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Eifel-Filz

Eifel-Filz

Titel: Eifel-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Berndorf
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Grundschule eine Sau. Ich meine, mir gegenüber. Er gab mir den Spitznamen Ständer, weil er sagte, mein Buckel wäre ein Kleiderständer. Er war immer schon brutal. Tja, mehr kann ich Ihnen nicht erzählen.«
    »Mehr brauchen wir auch nicht«, meinte Rodenstock. »Wir danken Ihnen sehr. Und natürlich behandeln wir diese Unterhaltung vertraulich.«
    »Da wäre ich Ihnen dankbar«, sagte Sasse leise.
    Im Auto murmelte Rodenstock: »Er ist nicht in den Kreis der Erlauchten aufgenommen worden, weil Udler sein Schulkamerad war und immer schon etwas gegen Krüppel hatte. Jetzt ist eigentlich glasklar, was abgelaufen ist«, fuhr er zufrieden fort. »Mein Lehrling Wiedemann wird sich freuen.«
    »Ich würde dich warnen, von glasklaren Zuständen zu sprechen«, murrte ich. »Scheiße, ich kriege Schmerzen.«
    »Ich habe deine Tabletten dabei«, sagte Dinah.
    Wir fuhren zum terrace, tranken einen Kaffee, und ich nahm eine Schmerztablette der Sorte supermild, die Peuster mir verordnet hatte. Ich hätte statt dessen auch Milchzucker nehmen können.
    »Irgendwie sind wir nun am Ende«, sagte Dinah. »Ist das so? Wenn das so ist, warum fallen wir uns nicht um den Hals und beglückwünschen uns?«
    »Weil wir erschöpft sind«, entgegnete ich. »So ist das immer. Du machst eine Geschichte, die hat irgendwie Erfolg, aber daß sie eigentlich zu Ende ist, willst du nicht wahrhaben. Die Atemlosigkeit war so schön. So ist das immer. Außerdem müssen wir die Geschichte noch schreiben!«
    »Und Danzer kommt«, warnte Rodenstock. »Vorher würde ich niemanden zu verhaften wagen.«
    »Ob Pierre Kinn gewußt hat, auf was er sich einließ?« fragte Dinah.
    »Mit Sicherheit nicht«, sagte ich. »Er war ungeheuer positiv, er war vor lauter Positivismus dämlich. Er war der ahnungslose Yuppie ohne Hirn mit Erfolg. Und er mußte bezahlen.«
    »Und seine Geliebte hat garantiert fest daran geglaubt, mit einem Genie zu schlafen. Dabei war er bloß ein hoffnungsloser Träumer. So sind wir Frauen.« Dinah zuckte leicht zusammen.
    Wir fuhren nach Hause. Rodenstock sagte: »Ich ziehe mich zum Denken zurück«, und verschwand.
    Momo kam, und Paulchen huschte hinter ihm her. Momo beklagte sich über das Elend der Welt, und Paul sah so aus, als wolle er sagen: »Stimmt, Momo hat recht!« Ich gab ihnen also ihren Fraß und sah ihnen zu, wie sie reinhauten.
    »Gehst du mit ins Bett?« fragte Dinah.
    »Ich wollte dich gerade darum bitten«, sagte ich. »Ich wollte dich bitten, mir ein paar Quadratzentimeter Haut zur Verfügung zu stellen und mit mir darüber zu schwatzen, ob wir diese Geschichte vielleicht zusammen schreiben können.«
    »Ist das dein Ernst, Baumeister?«
    »Na, sicher ist das mein Ernst. Ein Mann sollte ein Kind machen, einen Baum pflanzen und eine arbeitslose Soziologin beschäftigen. So stelle ich mir das Leben in Deutschland vor. Was ist? Willst du versuchen, sie zu schreiben?«
    »Ich allein? Kann ich nicht.«
    »Doch, du kannst es. Du riskierst es nur nicht.«
    Das Telefon schrillte, ich nahm ab, es war Charlie. »Hör zu, Baumeister. Ich habe Danzer erreicht, und natürlich ist er morgen abend hier. Er kommt mit seinem eigenen Flugzeug nach Bonn, und ich lasse ihn abholen. Nun habe ich eine Frage: Bist du für Kaviar und Sekt? Oder bist du für Erbseneintopf mit westfälischen Mettwürsten? Klunkerchen kocht.«
    »Kaviar ist mir zu salzig«, meinte ich.
    »Wird Danzer festgenommen?«
    »Nein, glaube ich nicht. Wir werden ihn bitten, für die Staatsanwaltschaft zur Verfügung zu stehen. Bloß keine Formalitäten.«
    »Hat er eigentlich eine faire Chance?«
    »Hat er nicht, Charlie. Das weißt du doch!«
    »Das weiß ich«, seufzte er. »Dabei ist er ein Klassegauner.«
    »Das Gesetz ist grausam, Charlie, es macht keinen Unterschied, und es hat keinen Humor.«
    »Scheißgesetz«, fluchte er und hängte ein.
    »Willst du einen Kaffee und etwas zu essen?« fragte Dinah.
    »Einen Kaffee, aber nichts zu essen«, sagte ich. »Du könntest uns eine Badewanne einlassen.«
    Irgendwie zwängten wir uns in die viel zu kleine Wanne, saßen uns neugierig gegenüber und fragten wortlos den anderen, wer er eigentlich sei und was er eigentlich wolle, wovon er träume und was er erwarte.
    »Ich will nur arbeiten«, sagte sie. »Nur arbeiten und einigermaßen dafür bezahlt werden. Nicht vor jeder Rechnung Angst haben müssen, immer die Miete pünktlich bezahlen und mich spießig aufregen über die, die keine Rechnung bezahlen können. Mehr will ich

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