Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Filz

Eifel-Filz

Titel: Eifel-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Berndorf
Vom Netzwerk:
die Augen zusammen, spitzte den Mund, schüttelte den Kopf. »Wie bitte? Der Pierre? Mich erpressen? Mit so einem Filmchen? Mit so einem Scheiß?« Er zog sich ein paar Zentimeter zurück, spannte sich dann wieder nach vorn.
    »Nein, nein, nein, Herr Kommissar, überlegen Sie doch bitte einmal: Das wäre gänzlich hirnrissig. Sie äußern einen bösen Verdacht, und ich kann nur erwidern: Pierre hat mich nicht erpreßt. Ich wußte doch gar nicht, daß dieses blöde Material existiert. Und gleich noch etwas, damit wir uns klar verstehen: Pierre hätte nie und nimmer versucht, mich mit so einem, geradezu dämlichen Video zu erpressen. Mit so etwas kann man Udler nicht erpressen, und Pierre wäre niemals so dumm gewesen, das auch nur zu versuchen.« Udler entspannte sich etwas, atmete langsamer. Dann lächelte er wieder unvermittelt. »Wenn ich das richtig verstehe, besaß Pierre also dieses Filmchen. Wie lange denn schon?«
    »Ein paar Wochen mindestens«, antwortete Wiedemann. Er wußte, daß seine Stellung schwach war, und gab es durch seinen Gesichtsausdruck zu.
    »Gleich die nächste Frage, Herr Kommissar, und die Antwort interessiert mich nun wirklich: In welche Richtung, meinen Sie, konnte Pierre mich denn erpressen?«
    »Daß er seinen Job bei der Bank behält«, erwiderte Wiedemann einfach.
    »Den Job war er seit vielen Monaten los«, bellte Udler scharf. »Es ist unmöglich in der Eifel, einen jungen Mann mit der Belastung eines außerehelichen Verhältnisses weiter zu beschäftigen, das funktioniert einfach nicht. Pierre wußte das.«
    »Wenn er es wußte, was wollte er denn unternehmen? Hatte er einen neuen Job?«
    »Das weiß ich aufrichtig nicht.« Udler war jetzt schlecht gelaunt. »Wenn ich Ihre Gedanken nachvollziehe, hat also Pierre das Filmchen bei Natascha aufgetrieben und wollte mich damit erpressen, ihn weiter in der Bank zu beschäftigen. Das ist ein perfekter Holzweg. Pierre brauchte mich nicht zu erpressen, und ich bin nicht erpreßbar. Seien Sie doch nicht so eng, meine Herren. Ich bin ein Mann in den Fünfzigern. Ich bin mit einem lebenden Vaterunser verheiratet, und jeder im Landkreis weiß das. Wenn ich total betrunken gefilmt werde, dann ist das peinlich, aber ich würde kein Zweimarkstück dafür opfern, das zu verhindern. Unter uns kann ich durchaus zugeben, daß Natascha mir großen Spaß gemacht hat. Kein Problem.«
    Sieben bis zwanzig zu null für Udler.
    »Eine andere Frage. Sehen Sie ein irgendwie geartetes Motiv, Pierre Kinn und Heidelinde Kutschera zu töten?«
    »Nein. Es ist mir scheißegal, ob Sie mir das glauben, oder nicht. Ich zerbreche mir den Kopf, weil ich den Jungen aufrichtig gern hatte. Ich finde keinen Grund. Die Leute hätten Schlange gestanden, ihn zu engagieren. Der Grund, weshalb Pierre trotz dieser unseligen Affäre so lustig blieb, ist doch genau in der Tatsache zu suchen, daß er jede Möglichkeit hatte weiterzukommen – in Banken genauso wie in der Privatwirtschaft. Ich kann mir vorstellen, daß Sie sich gedacht haben: Aha, der Kinn hat Udler erpreßt, und der griff mal kurz zur Armbrust. Ich bin um Ihretwillen froh, daß wir uns hier getroffen haben. Schlagen Sie sich das aus dem Kopf, meine Herren.«
    »Tja, das war's«, Wiedemann klang süßlich.
    Udler nickte, stand auf und verbeugte sich leicht. »Ich bin die nächsten Tage in Daun. Ich sage meiner Sekretärin, sie soll Sie sofort durchstellen, wenn Sie anrufen. Ich helfe Ihnen, jederzeit. Meine Herren.« Er senkte das Haupt wie ein kommandierender General, wir waren entlassen. Ausgesprochen beschwingt ging Udler hinaus.
    »Falsche Fährte«, sagte Rodenstock bitter.
    »Er hat einfach zuviel Macht«, meinte ich.
    »Das Filmchen taugt nichts«, knurrte Wiedemann. »Wir haben nicht den Hauch eines Motivs.« Er erklärte, er wolle schnell zu seinen Leuten, um noch einmal den ganzen Fall zu besprechen.
    Ich fuhr mit Rodenstock heim. Er sagte wütend, er wolle schlafen, aber er schlief nicht. Statt dessen zog er eine Bahn Packpapier im Gästezimmer quer über die Wand und schrieb energisch mit einem Filzstift: Motive! darauf. Dann warf er leicht angewidert den Stift auf den Tisch und beschloß: »Ich gehe wirklich schlafen.«
    Dinah Marcus hatte einen Melissentee gekocht und badete ihre verquollene Wange darin. Ich berichtete von Udler, und mein Tonfall muß eindeutig resignativ gewesen sein, denn sie sagte leicht gönnerhaft: »Nur nicht aufgeben, Baumeister, du bist doch gar nicht so schlecht.«
    Ach richtig,

Weitere Kostenlose Bücher