Eifel-Connection
bereit, wieder aufzustehen.
Die beiden Katzen kamen und beklagten sich, dass sie den ganzen Tag über vernachlässigt worden seien und gaben sich zufrieden, als ich sie mit schmackhaftem Dosenfutter besänftigte.
Wir hatten im Grunde gar nichts, wir wussten nichts. Ein toter Mercedesfahrer, der vorher eine tote, alte Frau an ihrem Rockgürtel gepackt hatte - was immer das heißen mochte. Derselbe Mann, der vorher irgendetwas mit einer angeblich schönen Blonden zu tun hatte, von der wir nicht einmal den ganzen Namen kannten. Anna. Ein toter Geologe, der eine Steilwand hinuntergestürzt war, der vorher behauptet hatte, die Eifel werde aus reiner Gewinnsucht um ihre Berge gebracht. In jedem Fall konnte man auf einleuchtende Motive verweisen, aber das würden Erfindungen sein, reine Phantasie.
Es war nur folgerichtig, in dieser Totenstille zu Musik zu greifen, weil ich mit den Tröstungen dieser Art eine lebenslange Erfahrung hatte. Da war es mal Bach, mal Beethoven, mal der jugendlich verrückte Mozart. Diesmal aber Christian Willisohns neue Scheibe Back in the Limelight. Es war eine Zusammenarbeit mit Boris van der Lek, einem unglaublich guten, traumhaft sicheren Saxophonisten aus den Niederlanden. Ich hockte auf meiner Treppe und ließ die Scheibe sehr laut durch mein Haus jubeln. Da gab es diese wundervolle Nummer mit dem Namen Fashion. In einer Strophe hieß es: I don’t like Gucci / don’t even know how to spell it / it makes no sense to tell me / what is hip - I’ll never wear it. Eine endgültige Absage an jeden gottverdammten Mainstream.
Es half, es half wirklich, und ich wunderte mich über die Hellsichtigkeit von Menschen wie Willisohn und seiner Frau Alexandra Mayer, die solche Verse erdachten und dabei mitten in der beschaulichen, bayrischen Provinz lebten. Warum unsere Fernsehgewaltigen immer noch nicht darauf kamen, zwei solch virtuose Musiker in ihren Shows einzubauen, blieb mir ein Rätsel. Es war die alte Geschichte: Kennst du den Unterschied zwischen den Schlagerleuten und den Jazzern? Nun ja, die Schlagerleute kennen auf der Gitarre drei Griffe und spielen vor zehntausend Zuschauern …
Ich hockte auf meiner Treppe und sah wahrscheinlich aus wie ein vor sich hingrinsender Idiot. Die Musik half meiner Seele. Ich rief Emma an und fragte, ob sie meine Geschichte von einem Zuhälter hören mochte, der gar keiner war.
»Komm doch einfach her«, sagte sie.
Also fuhr ich hinüber nach Heyroth und erzählte den beiden Frauen von dem Mann namens Waclav Schibulski, der am liebsten Antek genannt wurde, und den unbändigen Wunsch verspürte, allein zu sterben.
»Langsam!«, murmelte Emma, »wir haben also einen fünfzigjährigen Kölner, der eine schöne Blonde namens Anna in einem miesen, uralten Wohnwagen in den Eifeler Wäldern versteckt. Eine geradezu absurde Idee. Das ist ihm viel Geld wert, mindestens dreitausend Euro. Vor wem versteckt er die Blonde? Wir wissen, dass diese Blonde aber ganz nebenbei in genau derselben Zeitspanne einem unbekannten, zufällig vorbeikommenden bulgarischen Trucker den angeblichen Himmel auf Erden bereitet. Was heißt das? Dann haben wir Ninas Mann, der am helllichten Tag in Walsdorf in einem Lavabruch eine Steilwand hinunterfällt. Wie kann so etwas passieren?«
»Vielleicht ist es ja so, dass wir nicht das Leben des Bleckmann akribisch untersuchen müssen, sondern das Leben dieser Blonden«, sagte ich. »Ich würde weiter davon ausgehen, dass der Geologe Christian niemals allein in diesem Steinbruch war. Da muss es einen Unbekannten geben.«
»Das sehe ich genauso«, sagte Nina leise. Dann lächelte sie leicht. »Vielleicht hat diese Anna nur etwas mit dem Trucker gehabt, weil sie so mutterseelenallein in diesem Ding hockte und sich furchtbar fürchtete? Dass Christian allein in dem Bruch in Walsdorf war, glaube ich sowieso nicht. Was sollte er da allein? Er kannte das doch schon genau, wir waren sogar schon zusammen dort.«
»Mal ein anderer Gedanke«, sagte Emma hastig. »Bleckmann versteckt diese Blonde in einem alten, schrottigen Wohnmobil. Und sie tut das, was sie am besten kann: Sie schläft mit einem Wildfremden, der zufällig an die Tür klopft. Also ist sie eine Prostituierte.«
»Warum sollte ein Mann, der mindestens sechs Millionen schwer ist, so etwas veranlassen?«, fragte ich schnell.
»Na, ja«, murmelte Emma. »Warum denn nicht? Liebe ist bekanntlich das ideale Vehikel für die verrücktesten Dinge im Leben.«
»Was ist übrigens mit dem
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