Eifel-Jagd
Wohnung«, unterbrach ihn Emma. »Und
Baumeister sagt, sie kann auch hierher zurück. Wir sollten sie vielleicht
selbst entscheiden lassen.«
»Ja, natürlich«, nickte Rodenstock hilflos. »Mein Gott, da
merke ich, wie gern ich sie habe.« Er starrte auf das Blatt Papier in seiner
Hand. »Ich bringe das mal dem Jungen«, sagte er geistesabwesend und ging
hinaus.
»Ich liebe ihn für so etwas«, murmelte Emma. »Und du solltest
dich vielleicht hinlegen, sonst klappst du noch zusammen.«
»Und wo?« fragte ich grinsend, weil sich eine groÃe Ruhe in mir
breit machte.
»Ach so!« Sie kicherte. »Leg dich doch auf Dinahs Sofa in ihrem
Arbeitszimmer. Oder geht das nicht?«
»Doch, doch.«
Ich marschierte also dorthin und atmete ihr diskretes Parfüm.
Es störte mich nicht, es machte mich ruhig, und so etwas wie eine vorsichtige
Gelassenheit stülpte sich wie eine Kaffeemütze über meine Seele. Ich schlief
sehr schnell ein.
Es war hoher Mittag, als ich davon aufwachte, daà Rodenstock im
Treppenhaus herumlärmte und beinahe brüllend der Welt mitteilte: »Junge, du
bist zwar verrückt, aber sehr gut verrückt. Herzlichen Glückwunsch, herzlichen
Glückwunsch!«
»Das war nun aber wirklich nicht schwierig!« betonte Bernard
lässig.
Ich hatte sekundenlang die schöne Vorstellung, ich würde sie
beide die Treppe hinunterschubsen und anschlieÃend den Krankenwagen bestellen.
»LaÃt mich doch schlafen, verdammt noch mal.«
Rodenstock stürmte herein, lieà sich in einem Sessel nieder und
strahlte: »Hör dir das an, hör dir das an!« Er hatte ungefähr sechs Meter
Ausdrucke und wühlte darin herum, als sei das ein erregendes erotisches
Abenteuer. »Julius Berner hat vor zwanzig Jahren zum erstenmal eine Firma in
die Pleite gesteuert. Und zwar mit dem Geld seiner Mutter. Dann hat sie ihm
erneut geholfen, und ein Jahr später gab es die nächste Pleite. Das war 1979.
Mitte des Jahres 1980 meldete eine Baufirma Konkurs an, die zur Hälfte Berners
Vater gehört hatte. Die Mutter war inzwischen verstorben. 1982 ging die nächste
Firma den Bach runter, wieder mit dem Geld seines Vaters. Wir haben die Namen
der Firmen, die Handelsregistereintragungen, die Konkursanträge. Berner
startete erneut im Jahre 1984. Und siehe da, keine Spur mehr von
Schwierigkeiten, statt dessen ein Wahnsinnsaufstieg, keine Managementfehler,
hohe Risikobereitschaft, kombiniert mit geradezu unfaÃlichem Glück. Er kaufte
nach zwei Jahren seine schärfsten Konkurrenten aus dem Markt. Das war 1986 und
â87. Der zuständige Mann beim Finanzamt, der alle diese Pleiten erlebt hat,
heiÃt Martin Kleve, der ...«
»Moment mal, der Mann im Landeskriminalamt, der für
Organisierte Kriminalität und Wirtschaftsverbrechen zuständig ist, heiÃt Martin
Kleve.«
»Es ist derselbe Mann«, nickte Rodenstock. »Hier ist sein Foto
â ebenfalls aus dem Rechner des Landeskriminalamtes. Schon praktisch, was da
alles archiviert wird. Julius Berner ist seit 1984 ein CÂ 22-Fall, seit dem
Zeitpunkt, als Julius Berner keine Fehler mehr machte, keine Firmen mehr
ruinierte. Und zum gleichen Zeitraum lieà Martin Kleve sich in das
Landeskriminalamt versetzen und wurde dort mit offenen Armen empfangen. Endlich
ein hochqualifizierter Profi, sagten sie alle. Bernard hat Meldungen aus Tageszeitungen
gefunden, in denen dieser Kleve wie Jesus Christus persönlich gefeiert wird.
Was sagst du?«
»Ich würde jetzt gerne Cherie fragen, was sie davon wuÃte und
von wem. Und wenn das so ist, daà sie etwas wuÃte, das ihren Tod bedeutete,
warum dann Mathilde Vogt? Und warum Narben-Otto? Ich will nicht unken,
Rodenstock, aber wir sind gar nicht weit gekommen. Warum soll ein junger
Unternehmer in seiner Lernphase nicht scheitern? Und daà sich ein
hochqualifizierter Finanzbeamter spezialisiert und ins Landeskriminalamt wechselt,
dürfte auch kein Weltwunder sein. Der C 22-Fall? Zugegeben, das ist
komisch. Aber ein Motiv für gleich drei Morde? Mir wäre es ehrlich gestanden
lieber, wir würden in dem ganzen Chaos einen von Gott gesandten übereifrigen
Moralapostel entdecken, der nach der Ãberzeugung gehandelt hat: Die sind
schlecht, die verkörpern das Böse, die müssen weg! Und was treibt den Fahnder
Andreas Ballmann in die Eifelwälder? Dafür haben wir bisher
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