Eifel-Feuer
kommen gleich«, sagte er. »Ich rasier mich mal.«
»Wie geht es dir eigentlich?« fragte ich.
»Eigentlich ganz gut. Ich habe die Erfahrung machen müssen, daß ich doch nicht impotent bin.«
»Das ist doch sehr erfreulich.«
»Das weiß ich noch nicht«, brummte er. Er schien einen rabenschwarzen Tag erwischt zu haben. »Der BND-Meier macht mir am meisten zu schaffen. Wieso er?«
»Vielleicht aus Versehen, meint die Bild.«
Er dachte drüber nach. Dann schüttelte er den Kopf und verschwand im Bad.
Marion rief zum Essen, wir mummelten lustlos und schwiegen uns an. Endlich kamen die beiden VW Polo, und ich lud Rodenstock ein, um nach Rockeskyll zu fahren. Unser Ziel hieß Selma Cottbus, ehemals Frau des BND-Agenten Wilhelm Cottbus.
Sie war wesentlich jünger, als ich mir vorgestellt hatte. Vielleicht vierzig Jahre alt. Sie starrte uns mißtrauisch an. »Ja, bitte?«
Rodenstock sagte energisch: »Es geht um Ihren ExMann. Wir müssen kurz mit Ihnen sprechen.« Dabei zeigte er kurz eine Plastikfolie mit einem Kärtchen darin. »Dürfen wir? Es dauert nur Minuten.«
»Ja, natürlich«, erwiderte sie eingeschüchtert und verwirrt. Sie war eine dunkelhaarige Frau, die einmal sehr schön gewesen sein mußte. Jetzt war sie nur noch verbittert, rauchte Kette und trank offensichtlich, denn ihre Wohnung roch wie eine Destille, und ihre Stimme war heiser wie die einer Absinthtrinkerin. Sie ging voraus in ein Wohnzimmer, das den ganzen Charme völliger Aussichtslosigkeit aufbot. Uralte Anrichte, uralte Stühle, Sessel und Sofa, uralte Lampen, eine Tapete voller Flecken und Risse.
»Nehmen Sie Platz«, sagte sie. »Entschuldigung, ich habe nicht aufgeräumt. Aber ich kriege auch nie Besuch.«
Rodenstock blieb mitten im Zimmer stehen, während ich mich in einen der Sessel verdrückte, dessen Ursprungsfarbe nicht mehr feststellbar war. Es war Rodenstocks Spiel.
»Frau Cottbus, entschuldigen Sie die Störung. Wir tun es wirklich nicht gern, aber wir müssen Sie fragen, ob Ihr Mann für Sie aufkommt?«
Sie hockte sich abseits auf einen Stuhl, als gehöre sie nicht hierher. »Er müßte das eigentlich, aber er zahlt seit Jahren keinen Pfennig.«
Rodenstock sah mich eindringlich an. »Ich hab es dir doch gesagt. Wann hatten Sie denn den letzten persönlichen Kontakt zu ihm?«
»Bei der Scheidung, damals in München. Das ist jetzt ungefähr, warten Sie mal, acht Jahre her. Er muß eigentlich jeden Monat rund siebenhundert Mark rüberwachsen lassen. Er zahlt nichts, keinen Pfennig. Ich gehe putzen und kellnere in Gerolstein.«
»Haben Sie denn nicht versucht, an ihn heranzukommen?« Rodenstock stand noch immer mitten im Raum und wirkte bedrohlich.
»Sicher. Aber die meiste Post kommt zurück. Da ist immer der Stempel drauf, daß der Empfänger unbekannt verzogen ist. Doch das kann eigentlich nicht sein.«
»Warum kann das nicht sein?« fragte Rodenstock eine Spur freundlicher.
»Na ja, weil er doch im bayerischen Kultusministerium arbeitet«, sagte sie naiv. »Er ist da schon seit Ewigkeiten, er hat da als Lehrling angefangen.«
»Und wie kommen Sie hierher in die Eifel?«
»Er hat mich hier abgeladen«, meinte sie trocken. »Er hat gesagt, er hätte hier alte Freunde. Aber das stimmte nicht. Nichts an ihm hat jemals gestimmt. Sind Sie vom Ministerium? Sind Sie hinter ihm her? Ich habe immer geahnt, der wird mal was drehen. Irgendein krummes Ding.«
Rodenstock setzte sich bedachtsam auf einen der alten Stühle. »Nein, nein, irgendein krummes Ding hat er nicht gedreht. Sagen Sie mal, und reden Sie mit keinem Menschen drüber, hat Ihr Mann jemals eine Vorliebe für Waffen gezeigt? Pistolen, Revolver, so einen Kram?«
»Daß Sie das erwähnen!« Sie war erstaunt, sie erinnerte sich lebhaft. »Er war ja in der Münchner Zeit im Sportschützenverein in München-Giesing. Er schoß Pistole und dann noch so ein abartiges Ding, Maschinengewehr oder Maschinenpistole, ich weiß nicht, wie man das nennt. Ich weiß noch, daß ich immer gefragt habe: Was willst du mit diesen Sachen im Kultusministerium? Aber er lachte nur, er hätte von klein auf schon ein Gewehr gehabt.«
»Was ist mit seinen Eltern?« fragte Rodenstock.
»Die sind tot. Die waren schon tot, als wir uns kennenlernten. Das war wohl ein Unfall. Was hat er denn angestellt?«
»Darüber dürfen wir nicht sprechen«, erklärte Rodenstock lächelnd.
»Oh ja, natürlich«, haspelte sie zittrig. »Datenschutz.«
»Richtig.« Rodenstock neigte sein Silberhaar.
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