Eifel-Connection
kann nicht mitreden.«
Nach zwanzig Minuten etwa kam der Arzt zu uns heraus und erklärte: »Ich habe mit Frau Brandt abgemacht, dass wir sie erst einmal in die Klinik nach Daun bringen. Sicherheitshalber. Es sieht nicht gefährlich aus, und wahrscheinlich wird sie ihr Kind behalten können. Wenn Sie ihr eine Tasche mit allen Notwendigkeiten packen könnten, wäre das hilfreich.«
Emma verschwand im Haus.
»Der Krankenwagen kommt gleich«, murmelte der Arzt. »Einen schönen Abend noch.« Was er sagte, wirkte ein wenig ironisch.
»Danke für das Kommen und die Hilfe«, sagte ich.
Er drehte sich noch einmal um. »Scheußlich, dass der Vater starb.« Dann rauschte er davon und schaltete wieder sein Blaulicht ein, was angesichts der um mich herrschenden leeren Einsamkeit ziemlich fehl am Platze wirkte.
Es war elf, die Nacht war gekommen, der Wind kam in heftigen Böen aus West, wenn er einschlief, würde es wohl regnen.
Emma sagte, sie werde Nina begleiten, und also machte ich mich auf den Weg nach Hause und traf auf drei Katzen. Eine kleine Graue war dazugekommen mit weißen Pfoten und dem ständig erregten, hochnervösen Zustand, der für Scheunenkatzen in der Eifel typisch ist - immer auf der Flucht.
»Auf was läuft das hier hinaus?«, fragte ich Satchmo leicht säuerlich. »Willst du in deinem Alter hier noch eine WG aufmachen?«
Er sah mich an, als habe er meine Frage verstanden, antwortete aber nicht. Das ist der wahre Grund für die Raffinesse der Katzen: Sie tun grundsätzlich so, als hätten sie uns verstanden. Tatsächlich ist es ihnen wurscht.
Aber diesmal interessierte mich das Geschlecht. Ich gab dem Neuankömmling etwas zu fressen, packte ihn und sah ganz schnell, was er unter seinem Schwanz verbarg.
»Eindeutig Frau!«, verkündete ich. Da ich gerade auf dem Weg zur generellen Klärung war, griff ich mir auch Schneewittchen. Sie war eindeutig ein männliches Wesen, aber ich würde bei dem Namen bleiben, einmal Schneewittchen immer Schneewittchen.
Ich hörte laut und dröhnend Waltzing Mathilda von Willisohn und van der Lek und trollte mich auf den Dachboden. Ich spielte eine Partie Billard gegen mich selbst und gewann, und ich spürte, wie Müdigkeit in meine Knochen kroch, und ich weiß noch, dass ich sie mit großer Erleichterung begrüßte.
Ich dachte an Florian Sänger und daran, dass ich ihm wehgetan hatte. Und ich dachte an Waclav Schibulski, der den allergrößten Wert auf einen stillen Abgang legte, bei dem niemand ihm reinreden konnte.
Draußen hatte es zu regnen begonnen, die Katzen zogen im Treppenhaus herum. Wahrscheinlich zeigten sie der Neuen das Haus.
Ich wurde um sechs Uhr wach, weil draußen ein Sturm tobte, der sehr heftig zu sein schien, und weil irgendetwas am Haus beständig und laut klapperte.
Also stand ich auf und machte mir einen Kaffee. Ich sah auf Eins Extra die Nachrichten und ärgerte mich über die Leute in Brüssel, die es nicht einmal schafften, dass Europa mit einer deutlichen, lauten und unmissverständlichen Stimme sprach. Unser geschätzter Verteidigungsminister hatte wieder einmal die Flucht in seine glänzende Erscheinung angetreten und eine Reise nach Afghanistan mitsamt seiner blonden Frau angetreten, wobei die beiden offenkundig den Eindruck erwecken wollten, dass Papi und Mami sich sehr um die Kleinen sorgten, die im Schlamm südlich des Hindukusch dahinrobbten und gelegentlich sogar Gefahr liefen, dabei erschossen zu werden. Das Wetter war eindeutiger: bedeckter Himmel, um die zehn Grad plus, gelegentlich Regen, seltener Aufheiterungen, eindeutig eifeltypisch.
Gegen sieben Uhr verließ ich das Haus, rief aber vorher Emma an, um zu hören, wie es Nina Brandt ging.
»Eigentlich gut«, sagte sie. »Ich bin geblieben, bis die Ärzte sagen konnten, was es wahrscheinlich war. Schwangere Frauen, die ihren Mann verlieren, haben es viel schwerer, das Kind zu behalten, weil sie in einem ständigen Tief leben, das einfach nicht zu verändern ist. Du kannst einer solchen Frau nicht sagen, sie solle sich keine Gedanken machen. Noch viel weniger kannst du ihr sagen, sie solle gefälligst stets positiv denken. Daran gemessen ist Nina Brandt eindeutig sehr tapfer. Und du? Nach Walsdorf?«
»Nach Walsdorf. Rufst du Bleckmanns Frau an?«
»Mache ich. Und komm vorbei, du kriegst auch etwas zu essen.«
In Walsdorf bog ich nach links in die kleine Straße ab, die sie Vulkanstraße getauft hatten. Der Weg ging geradeaus sanft den Hügel hinauf. Oben rechts lag
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