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Eifel-Connection

Titel: Eifel-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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unterschreiben muss. Das hält kein Pferd aus. Es stimmt, er hat Aids, er liegt praktisch im Sterben. Wir haben alles versucht, von sündhaft teuren Medikamenten bis zu einer Einweisung. Er hat sich jedes Mal selbst entlassen. Unser Amtsarzt im Kreis sagt: Der müsste seit Jahren tot sein. Wir haben ihm versuchsweise den Strom abgeschaltet und das Wasser auch, viermal schon. Er reagiert gar nicht.« Nur kurz holte der Mann Luft, um dann gleich weiterzureden: »Das mit den Frauen stimmt auch nur halb. Er hat nur den Schlüssel zu einem einzigen Wohnwagen, und kein Mensch weiß, woher er den hat. Er tut immer so, als habe er einen ganzen Puff, und jedes zweite Wort ist eine Lüge, und wenn du mich fragst, ist der vollkommen bescheuert, und er sagt uns jedes Mal: >Ich will euch nicht, ich will allein sein.< Und manchmal geht unser Chef bei ihm vorbei und lässt einen Hunni aus unserer Kasse da. Und den quittiert er natürlich auch nicht. Und zweimal hat er ihn sogar zerrissen. Und noch was, damit das klar ist: Er nimmt von den Frauen in den Wohnwagen nicht einen müden Euro an, auch wenn das gegen jedes Geschäft ist. Er gibt ihnen noch Schnaps, wenn er einen hat.« Nach einer ersten kurzen Pause fragte er: »Wer bist du denn? Ein Freund bist du bestimmt nicht, der Typ hat keine Freunde. Bist du vielleicht ein Verwandter? Dann könntest du gleich mal…«
    »Bin ich nicht. Wisst ihr jetzt, wer die alte Frau in dem Wohnwagen war?«
    »Keine Ahnung, kein Mensch weiß das.«
    Ich erklärte ihm noch, wer ich bin, bedankte mich für die Auskunft und beendete das Gespräch. Dann räumte ich den Vorraum leer, indem ich allen Unrat ganz einfach durch die Tür auf die Veranda warf. Ich fachte den Herd an, und die Bude wurde langsam warm. Danach warf ich aus dem Zimmer, in dem er lag, alles durch das Fenster, was durch das Fenster passte. Und ich konnte sehen, dass vor mir schon andere auf dieselbe Idee gekommen waren.
    Er lag da ganz ruhig und schaute mir zu. Er bewegte sich nicht, er sagte nichts, er sah mir einfach kommentarlos zu. Manchmal lachte er lautlos, und dann sah ich, dass er keinen gesunden Zahn mehr im Maul hatte.
    »Ich mache dir jetzt einen Eintopf«, sagte ich. »Welchen?«
    »Feuertopf, oder Graupen? Was will ich denn? Graupen!«, sagte er.
    Also machte ich Graupen, und für den Topf und den Teller und den Löffel nahm ich wieder Wasser aus dem Eimer und brauchte eine satte Viertelstunde, um die Teile von den Dreckkrusten zu befreien.
    »Wer hat dir denn das Wasser abgestellt?«
    »Die Gemeinde. Da drohte jemand, sie machen es mir so eng, dass ich krepiere. Der Mann hatte recht, aber er weiß nicht, wie sehr.«
    »Was hat denn dieser Mercedesfahrer mit der Anna machen wollen?«
    »Das weiß ich nicht, Mann, das weiß ich wirklich nicht. Vögeln, nehme ich an. Obwohl er sich verdammt viel Mühe machte. Er hat wütend gesagt: >Halt dich an den Befehl!< Das war das Einzige, was ich mitgekriegt habe. Die war in dem Scheißwohnwagen und durfte sich nicht rühren.«
    »Warum denn das?«
    »Mann, ich weiß es wirklich nicht.«
    »Und wo ist sie geblieben, die Anna?«
    »Das weiß ich auch nicht.«
    »Eines stimmt jedenfalls nicht«, sagte ich. »Sie hat sich gerührt, sie hat ein bisschen Liebe gespielt mit einem Truckfahrer aus Bulgarien. Der war ganz begeistert von ihr.«
    »Du lieber Gott!«, nickte er. »Sie ist schön wie die Sünde.«
    »Wolltest du auch mal?«
    Da lachte er keckernd. »Junge, ich marschiere Richtung Himmel, ich bin seit vielen Jahren so was von impotent, das kann man schon gar nicht mehr messen.«
    »Hast du irgendwo ein Bett?«
    »Das gibt es hier nicht. Hier waren zwei, die habe ich verfeuert.«
    »Dann nehme ich die beiden Sessel.«
    Also baute ich die Armlehnen ab und stellte die Sessel gegeneinander. Dazwischen zwei leere Bierkästen. Für den Winzling reichte das vollkommen. Als Unterlage nahm ich zwei Wolldecken, die vor Dreck starrten.
    »Eigentlich solltest du mal baden.«
    »Wozu denn das?«, fragte er verblüfft.
    Als ich ihn verließ, war es 17 Uhr nachmittags, und Emma sagte mir am Telefon, ich könne das Kapitel Gabi abschließen, mein Haus sei clean. Das klang ein wenig zynisch, das freute mich nicht, das schmerzte.

6. Kapitel
     
    Ich kam in mein Haus und wäre am liebsten gleich wieder weggefahren, weil es so still war, leer und irgendwie tot. Aber wo würde es jetzt anders sein? Also sagte ich mir, dass ich ein tapferer Mensch sei, alltagstauglich und sehr windschnittig, immer

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