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Eifel-Filz

Eifel-Filz

Titel: Eifel-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Berndorf
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wir duzten uns. »Was hat denn der Kerl in deinem Bett gesagt?«
    »Er schluchzte, ich mache ihn heimatlos.«
    »Und? Ist er verschwunden?«
    »Ja. Wenigstens vorläufig. Ich lasse ein neues Schloß einbauen. Was machst du jetzt?«
    »Das, was ich immer tue, wenn anscheinend nichts weitergeht. Ich frage meine Katzen, ob sie mit mir Spazierengehen. Dann versuche ich nachzudenken.«
    »Hast du ein Kopfschmerzmittel? Scheiße, ich sehe aus wie meine eigene Großmutter.«
    »Im Schreibtisch findest du was. Bis gleich.«
    Natürlich ging ich nicht spazieren. Ich fuhr nach Kelberg zum Kutschera. Ich wollte sehen, wie ein Mann aussieht, der seine Frau an einen anderen verlor und als Tote zurückbekam. Vielleicht konnte ich mit ihm sprechen.
    Ich nahm den Weg über Kerpen, Niederehe und die Nebenstraße nach Brück. Es regnete sanft, die Landschaft ertrank in einem nebligen Naß. Ich versuchte es mit der Rod-Stewart-Aufnahme Unplugged und ersoff in Selbstmitleid, während er Waltzing Mathilda röhrte. Es ist mir unvorstellbar, daß Maria Callas das gleiche erreicht hätte.
    In der scharfen Kehre vor Brück stand ein Rehbock auf der Fahrbahn und rührte sich zunächst nicht von der Stelle. Das ist keinesfalls verwunderlich, denn wenn schon wir Menschen in modernen Zeiten nur noch kopf- und hilflos herumrennen, wie soll es den Tieren des Waldes erst gehen, den wir versauern? Nach einer Weile, nach ausgiebiger Betrachtung meiner brennenden Scheinwerfer, entschloß sich der Bock zu ein paar matten Sätzen in den rettenden Dschungel.
    Kutscheras Werkstatt lag im Hinterhof eines alten Bauernhauses, dicht an der Kreuzung der beiden Bundesstraßen. Es standen eine Menge Bretterstapel herum, aber nichts wies darauf hin, daß hier irgend jemand fröhlich seinem Handwerk nachging. Keine Maschine surrte, keine Lampe brannte, es wirkte trostlos.
    Schließlich fand ich ihn, nachdem ich eine Tür geöffnet hatte. Es war ein großer langgestreckter heller Raum, in dessen Decke Glasscheiben eingelassen waren. Kutschera stand an einer Werkbank und tat nichts. Er stand da und starrte aus dem vollkommen staubbedeckten Fenster.
    »Ich bin Baumeister«, sagte ich vorsichtig.
    »Ich habe damit gerechnet«, nickte er. »Ich habe nicht mal einen Stuhl hier.«
    »Das macht nichts. Darf ich Pfeife rauchen?«
    »Sicher. Haben Sie Tabak dabei? Ich muß hier irgendwo eine alte Pfeife rumliegen haben.«
    Er war ein sehr großer Mann, sicherlich größer als einen Meter achtzig. Er wirkte massiv und stark, hatte kurzgeschorene graue Haare und war der Inbegriff des Handwerkers, der sein Metier versteht und den wir Normalverbraucher als ewige Versicherung gegen alle Tücken des Alltags begreifen. Er hatte Hände wie kleine Bratpfannen, und ich konnte mir nicht vorstellen, daß er damit eine Frau streichelte. Ich reichte ihm meinen Tabakbeutel, und er roch daran.
    »Eigenmischung?«
    »Ja. Wenn ich jetzt unpassend komme, sagen Sie es ruhig. Ich verschwinde dann wieder.«
    »Und Sie kommen wieder«, grinste er matt. »Schon gut, ich weiß ja ungefähr, wer Sie sind. Schreiben Sie drüber?«
    »Ich weiß es noch nicht. Zur Zeit, das kann ich versprechen, gibt es gar nichts zu schreiben. Ich weiß, die Tageszeitungen sind voll davon, aber wenn Sie genau hinsehen, steht eigentlich nichts drin.«
    »Das stimmt«, nickte er. »Es steht wirklich nichts drin. Im Trierer Volksfreund steht allerdings, die Polizei hätte ein paar vielversprechende Hinweise.«
    »Das ist nicht wahr, das ist Kokolores.«
    Kutschera schwang sich schnell und leicht auf die Werkbank, ich hockte mich auf einen Stapel Türen. Er schmauchte vor sich hin und sagte: »Gut, der Tabak. Was wollen Sie wissen?«
    »Ich weiß eigentlich nicht, was ich fragen soll. Ehrlich gestanden bin ich verwirrt. Wir haben komische Dinge entdeckt. Zum Beispiel in Kyllheim den Bau eines Bades, eines Hotels und dreißig Apartments, die von den eigenen Handwerkern gekauft werden mußten. Alle möglichen derartigen Dinge. Aber wir finden kein Motiv für irgendeinen Täter. Der Mord war so verdammt gut ausgedacht und perfekt.«
    »Aber wer kommt so einfach an M 99?« fragte er nachdenklich.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Das weiß doch die ganze Eifel. Die Kripo ist nur deswegen draufgekommen, weil der Pächter der Kasselburg in Pelm die darauf hingewiesen hat. Und der ist ein guter Freund von mir. Die Eifel kennt keine Geheimnisse. Ich weiß auch, daß sie anfangs dachten, ich sei es gewesen.« Er räusperte sich. »Ich

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