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Eifel-Kreuz

Eifel-Kreuz

Titel: Eifel-Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Verfügung.«
    Â»Das ist ein Aspekt, den ich bisher nicht bedacht habe«,
sagte ich. »Vielen Dank, liebe Tante Anni.«
    Â»Hilft aber nix, Sven sind sie trotzdem los, wenn auch auf
andere Weise. Und seine Freunde bleiben in einer Eifel ohne Sven zurück. Das
klingt pathetisch, aber so ist es ja.«
    Â»Ich muss mal schnell telefonieren«, sagte ich. »Entschuldigt,
bitte.« Ich ging in den Vorraum, der zum Saal führte und in dem Markus seine
exquisiten Weine ausstellte. Ich wählte mich durch Kischkewitz’
Nummernsammelsurium.
    Ehe er etwas Muffiges von sich geben konnte, sagte ich
hastig: »Nur ganz kurz. Konntet ihr inzwischen mit Wanda reden? Und darf ich
mit diesem Beamten sprechen?«
    Â»Kein Beamter, eine Frau«, antwortete er. »Tilla Menzel.
Sie sitzt gerade zu Hause und schreibt den Bericht. Ich kann dich mit ihr
zusammenbringen, aber sie entscheidet allein, ob sie mit dir sprechen will.«
    Â»Das ist in Ordnung«, sagte ich.
    Â»Sie wird dich anrufen«, sagte er. »Aber verwende nichts
von dem, was sie erzählt, ohne das mit uns abzusprechen. Das ist ein sehr
heikles Kapitel. Erpressung, Prostitution, Menschenraub, Menschenhandel.«
    Â»Ich danke dir«, sagte ich, aber er hatte schon wieder aufgelegt.
    Eine halbe Stunde später fuhren wir nach Hause und ich
setzte Tante Anni vor ihrer Wohnung ab.
    Â»Ich bin müde«, sagte Maria, als wir auf meinem Hof
standen.
    Â»Es gibt Betten« versicherte ich.
    Aber Leute, die frisch verliebt sind, sind unberechenbar.
Wir landeten zwar in meinem Bett, aber von erholsamem Schlaf war lange keine
Rede.
    Â»Ich möchte dich streicheln«, sagte ich.
    Â»Dann mach das doch«, sagte sie.
    Irgendwann schliefen wir – bis das Telefon klingelte und
nicht aufhören wollte. Fluchend brachte ich mich zu Bewusstsein und erklärte
anklagend: »Es ist noch mitten in der Nacht, oder?«
    Â»Ist es nicht«, erwiderte eine Frau. »Wenn Sie wollen,
kommen Sie her. Sie müssen nach Birresborn und da in die Kärrnergasse 7. Mein
Name ist Tilla Menzel und übrigens, es ist sieben Uhr.«
    Â»Wusst ich’s doch, dass es mitten in der Nacht ist«, murmelte
ich. »Vielen Dank. Ist es recht, wenn ich so in einer Stunde aufschlage?«
    Â»Tee oder Kaffee?«
    Â»Kaffee«, bat ich.
    Ich gab den Tieren etwas zu fressen und entschied mich
für eine eiskalte Dusche. Das passiert selten, ich bin ein eingefleischter
Lauwarmduscher, aber ich wollte richtig wach werden, mich dem Leben stellen.
    Dann betrachtete ich zwei Minuten lang in völliger Stille
meine schlafende Gefährtin und schrieb auf einen Zettel: Bin unterwegs, ruf mich an. Ja, und ich liebe dich! Es ist schon
erstaunlich, was Liebe aus einem vernunftbegabten Wesen macht.
    Wenig später saß ich im Wagen und steuerte Birresborn im
Kylltal an. In der Eifel passiert es schnell, eine Gemeinde mit einer
Geschichte zu verbinden, einem Ereignis, irgendetwas Besonderem.
    Birresborn war für mich gleichzusetzen mit Adnan Jamal.
Ich hatte ihn selbst nie erlebt, ich kannte nur seine Schwester Rima gut. Die
beiden stammten aus dem Libanon. Adnan hatte sich in Deutschland immer sehr
schwergetan, war gelegentlich vom geraden Weg abgewichen, hatte immer mal
wieder die Launen eines Machos aus Beirut ausgespielt. War trotzdem alles in
allem ein liebenswerter Kerl gewesen, der sich mühte, die Menschheit gern zu
haben. Dann passierte diese unselige Geschichte auf dem Bitburger Flughafen,
dem ehemaligen Reich der amerikanischen Luftwaffe. Ein griechisches
Rüstungsunternehmen hatte dort ein Areal gemietet, um irgendwelche kleinen
Sprengkörper zu bauen, die dahinbrausende Jets ausstreuen konnten, um sie verfolgende
Raketen abzulenken. Eines Mittags nun saß dort Adnan mit seinem Kumpel. Und
neben ihnen – vielleicht auch vor oder hinter ihnen – lagen schutzlos zwei
Kilogramm Magnesium in der prallen Sonne. Was auch immer die Jungs sich dabei
dachten, was auch immer sie über Magnesium wussten, dass Zeug entzündete sich
und es gab eine massive Verpuffung. Die beiden, knapp über zwanzig Jahre alt,
waren in Sekundenschnelle lebende Fackeln. Sie taumelten umher, schrien und
konnten sich nicht helfen. Als Adnan dann mit dem Hubschrauber in das
Bundeswehrkrankenhaus nach Koblenz geflogen wurde, war seine Körperoberfläche
zu mehr als siebzig Prozent verbrannt. Er hatte keine Chance, er starb nach
wenigen

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