Eifel-Kreuz
qualmten und die
Pfeife in Brand gesteckt war.
»Sagen wir so«, erklärte Sikorski. »Ich habe nicht
gewusst, dass sie eine Verbindung in die Eifel hatte. Wahrscheinlich habe ich
mich anfangs so ausgedrückt, als sei das absolut auszuschlieÃen. Das ist nicht
mehr so. Sie ist in der Eifel erschossen worden. Und diese Fotos lassen darauf
schlieÃen, dass sie dort einen Freund hatte. Dieses andere Opfer.«
»Der Vater des Gekreuzigten hat mich heute rausgeschmissen,
als ich die Frage stellte, ob er etwas über das Leben seines Sohnes wüsste.
Damit klar ist, woran wir sind, frage ich Sie jetzt trotzdem auch: Was wissen
Sie von Gabrieles Leben?«
»Ich werfe Sie nicht raus«, erwiderte er. »Ich denke, das
brutale ErschieÃen der beiden zeigt deutlich, dass der oder die Mörder mit der
Sachlichkeit von Henkern zu Werke gingen. Aus irgendeinem Grund waren sie
jemandem im Weg.«
»Wie hat Ihre Tochter gelebt?«, hakte Rodenstock nach.
»Frei und ungebunden«, antwortete er. »Sie hatte eine
Wohnung in der WeberstraÃe in Bonn, doch oft übernachtete sie noch bei mir. Sie
müssen wissen, dass meine Frau vor drei Jahren an Krebs gestorben ist, ich war
mit Gabriele allein. Ich habe meine Tochter in Ruhe gelassen, aber sie erzählte
mir freiwillig, was ihr passierte. Wenn ein Mann auftauchte, der ihr sehr
gefiel, zum Beispiel. Von diesem jungen Mann in der Eifel hat sie allerdings
nichts erzählt. Aber vielleicht wäre das ja noch gekommen.«
»Wie war ihre finanzielle Situation?«, fragte Rodenstock.
»Ich habe ihr ein Konto bei der Kölner Sparkasse eingerichtet.
Wenn es leer war, hatte die Sparkasse Weisung, Geld von meinem Konto
einzuziehen. Geldsorgen hatte Gabriele also nie. Es ist vorgekommen, dass ihr
Konto zweimal in einer Woche leer geräumt war. Aber in der Regel gab es dafür
gute Gründe. Sie war zum Beispiel maÃgeblich daran beteiligt, dass im Kosovo
ein ganzes Dorf wieder aufgebaut werden konnte. Ich hatte niemals den Gedanken,
dass sie mich ausnutzt oder dass sie ausgenutzt wird.«
»Gibt es eine beste Freundin oder einen Freund, dem sie
sich anvertraute?«, fragte ich.
»Klar. Ein netter schwuler Kerl in ihrer Nachbarschaft.
Der stellte ihr Blumen hin, griff auch schon mal zum Staubsauger, zankte sich
mit dem Hausmeister, wenn es nötig war.«
»Können wir mit ihm reden? Wie kommen wir an den ran?«,
fragte Rodenstock schnell.
»Kein Problem.« Er stand auf und drückte einen Knopf an
seinem Telefon: »Henriette, wir brauchen den Herbert Bergmann, den Freund
meiner Tochter. Er soll sich ins Auto setzen und herkommen. So schnell wie
möglich.«
»Alles klar«, sagte eine weibliche Stimme.
»Und bringen Sie bitte eine Kleinigkeit zu essen. Melonen
mit Schinken.« Sikorski setzte sich wieder. »Glauben Sie, dass dieser Herr
Kischkewitz den oder die Mörder zu fassen kriegt?«
»Ja«, nickte Rodenstock. »Er kriegt sie immer.«
»Und Sie? Sie arbeiten parallel?«
»So kann man sagen«, bestätigte ich. »Wir haben einen
anderen Ansatz, ich bin Journalist. Aber wir geben alle Informationen an ihn
weiter.«
Eine Weile herrschte Schweigen.
»Was stellen Sie sich vor, was ist passiert?«, fragte Rodenstock.
Sikorski sah uns nacheinander an. »Da geht mir die Fantasie
durch, und das ist gar nicht gut. Ich stelle mir vor, die beiden haben sich
kennengelernt und sind in ein Abenteuer gestolpert, das sie nicht überschauen
konnten. Es muss Leute geben, die meinten, die beiden wüssten etwas, was sie
nicht wissen durften. Ich weiÃ, dass das hilflos klingt und der Wirklichkeit
vielleicht nicht entspricht. Aber eine andere Idee habe ich nicht. Herr
Kischkewitz hat mir gesagt, dass die Schüsse, die die beiden töteten, aus
ungefähr sechzig Zentimetern Entfernung abgefeuert wurden. Das ist eine
Hinrichtung, das machen doch nur Profis.«
»Was glauben Sie, konnte Ihre Tochter Gefahren erkennen
und abschätzen?«
»Doch, ja. Sie hat sich ja in Hilfsprojekten engagiert,
war in Krisengebieten unterwegs. Und sie war kein Bruder LeichtfuÃ, wie wir
früher sagten.«
»Wissen Sie etwas über ihr Sexualleben?«, fragte ich.
»In diesem Punkt sind wir behutsam miteinander umgegangen.
Sie redete mir nicht rein, ich redete ihr nicht rein. Sie war eine normale
junge Frau von heute. Aber selbst in diesem Punkt bin ich unsicher
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