Eifel-Filz
in Sachen Pierre Kinn«, sagte ich. »Wir müssen Herrn Dr. Danzer sprechen.«
»Einen Augenblick«, sagte die Frau ohne Betonung. Dann kam ihre Stimme wieder. »Er hat Zeit für Sie. Bitte die Treppe hinauf und erste Tür rechts.«
Der Summer tönte, ansonsten war das Haus entsetzlich still.
»Wir sind in den Hallen der Großfinanz«, flüsterte ich.
Im Treppenhaus lag auf jeder Stufe ein anderer kleiner Teppich, die Bilder an den Wänden waren wohl Originale. Wir klopften und traten ein.
Der Mann hinter dem Schreibtisch sah nicht so aus, als könne er Antonio Danzer heißen, aber er war es.
Er lächelte sehr zurückhaltend – er war der Typ des vierzigjährigen alerten Managers, der gelegentlich der Frau eines Kollegen zuflüstert, er sei mit allen menschlichen Schweinereien dieser Welt bereits konfrontiert worden und wundere sich über nichts mehr. Er trug ein erlesenes Grau über einem blauen Oberhemd mit weißem schmalen Kragen und schwarzer Krawatte mit weißen Elefanten drauf. Damit macht man darauf aufmerksam, daß man den World Wilde Life Fund unterstützt und jüngst mit Prinz Phillipp gefrühstückt hat, als es darum ging, die bengalischen Tiger zu retten. Danzer hatte ein schmales, energisches Gesicht mit zuviel Bräune aus dem Topf, und seine Gesten waren energisch und sparsam.
»Nehmen Sie Platz. Ich habe wenig Zeit. Ich kann Ihnen wahrlich keine Auskunft über irgendeinen Klienten geben. Das ist mir untersagt. Wenn es aber um Herrn Kinn und Frau Kutschera geht, mache ich bis zu einer gewissen Grenze eine Ausnahme.«
»Das ist sehr schön«, erwiderte ich.
Wir setzten uns auf die beiden Stühle, die in Front vor seinem Schreibtisch aufgebaut waren, und ich fragte mich, über wieviel Geld insgesamt in diesem Raum schon verhandelt worden war. Eine völlig idiotische Phantasterei.
»Wissen Sie vom Tod der beiden?«
»Ja, aus der Zeitung selbstverständlich«, nickte er. »Ich habe täglich zwei englische, zwei deutsche, zwei Schweizer und zwei internationale Blätter. Das muß man in meiner Position. Und Ihr Wunsch, bitte?«
»Wir sind in einer Klemme«, sagte Dinah. »Wir ermitteln wegen des Doppelmordes. Da uns einige wichtige Einzelheiten aus dem Leben der beiden Toten nicht bekannt sind, müssen wir Sie befragen. Hatte Pierre Kinn eine Firma bei Ihnen?«
»Nein«, antwortete Danzer. »Um Gottes willen, nein. Ich kenne Herrn Kinn zufällig aus einem gemeinsamen Urlaub. Ich konnte ihm ein paarmal Tips geben. Deshalb trafen wir uns. Das war alles.«
»Hatte Kinn denn vor, zusammen mit Frau Kutschera eine Firma zu betreiben?« fragte ich.
»Davon ist mir nichts bekannt«, lächelte er. »Darüber haben wir nie gesprochen. Wie kommen Sie überhaupt auf mich?«
»Ganz einfach«, sagte Dinah. »Ihr Name stand im Notizbuch von Frau Kutschera.«
»Ach so«, hüstelte er, und es war eindeutig: Wäre Heidelinde Kutschera nicht schon vorher getötet worden, hätte er sie jetzt liebend gern umgebracht. Gute Leute machen niemals Notizen.
»Was ist mit dem Berghof?« fragte ich.
»Das ist ein Tagungshaus von mir«, erklärte er. »Nur ein paar Schritte von hier entfernt. Ich lade Management-Leute zu Seminaren ein. International, wissen Sie?«
»Also, Kinn hatte keine Firma bei Ihnen?«
»Richtig«, nickte er. »Keine Firma bei mir.«
»Es gab auch keine Absprachen, gelegentlich mit Bargeld hier aufzutauchen?« fragte ich. Ich mochte ihn nicht.
Er schloß gelangweilt die Augen, und keiner seiner edlen Züge glitt aus. »Ich bin kein Mensch für das Bare«, sagte er angewidert. »Ordentliche Firmensitze mit ordentlichen Verträgen.«
»Entschuldigung«, meinte ich. »Pierre hatte es mit Geldtransporten. Sagen Sie, kennen Sie einen gewissen Hans-Jakob Udler?«
»Nein. Wer, bitte, soll das sein?«
»Nicht der Rede wert«, sagte Dinah. »Können Sie uns denn aufklären, was Kinn und Kutschera beruflich vorhatten?«
»Nicht im geringsten«, antwortete er und lachte so, als käme ihm die Frage gänzlich naiv vor. »Sehen Sie, verehrte gnädige Frau, ich kannte die beiden nur flüchtig.«
»Das habe ich schon verstanden«, sagte ich. »Aber Sie müssen doch irgendein Thema bei Ihren Gesprächen gehabt haben.«
»Sicher hatten wir das«, bestätigte er.
Schweigen.
»Das war es dann wohl«, durchbrach ich die Stille. »Wir bedanken uns.«
»Es tut mir sehr leid«, meinte er und stand auf. Er war ein großer Mann.
»Mein Gott, ist das ein Arsch!« sagte Dinah verbittert im Wagen. »Und
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