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Eifel-Filz

Eifel-Filz

Titel: Eifel-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Berndorf
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durchsetzt.«
    »Das heißt also, er wollte in der Eifel und in der Bank bleiben?«
    »Ja, und das ist so verwirrend. Sie hätten ihn auf Dauer feuern müssen. Ich verstehe bis heute nicht, warum er das nicht gesehen hat. Er war wirklich ein heller Kopf, aber an der Stelle war er total vernagelt. Die Männer hier sind alle so: Sie wollen sich in der Eifel durchsetzen, sie wollen sich dort durchsetzen, wo sie auf die Welt gekommen sind und wo die Nachbarn sagen: Aus denen wird nie was! Sie wollen den Erfolg um jeden Preis, und die ganze Eifel muß Zeuge sein. Sowas Verrücktes!« Sie schnaufte unwillig. »Er stammt eben aus bescheidenen Verhältnissen. Die Eltern kriegten die Kinder kaum satt, der Vater war Maurer, die Mutter ihr Leben lang krank. Das steckte in ihm, das kriegte er nicht raus.«
    »Kann es sein, daß jemand den Pierre umbrachte, weil er zum Beispiel den Handwerkern Apartments im Kyllheim-Projekt angedreht hat?«
    »Warum denn?« fragte sie schrill. »Das ist doch bei so teuren Bauten völlig normal. Pierre hat die Finanzierung durchbekommen, und eigentlich müßten die doch dankbar sein. Er hat niemals jemanden persönlich übers Ohr gehauen, das machte er einfach nicht.«
    »Aber jemand muß einen Grund gehabt haben, den Pierre zu töten und Heidelinde gleich mit. Fällt Ihnen gar nichts ein?«
    »Wirklich nicht«, flüsterte sie, und ihr Gesicht war ein schwarzer Fleck vor dem hellen kleinen Fenster.
    »Hat Ihr Mann eigentlich sich selbst auch ein Apartment gekauft?«
    »Nein«, sagte sie. »Nicht für sich. Er hat eins für mich gekauft und eins für die Kinder. Und ich bin dankbar, denn die kann ich jetzt sofort zu Geld machen. Ich muß hier raus, ich muß das alles hinter mich bringen, ich will weg hier.« Ihr Kopf schlug nach vorn, und sie weinte.
    »Was ist mit Kutschera? Wollte er sich scheiden lassen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Der kam überhaupt nicht mehr klar mit dem Leben. Der hat mir gesagt: Wenn ich mich scheiden lasse, kann ich mich gleich aufhängen. Nein, er wollte sich nicht scheiden lassen.«
    »Dann brauchte Ihr Mann die Scheidung auch nicht so eilig«, sagte ich ganz sanft.
    »Stimmt«, rief sie plötzlich hell. »Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ja, das stimmt.«
    »Woher stammt Pierre?« fragte ich.
    »Aus Schutz, das liegt vor Manderscheid.«
    »Haben Sie Verbindung zu seiner Familie?«
    »Natürlich. Der Vater telefoniert sechsmal am Tag mit mir. Der würde sich am liebsten einen Strick nehmen.«
    »Würden Sie ihn anrufen? Würden Sie ihn bitten, fünf Minuten mit mir zu sprechen?«
    »Natürlich«, sagte sie, aber sie war nicht mehr bei der Sache.
    Sie ging mit mir hinunter und telefonierte mit ihrem Schwiegervater. Dann nickte sie mir zu: »Fünf Minuten, sagt er, nicht mehr.«
    »Eine Frage noch. Hans Kutschera wird von der Polizei festgehalten. Kann er der Mörder sein oder der Auftraggeber für den Mord?«
    »Niemals. Der Mann ist doch fertig, der ist nur noch ein Wrack.«
    »Danke«, murmelte ich und ging.
    Ich fuhr, so schnell ich konnte, über Niederbettingen nach Gerolstein hinüber, dann von dort über Gees nach Oberstadtfeld und Schutz. Unterwegs rief ich mich selbst an und erklärte Rodenstock, ich würde mich etwas verspäten. »Und sagen Sie Wiedemann, er kann diesen Kutschera freilassen. Der hat wahrscheinlich nichts damit zu tun.«
    »Kutschera ist wieder frei«, sagte Rodenstock. »Beeilen Sie sich. Sie müssen sich ein Video anschauen.«
    »Was ist denn drauf?« fragte ich.
    »Eine nackte Frau reitet einen nackten Mann«, faßte er das Gesehene zusammen. »Widerlich.«
    »Was heißt das?«
    »Na ja«, schnaufte er unwillig. »Wir kennen weder die Frau noch den Mann.«
    In Schutz kam linker Hand zuerst Bernds Schreinerei, der kleine Kunststücke in Inneneinrichtung liefert, dann die Kurve nach links, dann nach rechts, schließlich die schmale Straße den Berg hinauf. »Es ist ein kleines Haus, in dem man heute gar nicht mehr wohnen würde.«
    Sie hatte noch etwas gesagt: Die Eltern hatten die Kinder kaum satt bekommen, die Mutter war immer krank gewesen.
    Das Haus war ein uraltes Trierer Einhaus: Wohnhaus, Stall und Scheune unter einem Dach, in einer Front. Wahrscheinlich war es einer jener Bauten, die Experten begeistert unter Denkmalschutz stellen, dann aber mit Abbruch bestrafen, weil kein Mensch das Geld hat, die uralte Substanz zu erhalten. Der Schimmel war in die Außenmauern gekrochen und ließ sie grünlich und grau aussehen. Um eine

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