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Eifel-Kreuz

Eifel-Kreuz

Titel: Eifel-Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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geworden,
denn was weiß man wirklich?«
    Die Tür ging auf, eine der Grazien schwebte lächelnd herein
und brachte ein Riesentablett mit Melonenscheiben und Schinken.
    Â»Einfach hierher, wir essen das von der Hand. Danke dir.«
    Â»Ich vermute, Sie sind schon Teil der Globalisierung?«,
fragte Rodenstock.
    Â»Allerdings. Wir liefern nach Indien und jetzt auch nach
China und Korea. Die Märkte weiten sich aus, aber man muss sich hüten, verrückt
zu spielen. Das tun leider sehr viele. Unbedachte Gründungen im Ausland. Die
Banken singen schon schmutzige Lieder.«
    Â»Wie kommt es eigentlich, dass sich Gabriele für geisteswissenschaftliche
Fächer eingeschrieben hatte? Interessierte sie sich nicht für Ihr Unternehmen
oder war es Ihr Wille, dass sie etwas gänzlich anderes machte?«

    Rodenstock hätte das besser nicht gefragt. Sikorski erhob
sich abrupt und wanderte zu der Fensterwand hinüber. Er hielt beide Hände im
Rücken, ineinander verknotet, die Knöchel waren vor Anstrengung ganz weiß. Er
stand still, leicht vornübergebeugt und dann begannen seine Schultern zu beben.
    Endlich sagte er: »Nie hat mich die Hoffnung verlassen,
dass Gabriele diesen Laden eines Tages übernehmen würde. Ist doch scheißegal,
was einer studiert. Ich habe das alles eigentlich nur für mein Kind auf die
Beine gestellt, habe mir immer vorgestellt, sie kriegt mal einen netten Kerl ab
und Kinder und sie führt den Betrieb weiter. Ich hatte so ein schönes Geschäft
und jetzt ist alles im Arsch.« Er drehte sich zu uns herum und fuchtelte mit
den Händen: »Nehmen Sie doch, essen Sie.«
    Also griffen wir zu und aßen, aber es war eine müde Veranstaltung
und sie quälte sich mühsam vorwärts, bis Herbert Bergmann endlich eintraf:
groß, hager und um die dreißig.
    Vollkommen unbefangen ging er auf Sikorski zu, umarmte
ihn und sagte: »Mann, tut mir das leid. Ich weiß gar nicht, wohin mit meiner
Traurigkeit.«
    Dann ließ er sich in einen Sessel fallen und heulte.
Dabei verlief die Mascara an seinen Augen und zog schmutzige Bahnen über seine
Wangen.
    Wir stellten uns und unser Anliegen vor, dann erkundigte
sich Rodenstock: »Hat die Mordkommission Sie eigentlich schon verhört?«
    Â»Wir haben miteinander telefoniert und sie haben mir gesagt,
ich würde noch zu einem ausführlichen Gespräch ins Bonner Präsidium
vorgeladen.« Er tupfte sich die Tränen aus dem Gesicht und sagte mehrmals
heftig: »Scheiße, Scheiße, Scheiße.«
    Â»Kein Problem, Herbert«, sagte ich. »Was wissen Sie von
Gabrieles letzten Tagen?«
    Â»Nicht viel«, antwortete er. »Ich weiß nur, dass ein
neuer Kerl da war und dass sie happy war, irrsinnig happy.«
    Â»Wie hieß der?«, fasste ich nach.
    Â»Na ja, Sven, wie sonst?« Herbert beugte sich vor. »Ich
habe den ganzen Tag noch nichts gegessen. Darf ich mal?« Ungeniert griff er auf
die Platte und nahm sich ein Stück Melone und einen beachtlichen Haufen
Schinken. Er hielt das Arrangement mit links in einer ungemein künstlerischen
Anordnung der Finger, stopfte es sich gierig ins Maul und sprach gleichzeitig.
Faszinierend.
    Â»Das war der Junge, der gekreuzigt worden ist. Der hieß
Sven. Gabrielchen schwebte im siebten Himmel und betüterte ihn, als wäre er
chinesisches Porzellan aus der Ming-Zeit. ›Gott-ach-Gott‹, sagte ich, ›dich hat
es aber erwischt.‹ Daraufhin strahlte und flüsterte sie: ›Der ist perfekt.‹«
    Â»Moment, Moment«, sagte ich schnell. »Wir peilen gerade
zurück. Wann genau, bitte, war denn das?«
    Â»Du peilst zurück? Was soll denn das, Schätzchen?« Er
griff erneut zum Schinken, er wirkte gelassen, aber ich hatte den Eindruck,
dass er etwas verschweigen wollte.
    Â»Wir versuchen, Tage zu rekonstruieren«, erklärte Rodenstock.
»Nach derzeitigem Wissensstand verschwand Gabriele am Freitag vor einer Woche.
Ist das richtig?«
    Sikorski nickte. »Exakt. Als sie sich bis Montag nicht gemeldet
hatte, rief ich die Polizei an. Was war an diesem Freitag, Herbert? Wir müssen
das wissen. Was ist da passiert?«
    Â»Nichts, nichts Besonderes. Dieser Knabe kam schon am
Morgen. Fiel quasi bei ihr ein. Sie sagte mir, ich solle Champagner besorgen
und niemandem sagen, wo sie seien, machte die Tür zu und drehte aller
Kommunikation den Hals ab.«
    Â»Das hast du

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