Eifel-Connection
Zeitungsabo und kein Telefon und sonst was. Da kann die Welt untergehen, und ich merke es nicht mal.«
»Wer ist denn Gundi?«
»Gundi ist ein armes Schwein«, antwortete er sanft. »Sie hat drei kleine Kinder, der Mann zahlt nicht, Gundi hat Hartz IV. Sie hat mal versucht, im Wohnwagen zu arbeiten, das klappte aber nicht, weil sie fett ist und auch noch scheiße aussieht. Sie kommt alle paar Tage vorbei und bringt Zeitungen und auch mal was zu essen und auch mal was zu trinken und Zigaretten, und ich bezahle sie dafür. Und sie erzählt, was so los ist, und von ihr habe ich das auch gehört, dass dieser Bleckmann so einfach gestorben sein soll. Also schon, bevor du mit dem Foto gekommen bist.«
In diesem Moment ging oben an der Decke die nackte Glühbirne an. Sie warf ein Licht auf Anteks Gesicht, und es war der Tod, der da unübersehbar die Regie führte.
Wieder die männliche Stimme hinter uns: »Alles klar, ich bin dann wieder weg.«
»Vielen Dank!«, sagte ich laut. »Die ganze Sache mit Bleckmann und Anna und der alten Frau auf dem Motorrad hat sich also in drei, vier Tagen abgespielt, ist das richtig?«
»Ja«, nickte er.
»Okay. Wenn ich Zeit habe, komme ich wieder vorbei.«
»Komm ruhig«, sagte er, und das war sicher eine Auszeichnung.
»Eine Frage habe ich noch. Jeder Mensch hat Verdauung, jedenfalls von Zeit zu Zeit. Wo erledigst du das eigentlich?«
»Im Vorraum die rechte Tür. Da ist ein kleiner alter Schweinestall.« murmelte er und war leicht verlegen. »Aber Verdauung habe ich kaum, also selten.«
Noch von unterwegs rief ich Emma an und brachte sie auf den neuesten Stand. »Es gibt einen dritten Mann«, sagte ich. »Er fuhr Motorrad und hatte vermutlich Maria Waclawick bei sich. Er spricht nur gebrochen deutsch und ist ungefähr 25 Jahre alt. Alles klar bei dir?«
»Ja, alles klar. Nina ist wieder hier. Kommst du vorbei?«
»Ich komme gleich mal vorbei, ja. Wir brauchen unbedingt diesen Friedhelm Werendonk, und ich habe keine Vorstellung, wie wir an den herankommen. Und wir müssen auch auf den alten Seeth los. Na ja, bis gleich erst mal.«
Ich machte in Hillesheim im Sherlock Station, und ich muss zugeben, ich war etwas verwirrt. Zu viele neue Erkenntnisse, Fragen, die ins Unermessliche ausuferten, erstaunliche Zusammenhänge, Erklärungen, mit denen niemand gerechnet hatte.
Also belohnte ich mich erst einmal mit einem strammen Max samt drei Spiegeleiern und mummelte vor mich hin, bis ich zu einem doppelten Espresso überging und dann beschloss, den Bauern Sebastian Jaax zu besuchen samt seiner Ehefrau, die nach der Erzählung eines Schafhirten ein wilder Feger war - was immer das in der Eifel heißen mochte. Ich machte mich also auf den Weg.
Es ging auf einer schmalen Asphaltstraße dorthin. Dann gab es eine Abzweigung, an der ein Holzschild stand, auf dem Hof Jaax zu lesen war. Es war ein kurzer Hohlweg, der geschottert war, rechts und links standen ein paar Kiefern, ein paar Birken, Haselnusssträucher. Dann weitete sich der Blick. Links ein sehr großer halb offener Stall, und hinter diesem Stall das Halbrund der Senkrechten, über der die Wiese thronte, auf der Norbert Bleckmann gestorben war. Die Senkrechte war mit großen, tonnenschweren Basaltblöcken gesichert, die übereinander getürmt waren, um ein Abrutschen der Wiese darüber zu verhindern. Dann ein weiteres, sehr großes Gebäude, das auf einem Betonfundament stand und wahrscheinlich Maschinen, Zugmaschinen, anderes bäuerliches Gerät und wohl auch das Futter für die Tiere verbarg. Dahinter ein etwas kleineres, offenes Gebäude, in dem Pkws, ein Motorrad und eine schwere Zugmaschine standen. Das alles in einem erstklassigen Zustand, sauber, sehr gepflegt.
Das Wohnhaus, zweigeschossig mit freundlichen, rotkarierten Vorhängen an den Fenstern. Auf einem kleinen Keramikschildchen stand Hier wohnen Klara und Sebastian Jaax.
Ich klingelte, obwohl die Haustür sperrangelweit offen stand. Eine Frau kam eilig herbeigelaufen und sagte: »Ja, bitte?«
»Mein Name ist Baumeister, ich würde gern mit Ihnen oder Ihrem Mann sprechen.«
Sie war schlank und dunkelhaarig, hatte ein sehr offenes Gesicht und wirkte freundlich und lebhaft. Sie trug keine bäuerliche Kluft, sie war modern und zweckmäßig gekleidet, sie wäre auch in der Stadt nicht aufgefallen.
»Um was geht es denn, bitte?«
»Es geht um den Mann, der da oben auf der Wiese starb.«
»Ach, das schon wieder«, sagte sie leichthin. »Die Polizei war aber schon
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