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Eifel-Filz

Eifel-Filz

Titel: Eifel-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Berndorf
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richtig gut.«
    Sie stapfte davon, bezahlte und kam zurück. »Ich spendiere dir einen Kaffee von deinem Geld.«
    Es war neblig, der Tag war schon gekommen, hatte sich aber noch nicht durchgesetzt. Die Menschen, die in der Raststätte hockten, wirkten muffig.
    »Wie lange lebst du schon in der Eifel?« fragte ich.
    »Sieben Jahre«, erzählte sie. »Es war ein Versprechen, es war das Versprechen, in einer Gemeinschaft eine andere Sorte Leben aufzubauen. Das ging schief, weil sich die Leute plötzlich daran erinnerten, daß sie nicht anders leben wollten, sondern begüterter. Jetzt prügeln sie sich um die Häuser, in denen das ungemein rührselige weltliche Kloster eingerichtet werden sollte.«
    »Du willst wieder fort?«
    »Nein, will ich nicht. Ich liebe diese Eifel, ich will mich irgendwie festsetzen und einen Platz finden. Deshalb auch der Versuch, journalistisch zu arbeiten.«
    »Und Männer?«
    »Ich habe mir meistens welche ausgesucht, die noch ärmer dran waren als ich. Das muß unbewußt passiert sein, aber es passierte. Sie kamen und gingen, und ich trat auf der Stelle. Was ist mit Frauen?«
    »Das weiß ich nicht genau. Manchmal denke ich: die ist es! Aber dann kriege ich Schiß und kratze die Kurve. Eigentlich geht es mir gut, eigentlich geht es mir schlecht. Ich bin jetzt seit elf Jahren hier.«
    »Dann ist dir der Filz nicht neu.«
    »Nein, sicherlich nicht. Filz kann auch rührend sein. Da hat zum Beispiel eine Gemeinde ein Versammlungshaus gebaut. Als es fertig war, stellten sie fest, daß sie die falsche Heizung eingebaut hatten und es nicht möglich war, in dem Saal Handball zu spielen. Sie hatten überhaupt nicht durchdacht, was in dem Ding eigentlich stattfinden sollte. Sie haben es nur haben wollen. Keiner war schuld, und jeder hielt die Schnauze. Solche Beispiele gibt es auch.«
    »Gibt es auch Beispiele anderer Art wie Kinn und Kutschera?«
    »Na sicher. Haufenweise, aber eben ohne Mord am Schluß. Es gibt viele Männer, die wie Udler dauernd in irgendeinen Puff fahren. Es gibt Paare, die sich offiziell kaum kennen, sich einmal im Jahr auf Sri Lanka treffen oder weiß der Himmel wo. Es ist jedesmal ein Skandal, selbst wenn es nur die Ausmaße einer Seifenblase hat.«
    »Aber du magst die Leute, nicht wahr?«
    »Ja, ich mag sie, weil ich im Grunde genauso bin. Nichts anderes als ein mieser Bürger, der gern über den Nachbarn schwafelt.«
    »Das ist nicht dein Ernst.« Sie lachte.
    »Doch, das ist mein Ernst. Dieses Gerede ist nicht nur gefährlich, es ist auch rührend dämlich. Als ich einmal Monate lang nicht im Haus arbeitete, sondern an einem anderen Platz, regte sich mein Vermieter darüber auf, daß ich nicht mehr arbeitete. Ob ich denn die Miete bezahlen könnte? Das sagte er aber nicht mir, sondern in der Kneipe. So ist das, und daran wird sich nichts ändern. Bist du noch nie das Opfer von Gerüchten gewesen?«
    Sie lachte. »Na sicher. Die Leute sagen von uns, wir seien Kommunisten und rote Socken. Dabei sind wir genau die gleichen Spießer wie sie selbst, nur eben wortreicher und manchmal ein bißchen verlogener. Bei uns leben Sozialhilfeempfänger, die sich ein Haus bauen, und das macht die Leute mißtrauisch.«
    »Wie soll das bei dir weitergehen?« fragte ich.
    »Das weiß ich nicht. Irgend etwas Altes hört auf, irgend etwas Neues fängt an.« Sie errötete leicht. »Ich denke, vielleicht fängt für mich etwas mit dir an.«
    »Wieso mit mir?« fragte ich. Wahrscheinlich ahnte ich, daß sie ein Sturkopf war, und wahrscheinlich fürchtete ich ihren gemeingefährlichen Hang zu direkten Bemerkungen. Ich erwischte mich, wie ich nachdenklich das Salzfäßchen in meinen Kaffee leerte.
    »Das weißt du doch«, entgegnete sie leichthin. »Ich habe mich in dich verliebt. Das ist so, und du kannst es nicht umdrehen.«
    Ich hörte Elvis Presley I am crying in the Chapel heulen und wußte wirklich nichts zu sagen. »Aha«, sagte ich. Und dann: »Ich muß nachdenken, wie ich dazu stehe.«
    »Mußt du nicht«, lächelte sie, und sie hatte so eine widerliche Art, mir direkt in die Augen zu schauen und dabei nicht einmal zu blinzeln. »Nichts ist für die Ewigkeit, Baumeister. Und wahrscheinlich ist es ausreichend, ein- oder zweimal mit dir ins Heu zu steigen. Ich habe meine Lektionen alle gelernt.«
    »Moment mal«, widersprach ich empört. »Wer redet von Heu? Ich will gefragt sein.«
    »Ich habe dich gefragt«, sagte sie und rief: »Zahlen, bitte!«
    Ich kam mir ziemlich ekelhaft vor, und ein

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