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Eifel-Feuer

Eifel-Feuer

Titel: Eifel-Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Sie einer Untersuchungskommission das alles anvertrauen, was ich Ihnen jetzt gesagt habe?«
    Sie schüttelte sofort den Kopf. »Nein, diese Leute sind mir zu arrogant. Sie haben auf alle Fragen dieser Welt die Antworten schon parat. Nein, meine Solidarität haben die nicht. Und Sie? Steigen Sie ein?«
    »Ich weiß es immer noch nicht. Gegen einen Haufen Geheimdienste zu recherchieren dürfte der Versuch sein, eine Handgranate in der Faust explodieren zu lassen, ohne verletzt zu werden. Ich bin nicht der Meinung, sehr kostbar zu sein, aber leben möchte ich schon noch eine Weile.«
    »Also gehen Sie jetzt spazieren?«
    »Also gehe ich mit Paul jetzt spazieren.«
    »Nehmen Sie mich mit?«
    »Mit Vergnügen«, sagte ich und meinte es so.
    Wir stapften langsam zwischen den großen Buchen den Hang hinauf. Paul lief mal rechts, mal links von uns, hatte den Schwanz aufgeplustert und hielt ihn steif wie das Sehrohr eines U-Bootes in die Luft. Wenn er unsicher wurde, rückte er auf einen Meter an uns heran oder rieb sich an meinen Beinen.
    »Das ist die erste Katze, die ich erlebe, die einen Spaziergang mitmacht«, staunte Heike Schmitz. »Ist das Dressur?«
    »Nicht die Spur«, erklärte ich. »Mein zweiter Kater, der Momo, käme niemals auf die Idee, freiwillig im Auto mitzufahren. Und wenn er mal aus irgendeinem Grund mitfahren muß, ist er dermaßen hysterisch, daß er reif ist für eine Fernsehrolle. Und Momo würde auch nicht mit mir Spazierengehen. Paul macht Autofahren und Spazierengehen ausgesprochen Spaß. Er macht es freiwillig. Wenn er keine Lust mehr hat, schlägt er sich in die Büsche und wartet, bis ich zurückkomme. Das hat zur Folge, daß ich nie einen Bogen gehen kann, ich muß immer auf dem gleichen Weg zurück, den ich hergekommen bin.«
    »Wann darf er mit, und wann muß er zu Hause bleiben?«
    »Das entscheidet er selbst. Manchmal macht er den Eindruck, als wolle er sagen, die Decke fällt mir auf den Kopf. Dann wird es Zeit für einen Ausflug.«
    In einer Sonnenlichtinsel rechts von uns grub eine Amsel in altem Laub herum. Paul schlich sich an und peitschte dermaßen aufgeregt mit dem Schwanz, als wolle er sie unbedingt warnen. Sie bemerkte ihn und begann mächtig zu schimpfen, aber sie rührte sich nicht vom Fleck, wahrscheinlich war sie ein sehr erfahrener Vogel. Als Paul dann wie vom Bogen geschnellt losschoß, machte sie einen Satz in die Senkrechte, und mein Kater schoß unter ihr durch.
    Wir hatten einen Augenblick die Vision, daß die Amsel geckernd lachte, ehe sie verschwand. Paul hockte auf den Hinterläufen und leckte sich die rechte Vorderpfote.
    Dann rannte er pfeilschnell in einen Ginster und war verschwunden.
    Der Hochwald endete an einem alten, überwachsenen Weg. Der wand sich in einer sanften Rechtskurve durch einen Birkenwaldstreifen mit viel blühendem Ginster. Es war heiß, die Sonne stach grell, und das Summen der Insekten war intensiv.
    Heike Schmitz wischte sich mit einem Taschentuch über das Gesicht. »Sind Sie eigentlich verheiratet?«
    »Nein, bin ich nicht. Und Sie?«
    »Auch nicht«, sagte sie. »Eigentlich bin ich Polizistin, weil ich nicht heiraten wollte.«
    »Wie geht das?« Ich beobachtete, wie Paul quer über eine nasse Brache lief. Zur Linken stießen in einem spitzen Winkel Birkenwald und Hochwald zusammen, dazwischen war der Ausläufer einer sauren Wiese mit vielen Binseninseln. Die Wiese stieg sehr steil an, und in der Mitte der Steigung trat eine Quelle aus; das Wasser hatte eine dunkle Spur gezogen. Dort wuchs auch wilde Minze, ich konnte sie riechen.
    »Das war schon verrückt«, erzählte sie. »Meine Eltern hatten mich einem jungen Mann versprochen, der aus der Nachbarschaft stammt. Er war ein Freund aus dem Kindergarten, wir mochten uns, aber zum Heiraten reichte es wirklich nicht. Der einzig Vernünftige war mein Vater. Er sah ein, daß das nicht funktionieren würde. Wir überlegten, daß ich eine Weile von zu Hause fortgehen mußte, damit der Schorsch eine Frau fand und ich meine Ruhe hatte. Eigentlich hatte ich mit Polizei nie was am Hut. Aber ich habe alle möglichen Jobs durchgecheckt. Es mußte was sein, was mich aus Mayen herausbrachte, mir eine billige Wohnung verschaffte und eine Existenz sicherte. So bin ich ein Bulle geworden, eine Bullin ...«
    »Und es macht Spaß?«
    »Es macht Spaß«, nickte sie.
    »Und hat der Schorsch jetzt eine Frau?«
    »Hat er. Ich könnte wieder heimgehen. Aber jetzt will ich nicht mehr, jetzt will ich Zusatzkurse

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