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Eifel-Jagd

Eifel-Jagd

Titel: Eifel-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Kopf. »Ich wüßte gern, was die sich dabei
gedacht haben.« Dann setzte er die Frage hinzu: »Was ist denn das nun für ein
Kerl?«

    Â»Das ist immer noch nicht klar«, log ich. »Na ja, aber wir
werden es noch erfahren. Wenn Sie Anzeige erstattet hätten, könnte man ihn
verhaften.«

    Â»Das will ich nicht«, erwiderte der Wildhüter. »Irgendwie finde
ich den Mann gut. Und letztlich hat er richtig gehandelt. – Ach, es wird doch
immer soviel über Wildschäden gesprochen. Haben Sie Lust, mal richtige
Wildschäden zu sehen?«

    Â»Oh ja«, sagte ich und meinte das so.

    Â»Dann müssen wir den Hang durch die Buchen hochgehen. Oben ist
ein großer Fichtenbestand mit fast 80 Prozent kaputten Bäumen. Und bei drei
Prozent gehen schon die Warnlichter an. Kommen Sie.«

    Â»Waldschäden bedeuten, es gibt viel zu viel Wild?«

    Â»Richtig. Zuviel Rotwild, zuviel Rehwild. Das ist hier so kraß,
daß die Tiere schon die an der Oberfläche verlaufenden dicken Wurzeln der
Fichten abschälen.«

    Â»Das ausgerechnet von Ihnen zu hören, wundert mich aber.
Jagdpächter wollen doch immer mehr Wild, um anzugeben und ihren Gästen etwas zu
bieten.«

    Â»Nicht Berner und ich«, sagte er schnell. »Das ist nicht unsere
Politik. Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.« Er stieg aus, ich legte die Pfeife in
den Aschenbecher und folgte ihm.

    Wir gingen gemütlich den Hang zwischen den Buchen hoch bis zu
einem breiten Waldweg, auf dessen anderer Seite der Fichtenbestand war.

    Â»Sie werden keinen gesunden Baum mehr finden«, erklärte er.
»Sie sind alle geschält. An den Schälstellen fließt Harz aus, und durch die
Schälstellen kriecht Fäulnis in den Stamm. Normalerweise bringt so ein Stamm
durch den schnurgeraden Wuchs auf den ersten sechs Metern etwa
dreihundertfünfzig Mark, geschält bringt er kaum noch einhundertzwanzig. Das
Holz taugt nur noch für die Spanplatte, wie wir sagen. Ein Wald soll ja auch
Gewinn bringen, doch hier ist der Gewinn gleich null. Im Gegenteil, das ergibt
Miese. Diese Waldschäden werden dem Jagdpächter gemeldet, und der muß sie
bezahlen. Kurioserweise bezahlt er aber nicht den tatsächlichen Gegenwert. Die
Staatlichen Forstämter müssen Neuanpflanzungen anordnen und sofort einzäunen.
Nicht eingezäunte, frisch gepflanzte Bäume werden geschält. Also bezahlt im
Grunde der Steuerzahler den Spaß des Jagdpächters: Zuviel Wild, und der Wald
als reine Kulisse für die Ballerei. Und jetzt zeige ich Ihnen, was Sie selten sehen
können.«

    Er stieg durch die Fichten den Berg weiter hinauf. Wir erreichten
eine sehr große Lichtung, auf der merkwürdig kleine, pilzförmige Bäume von
vielleicht einem bis anderthalb Metern Höhe standen.

    Â»Sie werden es nicht glauben, aber das sind Buchen, die durch
fortwährende Äsung durch das Wild auf dieser Höhe gehalten werden. Es sieht aus
wie eine malerisch angelegte Anpflanzung von Bonsais. Und nun raten Sie mal,
wie alt diese Buchen sind?«

    Â»Weiß nicht. Fünf Jahre?«

    Â»Sie sind dreißig Jahre alt. Sehen Sie da drüben die Abschußrampe?
Buchen sind beliebt bei Rotwild und bei Rehen. Die Jäger auf dem Hochsitz
brauchen nur zu warten und können die Tiere wie auf dem Tablett abschießen. Das
hier ist ein trauriger Ort.«

    Â»Ist eigentlich kontrollierbar, wer was schießt?«

    Â»Nicht die Spur«, erklärte er. »Die Statistiken der Unteren
Jagdbehörde sind ein Witz. Die Jagdpächter reden die Stückzahl an Wild
herunter, die Förster, darauf bedacht, die Schäden auszugleichen, rechnen sie
hoch. Die Untere Jagdbehörde macht einmal im Jahr eine Wildzählung. Daß die
nicht stimmt, weiß jeder, aber der Blödsinn wird jedes Jahr wiederholt. Dabei
kann man Wild nicht zählen. Wild wandert permanent, vor allem, wenn es viel zu
viel gibt.« Hommes marschierte rasch und raumgreifend vor mir her, während er
unaufhörlich Försterwissen von sich gab, von dem ich nicht genau wußte, ob ich
es in dieser Situation hören wollte oder nicht.

    Â»Sie haben gefragt, ob kontrollierbar ist, wer was schießt. Ist
es nicht. Wenn ein stattlicher Hirsch zwischen diese Buchen tritt, dann dürfte
er geschossen werden, ganz gleich, wie alt er ist. Die Trophäe reizt. Diese Hirsche
nennen wir Kofferraumwild. Früher war es einfach

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