Eifel-Jagd
Schlafen nicht
mehr zu denken. Zuerst war Emma wach, dann tauchte Jenny total übermüdet auf,
und ich fragte: »Wo warst du denn?«
»In deinem Bett«, sagte sie. Sie sah hübsch aus, sie trug eines
meiner Holzfällerhemden.
»Oben ist Bernard. In meinem Arbeitszimmer.« Ich überlegte, was
geschehen wäre, wenn ich in mein Schlafzimmer gegangen wäre, um dort meine
verdiente Ruhe zu finden. Die Antwort war ziemlich simpel: gar nichts. Sie
hätte wahrscheinlich »Huch« gesagt, und ich hätte eine Entschuldigung
gestammelt.
»Hilft er uns?«
»Ja. Und ich finde ihn klug und gut.«
Emma beschwerte sich, daà sie zu wenig Schönheitsschlaf bekomme
und daà Rodenstock unerträglich nervös sei. Da ich nichts antwortete, maulte
sie: »Ja, ja ich halt schon meinen Mund, ich sag schon nichts mehr.«
»Setz dich und trink einen Kaffee. Der Bernard braucht unsere
Fragen an das Schicksal. Er will um zehn vor acht loslegen, und wenn ich mich
nicht täusche, ist es gleich fünf.«
Ich verschwand in meinem Wohnzimmer und hätte am liebsten die
Tür hinter mir abgeschlossen.
Doch Emma klopfte zaghaft und steckte ihren Kopf durch den
Türspalt. »Hier ist ein Kaffee für dich.«
»Komm nur rein«, sagte ich. Irgendwie war es zum Verzweifeln
und gleichzeitig zum Lachen. Da hast du ein Haus, um nie mehr auf ein Zimmer
verzichten zu müssen, in dem du allein sein kannst. Und dann hast du so
verdammt viele gute Freunde zu Gast, daà du dir vorkommst wie in einer
Studenten-WG.
Emma setzte sich mir gegenüber und sagte: »Ich habe dich
betrogen.«
Sie sprang auf und ging hinaus, erschien nach einer Minute
wieder. Sie hatte sich ihre Zigarillos geholt, die morgens auf nüchternen Magen
in der Regel eine verheerende Wirkung auf meine Darmperistaltik haben.
»Du erinnerst dich, daà ich gesagt habe, die Eltern hätten
geschrien, Dinah habe ihren Sohn verhext. Dieser Sohn ist tot. Er starb gestern
morgen nach einer Komplikation, und weil zu spät eingegriffen wurde,
scheiterten die Versuche, ihm zu helfen. Sie muÃten Dinah unter Medikamente
setzen. Sie hat Glück gehabt, daà sie im Krankenhaus war. Aber jetzt kann sie
natürlich nicht zurück in dieses Elternhaus. Baumeister, es ist so ...«
»Schon gut, schon gut, schon gut, ich habe das verstanden. Sag
ihr einfach, sie kann selbstverständlich zurückkommen, wenn sie will. Wenn sie
nicht will, soll sie sich einfach ein Hotelzimmer nehmen. Ich gebe dir das Geld
dafür. Ach, ScheiÃe, in was sind wir da reingerutscht? Sag ihr einfach, sie
stört hier nicht. Was sage ich? Klar, hier ist ihr Platz. Ist ja scheinbar kein
toller Platz mehr, aber immerhin ist es eine Art Schutz, und ich denke, das ist
doch besser als gar nix, oder, und wenn sie dann ...«
»Baumeister«, unterbrach mich Emma sanft. »Sie muà noch ein
paar Tage im Krankenhaus bleiben, der Arm ist noch nicht okay. Und dann, so
dachte ich, kann sie in unsere Wohnung, wenn ihr das gefällt.«
»Natürlich, natürlich, danke dir. Warum ist dieser Kerl denn
gestorben? WeiÃt du das? Oh, ScheiÃe ... oh Gott, Emma.«
Sie sprang auf und setzte sich neben mich. Sie hielt mich
einfach fest und sagte kein Wort. Sie qualmte dazu ihr holländisches Kraut, das
mich zum Husten brachte.
Rodenstock kam herein, trug ein DIN-A4-Blatt vor sich her und
dozierte: »Also, hört zu. Wir fragen nach den vier Pleiten, wann die waren, wie
die Firmen hieÃen. Vor allem, wer zur damaligen Zeit im Düsseldorfer Finanzamt
für Julius Berner verantwortlich war. Dann sollten wir herausfinden, seit wann
Berner ein CÂ 22-Fall ist. Wir sollten diesen begabten Jungen auch durchaus
auffordern, im Computer des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen herumzukramen,
was der so über diesen dynamischen Industriellen weiÃ.« Rodenstock blickte auf
und war irritiert, als er Emma und mich so sitzen sah.
»Der Freund von Dinah ist gestern gestorben«, erklärte Emma.
»Ich habe das verschwiegen, weil ich ... na ja, ich hatte keinen Mut.«
»Das ist ja furchtbar«, meinte er und setzte sich. Er war
betroffen und plötzlich blaÃ. »Mein Gott, sie hat ja ... sie weià doch gar
nicht, wohin, oder? Baumeister, sie liegt da allein in dem ScheiÃkrankenhaus,
das geht doch nicht. Kannst du sie denn nicht ...«
»Sie könnte auch in unsere
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