der Männer erkannt, nicht wahr?«
    »Ja, klar. Den im Auto. Der hat mir zweitausend Eier für den Schlüssel zum Wohnwagen gegeben. Dann noch mal tausend, einfach so. Er wollte da irgendetwas fingern. Mit dieser Frau, dieser jungen Blonden. Er brauchte eine sichere Bleibe für sein blondes Vögelchen, damit es ihm nicht ausbuchst. Nur vorübergehend, wie er sagte. Der Wohnwagen sei ihm empfohlen worden. Totale Hektik. Ich kann ihn verstehen, den Mann, seine Ware war heiß, verdammt heiß. Ich hab mir die mal angesehen. Mein lieber Herr Kokoschinsky, das ist ein Schuss. Beine bis zum Himmel, die reicht für ein ganzes Eroscenter.«
    »Und sie heißt Anna?«
    »Sie heißt Anna.«
    »Hausname?«
    »Weiß ich nicht. Aus Polen.«
    »Die Ermordete hieß wohl Waclawick, oder?«
    »Das weiß ich nicht. Die Mordkommissionsleute sagten, sie hatte einen Zettel bei sich, da stand Waclawick, Maria drauf. Angeblich aus Köln. Aber was die mit der Blonden zu tun hatte, weiß keiner, die Leute von der Mordkommission jedenfalls nicht.«
    »Und was mache ich jetzt mit dir?«
    »Nichts, mein Freund. Gar nichts.«
    Aber so einfach war das nicht. Erst einmal ging ich vor die Tür auf die Veranda und rief die Gemeindeverwaltung an. Jemand, ein junger Mann, war für Soziales zuständig und wirkte muffig.
    »Es geht um Waclav Schibulski, genannt Antek. Ich bin bei dem zu Hause. Er erstickt im eigenen Müll, er behauptet, er habe Aids. Er benimmt sich wie ein Sack Dreck, er ist zu Tode abgemagert. Und angeblich schickt er osteuropäische Frauen auf den Strich in Wohnanhängern vor der Autobahn. Also, was stimmt daran, und was nicht?«
    Der Mann sagte aus dem Stand fast weinerlich: »Hör mir bloß auf mit dem Scheiß, der Mann macht uns alle hier vollkommen fertig. Wenn wir ihm Hilfe anbieten, nimmt er sie, aber nur dann, wenn er nicht

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