Eifel-Feuer
abzuhören. Aber Dinah hatte sich nicht gemeldet, Dinah blieb verschollen. Ich hörte, wie Germaine im Badezimmer vor sich hinsummte, und legte eine CD von Jan Gabarek ein. Ich hoffte, es würde mich beruhigen, aber es war wirkungslos: Immer tauchte dieser General vor mir auf, wie er in seinem Blut lag, hoffnungslos tot. Wer, um Gottes willen, hatte so etwas tun können? Plötzlich wußte ich, daß nur eine Frage wirklich wichtig war:
Wollte ich in diesem Fall recherchieren, oder nicht? Wollte ich in einem Fall recherchieren, in dem alle Geheimdienste mitmischten, die etwas auf sich hielten? Sobald ich begann, irgend etwas herauszufinden, würde dieser dicke Meier mir die Hölle bereiten. Meine Chancen waren gleich Null. Es sei denn, ich würde etwas erfahren, was selbst die Geheimdienste nicht wußten und was sie von mir erfahren wollten.
Ich starrte aus dem Fenster in die Nacht hinaus, hörte mit halbem Ohr, wie Germaine das Bad verließ und hinaufging in ihr Zimmer. Meine Kater Paul und Momo stürmten in den Raum, sahen mich und sprangen auf das Sofa neben mich.
»Nein, ich weiß nicht, wo Dinah ist. Und es hat auch keinen Zweck, sie zu suchen. Sie ist nicht im Haus.«
Ich ging mit ihnen hinüber in die Küche und füllte ihre Näpfe auf, aber sie fraßen lustlos und waren nervös. Sie waren wie Kinder, die alles merken und von denen Idioten immer behaupten, sie seien zu jung, also ahnungslos.
Ich wechselte in Dinahs Zimmer, das sie ihr Musikzimmer nannte, weil dort ihre Anlage mit den Platten und CDs stand. Ich legte George Moustaki auf und hörte all die alten Nummern, die ihn großgemacht hatten. Zum erstenmal, seit sie gegangen war, konnte ich einfach nur traurig sein. Alter Mann, dachte ich, mach es ihr nicht so schwer – sie sucht nur sich selbst. Und wenn du mir einen Gefallen tun willst, dann laß ihr Zündkabel brechen oder irgend so etwas. Dann muß sie hier anrufen, weil sie kein Geld hat.
Es klopfte leise, und Germaine stand in der Tür. Sie trug meinen Morgenrock und sah darin ziemlich hübsch aus.
»Mir ist noch etwas eingefallen«, erklärte sie. »Ich denke, ich sage es dir, bevor ich schlafen gehe. Soweit ich weiß, werde ich eine Million bekommen, nach Otmars Tod.«
»Du hattest also einen Grund, ihn zu erschießen?«
»Irgendwie schon, aber in Wahrheit natürlich nicht.«
»Wenn die Geheimdienste das herausfinden, wirst du alt aussehen.«
»Das ist richtig«, nickte sie. »Deshalb erzähle ich es dir. Gute Nacht.« Sie ging hinaus und machte die Tür so behutsam zu, als sei ich krank und dürfe nicht gestört werden.
DRITTES KAPITEL
Ich schlief schlecht in dieser Nacht, und als um sieben Uhr der Wecker schrillte, fluchte ich erst einmal ausgiebig. Ich schlurfte in die Küche hinunter, um meinem Gast einen Kaffee zu machen, und fand sie am Küchentisch. Germaine hatte schon Kaffee vor sich stehen.
»Ich habe gar nicht geschlafen«, murmelte sie.
»Also keinen Termin beim Zahnarzt?«
»Doch, doch«, sagte sie hastig. »Hast du geschlafen?«
»Nicht sehr gut und nicht sehr viel. Ich bestelle dir einen Wagen. Du kannst zu Dr. Knauf nach Jünkerath fahren. Ich gebe dir die Hausschlüssel von hier ...«
»Und was treibst du?«
»Das weiß ich noch nicht«, log ich und ging zum Telefon, um zu erledigen, was zu erledigen war. Wir sprachen kein Wort über den General.
Um acht Uhr kam das Taxi, und Germaine war fort. Ich steckte ein paar Pfeifen und die Tabaktasche ein. Dann rief ich Paul. »Du kannst mit«, sagte ich.
Wenn ich heute gefragt würde, weshalb ich den Kater mitnahm, wüßte ich nur einen Grund zu nennen: Das Haus lag sehr einsam und barg ein Geheimnis. Da ist ein Kater heilsam und beugt Phantasien vor. Paul war erstaunt, sprang aber auf den Nebensitz, eroberte den Platz zwischen Lenkrad und Frontscheibe, und ich gab Gas.
Ich brachte den Weg zügig hinter mich und parkte ganz normal vor dem Haus des Generals. Das Haus wirkte abweisend, alle Fenster und Türen waren verschlossen, auf den Schlüssellöchern klebte ein Siegel, auf dem Staatsanwalt zu lesen war. Paul hielt sich eng an mir, lief mir dauernd zwischen die Beine, und ich mußte achtgeben, daß ich ihn nicht trat. An den hohen Türflügeln zur Terrasse hin wurde er unruhig, er roch das Blut.
Hinter dem Haus parkte ein Streifenwagen der Polizei. Heike Schmitz stand dort in ziviler Kleidung, in Jeans und Männerhemd, und hielt an einer kurzen Leine einen sehr großen Schäferhund.
Paul machte augenblicklich
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