Eifel-Connection
lagen quer über seinem Schädel. Da er nahezu auf dem Rücken lag, war es schwer zu schätzen, ob er groß war oder klein. Ich kam zu dem Schluss, dass er ein kleiner Mann sein musste, bestenfalls um die fünfzig Kilo schwer, ein Wrack. Er hatte seltsam eindringliche, graue Augen und keine Augenbrauen. Ich schätzte sein Alter auf fünfzig.
»Willst du einen Wodka?«
»Danke nein, im Moment nicht.«
»Dein Redakteur hat gesagt, ich kriege zweitausend Piepen, bar auf die Hand. Hast du die mitgebracht?«
»Nein. Welcher Sender soll es denn sein?«
»RTL«, sagte er. »Das weißt du doch, da kommst du doch her.«
»Daher komme ich nicht«, sagte ich.
Er griff mit der rechten Hand nach einem Glas, das offensichtlich auf dem Fußboden stand. Er trank einen Schluck. Er trug einen sehr alten, grauen Rollkragenpullover voller Löcher, darüber ein kurzärmeliges Jeanshemd, darunter eine schwarze Hose. »Die haben aber gesagt, die kommen heute.«
»Das mag sein«, sagte ich. »Aber mein Name ist Baumeister, und ich komme nicht von RTL. Ich soll dir schöne Grüße bestellen von den Brandsachverständigen. Du hast zwei Tage Zeit, die Reste wegzuräumen. Die von dem Wohnwagen.«
»So eine Scheiße. Du bist also ein Bulle.«
»Nein, bin ich nicht. Aber die tote, alte Frau interessiert mich. Ich habe sie fotografiert. Hier ist das Foto. Kennst du die?« Ich legte ihm das Foto auf den Schoß.
»Nie gesehen«, sagte er, reichte mir das Foto schnell zurück und schüttelte eindringlich den Kopf. Er hatte sich vielleicht vierzehn Tage lang nicht rasiert, und jedes Mal, wenn er sprach flog sein langer Oberlippenbart im Takt der Worte. »Also, was willst du?«
»Ich will wissen, wie die alte Frau in deinen Wohnwagen kam.«
»Das weiß ich doch nicht, das habe ich den Bullen auch schon gesagt.«
»Aber es ist dein Wohnwagen, und du hast die Schlüssel. Die Nutten, die da arbeiten, kriegen den Schlüssel von dir und liefern ihn hinterher wieder ab. Der Schlüssel steckte nicht im Schloss, aber der Wohnwagen war offen, und nicht aufgebrochen. Wie ist die alte Frau an den Schlüssel gekommen?«
»Junge!«, sagte er hell. »Das weiß ich wirklich nicht. Du willst doch nichts anderes als eine heiße Story. Gib das doch zu. Bist du von der BILD?«
»Nein, auch nicht von BILD. Aber du weißt doch sicher, wer diese alte Frau war, oder? Ich meine, woher sie kam und wie sie hieß.«
Er lachte leise. »Keine Ahnung, Junge, wirklich nicht. Willst du nicht doch einen Wodka?«
»Nein, danke. Aber wenn es so ist, wie du sagst, dann muss der Schlüssel ja hier sein, oder?«
Er bewegte sich träge, er fummelte in seinen Hosentaschen herum. Dann legte er grinsend einen kleinen Schlüssel auf das Tischchen. »Nicht, dass du glaubst, ich will dich bescheißen«, sagte er. Er war betrunken, eindeutig hochgradig betrunken.
»Hast du in den letzten Tagen was gegessen?«, fragte ich.
Er sah mich mit stummem Protest an. »Junge, wir sind Geschäftsleute, essen können wir zu anderen Zeiten.«
»Das ist auch wieder wahr«, nickte ich. »Ich wollte nur höflich sein, ich würde dir auch was kaufen.«
Er starrte mich eine ganze Weile an und wurde dann unvermittelt wütend. Er griff in die Brusttasche seines Jeanshemdes und zog ein Bündel Euroscheine hervor. Er knallte sie auf den Tisch, zwei fielen auf den Boden. Es waren Hunderter, und es waren weit mehr als zehn.
»Ich verdiene genug Geld«, sagte er verbissen. »Ich habe deine Kröten nicht nötig, und schon gar nicht deine Currywurst oder so’n Prollscheiß.«
Dann stand er plötzlich, es war eine gleitende Bewegung. Er war ein Zwerg, wie ich vermutet hatte. Hinter seinem Kopf war ein Hängeschrank aus den Fünfzigern. Er drehte sich, er riss beide Türen auf. Da standen volle Kognakflaschen, Wodkaflaschen, drei Stangen Zigaretten, Erdnüsse in Dosen, Mars-Riegel en masse. Und Konservendosen mit Eintöpfen, sicherlich mehr als ein Dutzend. »Antek kommt bis zu seinem Tod allein für sich auf!«, erklärte er pathetisch und setzte sich wieder. »Meine Geschäfte sind sauber, und sie laufen gut. Und ich arbeite immer für Geschäftspartner mit viel Kohle, da läuft nur Bares.«
»Wie machst du das mit der Heizung hier im Haus?«
Er starrte mich wieder an, und er wurde noch wütender. »Ich heize mit dem Herd draußen, ich habe Holz genug, ich brauche deinen Scheiß nicht.«
»Ich wollte dir auch keinen Scheiß anbieten«, sagte ich. »Ich könnte dir in dem Herd da draußen ein
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