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Eifel-Filz

Eifel-Filz

Titel: Eifel-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Berndorf
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Flora. »Wenn das Projekt in Kyllheim steht, kommt mein Tagungshaus an die Reihe. Alles fertig, und kein Mensch kann mehr einen Rückzieher machen, egal, was passiert. Nur haben sie mir leider meinen Vorsitzenden um die Ecke gebracht. Das finde ich unfair.«
    »Wie weit ist denn die Bank bei den Preisen entgegengekommen?«
    »Dreißig Prozent, Baumeisterchen.«
    »Und wie hat man das vertuscht?«
    »Ganz einfach, Siggi-Schätzchen. Sie haben Geld bekommen von der Gemeinde, vom Land, aus Euro-Töpfen, sie haben was von der Wirtschaftsförderung, von privaten Einsteigern und was aus den eigenen Quellen. Das alles haben sie in einen Topf geschmissen und rühren es seit anderthalb Jahren immer wieder um. Kein Mensch weiß mehr, was eigentlich von wem verbraten wurde, was noch vorhanden ist. Jemand, der das prüfen soll, der muß zwei Jahre Zeit mitbringen und wird wahrscheinlich nicht die Hälfte aufdecken.«
    »Was zahlst du jetzt für deine Tagungsstätte?«
    »'nen Appel und 'n Ei, Baumeister-Schatz.« Sie goß sich das nächste Glas ein. »Und ich sitze im Finanzausschuß.«
    »Das kann ich niemals schreiben, das kapiert kein Mensch.«
    Flora lachte plötzlich schallend: »Alle, die so ein Scheiß Apartment nicht bezahlen konnten, haben es von der Bank kreditiert gekriegt. Mein kleiner Pierre und Udler haben das gedeichselt. Ganz einfach. Und alles völlig legal.«
    »Udler hat sehr viel Macht«, murmelte ich.
    »Oh ja. Er war hier, er hat mich besucht, obwohl er mich so wenig leiden kann wie der Aussätzige die Krätze. Er war ganz klein mit Hut und hat gesagt, es ginge alles glatt über die Bühne und ich brauchte mir nicht die geringsten Sorgen zu machen.«
    »Du bist ein Glückskind, Flora. Ich finde es wirklich gut, daß du mir das erzählt hast, und...«
    »... weißt du, ich dachte, du würdest es sowieso stückweise erfahren, und da wollte ich dir lieber die ganze Geschichte erzählen, ehe du auf dumme Gedanken kommst.«
    »Aber einen dummen Gedanken habe ich schon, Flora. Die ganze Kiste ist zwar das totale Chaos, aber ich finde überhaupt kein Motiv. Udler hat Macht, Pierre hat Können bewiesen, jeder hat ein Apartment, der Bau geht munter voran. Wer, um Gottes willen, hatte einen Grund, Pierre und Heidelinde zu töten?«
    Flora verzog den Mund und schnalzte leicht. »Das ist richtig. Pierre hat alles auf die richtige Schiene gebracht. Es ist niemand in Sicht, der nicht irgendwie daran verdient hat. Aber vielleicht wollte jemand die Heidelinde um die Ecke bringen und hat Pierre der Verwirrung wegen einfach mitgetötet. Hast du mal daran gedacht?«
    »Habe ich«, ich trank das Wasser aus. »Du hast trotzdem irgend etwas gegen das Projekt in Kyllheim, nicht wahr?«
    »Sagst du es nicht weiter?«
    »Nein, ich habe nicht die geringste Veranlassung.«
    »Also gut. Wir haben ein tropisches Bad mit allen Schikanen plus ein Hotel mit allen Schikanen. Wir haben genug Kapital, um die Sache hochzuziehen. Wir haben sogar schon jemanden, der das Hotel und das Restaurant pachtet. Wir haben auch jemanden, der das Bad betreiben will. Es gibt ein Wort, das diese Gesellschaft über alles liebt. Das heißt Gewinn. Wir sind hier in der Eifel, der Tourismus ist erst im Aufbau, Köln ist hundert Kilometer entfernt. Bis jetzt liegen die Kalkulationen so, daß die Übernachtung in dem Hotel viel zu teuer sein wird für Eifler Verhältnisse. Die Eintrittskarte ins tropische Gewässer wird für eine Familie mit vier Kindern unerschwinglich sein. Mit anderen Worten: Ich gehe jede Wette ein, daß das Ding eher pleite ist, als der fünfzigtausendste Besucher sich die Füße naß gemacht hat. Aber du mußt die Schnauze halten, Baumeister.«
    Ich murmelte etwas wie »Großer Gott« und ging.
    Der Nebel hatte sich breitgemacht, streckenweise mußte ich Schritt fahren.
    Ich hatte die fröhliche Vorstellung, ich würde mit einer gewaltigen sportlichen Hechtrolle in meinem Bett landen, aber daraus wurde nichts.
    Die Soziologin hatte sich den Oliver Stone-Film Platoon eingelegt. Ohne den Kopf zu bewegen, sagte sie: »Krieg ist etwas von Männern für Männer, oder?« Und da ich nicht antwortete, setzte sie hinzu: »Ich habe kein Bett.«
    Ich hockte mich ihr gegenüber in einen Sessel und murmelte: »Es ist vier Uhr.« Es war keine sonderlich intelligente Bemerkung, und ich wollte sie irgendwie abschwächen, aber ehe ich etwas sage konnte, wandte sie mir das Gesicht zu. Jemand hatte sie geschlagen, ihre rechte Wange war geschwollen und

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