Eifel-Filz
ich irgendwas mit Geheimdiensten am Hut haben?« Ich war belustigt, und ich zeigte es ihm.
»Ts, ts, ts. Das ist doch durchaus ehrenhaft, warum verschweigst du das? Du bist ein Journalist, du machst heikle Themen. Du machst sie mitten in der Eifel, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen, wo kein Schwanz dich liest. Aber du stehst manchmal im Spiegel. Da wird man doch mißtrauisch sein dürfen. Du sagst, du kennst Rodenstock. Warum sagst du Onkel Arnold nicht die Wahrheit, kleines Schweinchen? Er lebt doch gegenwärtig in deinem Haus, du Wichser!« Er war sehr laut geworden und rutschte mit einem einzigen Schritt an mich heran. Blitzschnell schlug er mit beiden Händen zu. Es schmerzte, es nahm mir den Atem, ich wollte schreien, aber es war zu spät. Ich versank in einem grauen Nebel, der die Schmerzen kaum dämpfte. Als ich nach einigen Minuten den Kopf wieder heben konnte, saß Onkel Arnold im milden Schein der Lampe lächelnd in seinem Sessel.
»Sieh mal, wir sind seriöse Liechtensteiner Geschäftsleute, wir gehen mit großem Ernst unserem Beruf nach. Du bist in diesem Spielchen weniger als eine Kellerassel. Ich liebe Kellerasseln, sie sind so grau und platt, und sie kommen überall durch. Siehst du, was ich hier habe? Es ist dein Reisepaß. Baumeister, Siegfried, geboren in Duisburg und so weiter. Sieh mal, wie viel du uns wert bist!« Er blätterte den Paß auf, riß einzelne Seiten heraus und ließ sie auf den Beton flattern. »Du bist eine Assel.«
»Wohl kaum«, nuschelte ich. »Du gibst der Assel verdammt viel Aspirin und verdammt viel Zeit. Arnold, du bist nichts anderes als ein Zwerg. Dein Gesicht sagt, daß du ein Verlierer bist. Es macht dir Spaß, Leute zu quälen, die in einer schwachen Position sind. So einfach ist das.«
Friß das, Zwerg! Ich wollte ihn zornig haben, ich fürchtete seine Schläge nicht mehr, sie waren mir egal. Ich hatte zugleich das dumpfe Gefühl, daß mir all mein Mut nichts nutzte, ja, daß er mich töten würde. Aber auch das war mir gleichgültig.
»Also gut, lieber Onkel Arnold. Was soll ich denn zugeben? Daß ich Geheimagent beim Bundesnachrichtendienst bin? Gut, gebe ich zu. Daß ich vielleicht hin und wieder für den deutschen Verfassungsschutz arbeite? Kein Problem, entspricht ebenfalls der Wahrheit. Vielleicht noch eine Prise CIA? Bitte sehr, kannst du haben, Arnold-Schätzchen. Um das Bild abzurunden und dich richtig froh zu machen, könnten wir uns vielleicht einigen, daß ich hin und wieder auch für den israelischen Mossad gearbeitet habe, ganz zu schweigen vom lieben alten KGB. Magst du es so, Arnold?«
»Ihr rollt Finanzverwicklungen auf«, sagte er seltsam sachlich. Er hatte die Hände über dem dicklichen Bauch gefaltet und wirkte sehr gelassen.
»Na sicher, wir tun von morgens bis abends nichts anderes.«
»Der tote Kinn und die tote Kutschera sind nur Beiwerk«, setzte Arnold seine Feststellungen fort.
»Richtig. Irgendwelche Leutchen gehen immer dabei drauf. Mach nur weiter, Arnold-Schätzchen.«
»Rodenstock ist reaktiviert, wir wissen das. Wiedemann arbeitet ihm zu. Es geht uns darum, daß du uns den Hintergrund skizzierst. Unter Freunden, sozusagen. Warum bist du sofort bei Udler aufgetaucht?«
»Bei Udler?« Was wußten sie eigentlich nicht? »Ich mußte bei Udler auftauchen, weil er der Chef von Kinn war. Aber Udler ist sauber, wie es aussieht. Wir finden kein Motiv, Arnold. Deshalb bin ich hier. Wann wirst du endlich vernünftig, Onkel Arnold? Ich bin ein Journalist, sonst nichts. Der Doppelmord ist Realität. Rodenstock ist ein alter Freund, und er hat absolut nichts mit dem Bundesnachrichtendienst zu tun. Ihr habt eine Paranoia.«
Er lächelte. »Das hier ist ein internes Papier«, sagte er und wedelte mit einem DIN A4-Blatt. »Darf ich vorlesen? Hier heißt es: ›Der gemeinsame Ausschuß des Bundestages schlägt in dieser Sache vor, eine Kommission zur Aufhellung der finanziellen Verflechtungen zu gründen. Dabei ist darauf zu achten, daß die Kommission als Gremium nicht öffentlich bekannt wird und erfahrene Beamte zugezogen werden. Für die Leitung schlagen wir den Kriminaloberrat Rodenstock vor, derzeitiger Wohnsitz Cochem an der Mosel.‹ – Hast du zugehört, Baumeister? Damit du nicht auf den Verdacht kommst, ich hätte geblufft oder irgend etwas getürkt, gebe ich dir das Papierchen.« Er reichte es mir, ich nahm es.
Es war die Kopie eines Originals, und ich hatte nicht eine Sekunde Zweifel daran, daß es echt war.
Warum, um
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