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Eifel-Feuer

Eifel-Feuer

Titel: Eifel-Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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machen, Schule besuchen und dann zur Kripo.«
    »Hört sich gut an. Wie sind denn die Chancen für Bullinnen?«
    »Das hängt allein von der Bullin ab.« Sie lachte.
    Der Weg teilte sich. Nach links ging es in einen lichten Bestand aus jungen Kiefern und Eichen, nach rechts in einen jener fürchterlichen Streichholzwälder, die kaum erträglich sind: Weißtannen in Reih und Glied im immer gleichen Abstand, um möglichst schnell Rendite abzuwerfen. Geradeaus begann eine große Brache, in der sich Schwertlilien breitgemacht hatten.
    Plötzlich war Paul wieder da und rieb sich an meinen Beinen. Er sah zu mir hoch und miaute, was eindeutig besagte, daß er meine Hilfe wollte. Dann trottete er ein paar Schritte abseits, hob den Buckel und ließ den Schwanz peitschen.
    »Er hat was gefunden«, sagte die Schmitz trocken.
    »Also gut, du hast etwas gefunden, Paul. Mach jetzt keinen Lärm, und zeig es mir.«
    Er lief den Weg nach links, verließ ihn nach einigen Metern und schlug sich dann in die Büsche. Ich keuchte hinter ihm her und schwor mir zum siebenhundertsiebzigsten Mal, etwas für meine Kondition zu tun. Als ich den Kater endlich einholte, stand er vor einem Motorradhelm, unischwarz, Marke UVEX. Daneben lag ein Fernglas.
    »Reg dich nicht auf, Paul. Das ist von irgendeinem Touristen, der ein Sonnenbad nimmt oder so. Wahrscheinlich kriegt er einen Infarkt, wenn du auftauchst.«
    Hinter mir erschien die Schmitz. »Mir schwant Übles«, sagte sie sachlich. »Schauen Sie sich Ihre Katze an.«
    Paul war einige Meter weitergelaufen, stellte sich quer, miaute und lief wieder einige Meter. Wir folgten ihm also. Paul lief in einem weiten Linksbogen auf die steile Wiese mit der Quelle zu. Er war etwa vierzig Meter vor uns und starrte irgend etwas an, das ihm Angst machte. Er hielt den Kopf extrem tief und weit vorgeschoben.
    Der Mann lag unmittelbar hinter einem Streifen blühender Ginsterbüsche auf dem Rücken, und er wirkte extrem klein, vielleicht einen Meter sechzig groß. Er trug eine abgewetzte dunkelblaue Cordhose, dazu ein dunkelbraunes altes Jackett über einem blaukarierten Holzfällerhemd. Er hatte einen spärlichen Kranz ganz kurzer grauer Haare um den Kopf und war vielleicht sechzig oder siebzig Jahre alt, das war nicht mehr zu erkennen. Seine Oberlippe war im Tod bis unter die Nase hochgezogen und machte ihn abgrundtief häßlich. Das Zahnfleisch war schneeweiß, das Gesicht eine verkrampfte Maske. Die Kugel hatte ihn in die Stirn getroffen.
    Heike Schmitz ging an mir vorbei und kniete neben ihm nieder. Dann atmete sie laut mit schräggelegtem Kopf und machte: »Puh!«
    Der Mann hatte die abgearbeiteten Hände eines Bauern oder eines Waldarbeiters mit breiten, schmutzigen, ungepflegten Fingernägeln. Seltsamerweise trug er knöchelhohe blitzblank geputzte schwarze Arbeitsstiefel.
    »Heilige Scheiße!« sagte ich laut.
    »Verdammt, verdammt, verdammt.« Die Schmitz schien von ähnlichen Gefühlen beseelt. »Ich hasse diese Bürohengste aus Bonn, ich hasse sie aufrichtig. Spielen sich auf wie der liebe Gott. Aber den Tatort weiträumig absuchen können sie nicht. Das wäre ja auch Arbeit gewesen. Ich muß zum Wagen runter, ich muß das sofort melden. Die Zeit könnte hinkommen: Totenstarre eingetreten, leichter Verwesungsbeginn.«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich renne mal los.«
    Sie lief hinunter in den Wald. Sie bewegte sich mühelos und elegant.
    »Paul, wie konntest du mir das antun?«
    Paul mochte nicht an die Leiche herangehen. Ich ging zu ihm und streichelte ihn.
    »Du bist wirklich gut«, lobte ich. Da schnurrte er.
    Der Mörder war also tatsächlich durch den Wald zum Haus des Generals hinuntergegangen. Dieser alte Mann hatte ihn gesehen und deshalb sterben müssen. So hatte es sich wahrscheinlich abgespielt.
    Es war beinahe unwirklich still, Bienen summten, eine Erdwespe kroch über meinen rechten Schuh, und etwa vierzig Zentimeter davon entfernt torkelte ein Mistkäfer durch das Gras.
    Aus den Augenwinkeln sah ich, daß Paul erneut angerannt kam. Er preßte sich zwischen meinen Beinen hindurch und maunzte dabei.
    »Wiederhole dich nicht!« warnte ich ihn.
    Aber er schien nur begierig, mir noch einmal den Helm und das Fernglas zu zeigen, zumindest lief er in die Richtung. Doch er ließ Helm und Fernglas links liegen und verschwand hinter einem Birkengestrüpp. Es war eine Wildnis aus Ginster, Eiche, Birke, eine Landschaft für Verliebte: sonnendurchflutet, abseits,

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