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Eifel-Kreuz

Eifel-Kreuz

Titel: Eifel-Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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sein.«
    Â»Und wie lautet die Adresse?«
    Â»Fahr nach Staakow, ein Nest an der B320. Der Mann heißt
Dietrich Heimwart und ist heute am Sonntag hoffentlich zu Hause.«
    Um Punkt vierzehn Uhr standen wir vor dem Haus und alles
war aus Plastik: die Fenster, die Türen. Im Vorgarten hielt ein alter
Reichsadler Wacht. Ein Meter Plastik. Gartenzwerge, etwa ein Dutzend – Plastik.
An der Hauswand ein Rehkitz mit Mutter, Plastik. Auf einem Rasenstreifen eine
Bank, Plastik.
    Â»Lieber Gott!«, betete Rodenstock fromm.
    Von dem Mann, der uns öffnete, erschien als Erstes ein
gewaltiger Bauch, über dem das blaue, billige Hemd aufklaffte. Er trug Jeans.
Das Gesicht war krebsrot, die Augen von einem strahlenden Blau. Der Schnauzbart
hatte das Format eines Dickichts. Der Mann war vielleicht fünfzig Jahre alt und
wusste mit uns nicht das Geringste anzufangen.
    Â»Was wollt ihr, Leute?«, fragte er.
    Â»Grüße ausrichten, von Oberrat Kischkewitz«, erklärte
Rodenstock. »Und um Amtshilfe bitten. Es geht um diesen Raser, um diesen roten
Porsche, den ihr mit zweihundertzwanzig Sachen fotografiert habt.«
    Â»Ach so, das«, sagte er. »Deswegen kommt ihr extra her?«
    Â»Extra«, nickte ich.
    Â»Na ja, ihr müsst das wissen. Viel kann ich nicht sagen.
Kommt rein.« Er drehte sich um und ging vor uns her in einen beinahe lichtlosen
Raum mit betörenden innenarchitektonischen Glanzlichtern. Heimwart ließ sich in
einen Sessel fallen und deutete mit der rechten Hand auf ein Sofa. Es war
riesig und mit einem Samt von einem dunklen, leuchtenden Rot bespannt. Der
ganze Raum war mit Holz vertäfelt, kackbraun und dunkel wie unter Tage. Und
überall Nippes. Eine ganze Bildserie von immer demselben dunkelhaarigen
Mädchen, unter dessen Wimpern eine Träne quoll – in Grün, in Rot, in Blau, in
Gelb. Jede Menge Reiher, in Holz, in Stein, in Glas. Ein gewaltiger Ölschinken,
auf dem ein Auerhahn balzte. Und die Fotografie eines aufgerichteten Grizzlys
von gut zwei Metern. Wahrscheinlich lebte das Tier im Oderbruch und riss
wöchentlich sechs bis acht Schafe.
    Â»Reizend hast du es hier«, murmelte Rodenstock.
    Â»Das ist meine Frau, die mag das so. Ich selbst sitze
lieber im Garten hinterm Haus und grille. Wollt ihr ein Bier?«
    Â»Ja, gern. Mein Kumpel hier, der Siggi, trinkt aber nur
Wasser.«
    Heimwart musterte mich, als hätte Rodenstock einen
Charaktermangel festgestellt, stand dann auf und wankte durch die Tür davon. Er
kehrte mit einem Kasten Bier in der Hand zurück, den er der Einfachheit halber
neben seinem Sessel deponierte. Ich bekam eine Flasche Wasser. Und sogar ein
Glas.
    Â»Ja, wir haben diesen Porsche mit hoher Geschwindigkeit
geblitzt. Wie viel genau er über zweihundert lag, wissen wir gar nicht, weil
das Gerät bei zweihundert Schluss macht.«
    Â»Und wer ist auf dem Foto zu sehen?«, fragte Rodenstock
und nuckelte an seiner Bierflasche.
    Â»Eine Frau am Steuer«, antwortete er, »und ein Mann
daneben, aber der ist nicht deutlich zu erkennen.« Er grinste. »Normalerweise
heißt es ja immer, Autos dieser Art seien auf dem Weg nach Polen, aber der war
in entgegengesetzter Richtung unterwegs.«
    Â»Woher wisst ihr das?«
    Heimwart nahm einen Schluck aus der Flasche und wir
mussten uns ein wenig gedulden.
    Â»Der Zoll überwacht den Grenzübergang in Guben mit
Kameras. Wir haben die Filmaufnahmen gesehen.«
    Â»War der Wagen allein unterwegs oder fuhr er mit jemandem
Kolonne? Ist das zu erkennen?«
    Â»Meiner Erinnerung nach gab es kein Begleitfahrzeug. Tja,
die Frau wird nicht mehr viel Spaß an dem Auto haben. Der Führerschein ist erst
mal weg.«
    Â»Wenn die Halterin des Wagens mit der Fahrerin identisch
ist, ist die Frau erschossen worden«, stellte Rodenstock fest.
    Â»O je«, sagte Heimwart, aber auf großes Interesse stieß
die Nachricht offensichtlich nicht.
    Â»Und den Mann neben ihr kann man gar nicht erkennen oder
nur schemenhaft?«, bohrte Rodenstock weiter.
    Â»Schemenhaft. Ich verstehe immer noch nicht, was ihr hier
wollt.«
    Â»Ein Mann, wahrscheinlich dieser Mann, wurde ermordet.
Genauer gesagt: erst erschossen und dann gekreuzigt.«
    Â»Sieh mal einer an«, sagte Heimwart in stiller
Heiterkeit. »Was es nicht alles gibt, sieh an. Ja, davon habe ich gelesen.«
    Â»Wir sind hier, Kollege, damit wir auf dem kleinen Dienstweg
von dir die Fotos der

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