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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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fürsorglicher Baumeister alles für mich armen Beamten fotografiert hat.«
    »Es wäre mir lieber, der Staat würde mich bezahlen«, bemerkte ich.
    »Ich bin nicht der Staat«, stellte er fest. »Also, her mit deiner Nikon.«
    »Ich rufe Tessa an«, murmelte Rodenstock. »Sie sollte zumindest wissen, was hier los war.«
    Holger Patt ging mit meiner Nikon in die Hocke und sah sich die Bilder an. Dazu erzählte er sich selbst die Geschichte. »Also, hier haben wir das Opfer. Liegt auf dem Rücken, den Kopf nach Südost, würde ich mal sagen. Lag er so? Auf dem Rücken?«
    »Nein, er fiel zunächst auf das Gesicht«, sagte ich. »Die Leute drehten ihn anschließend um.«
    »Richtig«, nickte er. »Er kam also diesen Weg vom Wald da oben herunter. Er wird in die rechte Schulter getroffen. Richtig? Natürlich richtig. Er bekommt einen schweren Schlag, der ihn schräg nach vorne und nach links treibt. Richtig? Richtig! Wie groß ist er ungefähr, dieser Jäger? Eins fünfundsiebzig? Fünfundsiebzig bis achtzig Kilo? Kein Wort, unterbrich mich nicht. Niemand hat einen Schützen gesehen. Richtig? Richtig. Er stürzt also nach links vorn und fällt auf das Gesicht. Hat jemand erwähnt, dass der Schuss einen Hall hatte, dass also der Schuss im Gelände dieses kleinen Tals nachhallte? Ein Hall wäre verdammt wichtig.«
    »Patt, du machst mich wahnsinnig. Was soll dieses Solo?«, fragte ich.
    »Ich rede nicht mit dir, ich spreche niemals mit Hobbykriminalisten«, sagte er verächtlich.
    »Aber ich weiß, was du denkst«, grinste Rodenstock.
    »Das weißt du nicht, alter Mann!«, erwiderte er hoheitsvoll.
    »Doch, doch«, widersprach Rodenstock.
    »Also gut, wetten wir? Eine erstklassige Flasche Riesling?«
    »Einverstanden«, nickte Rodenstock. »Du denkst an ein Geschoss über große Distanz und mit Hochgeschwindigkeit.«
    »Scheiße!«, kommentierte Holger Patt mürrisch. Dann wandte er sich an mich und fragte: »Baumeister, wie kannst du nur mit diesem mistigen Kerl zusammenarbeiten?«
    »Ich will bei den Siegern sein«, erwiderte ich. »Aber könntet ihr zwei Idioten mir mitteilen, von was ihr überhaupt redet?«
    »Es war ein Sniper«, erklärte Rodenstock, »ein Heckenschütze. Er benutzte eine Langwaffe mit einem Zielfernrohr. Und er benutzte Munition, die man Hochgeschwindigkeitsmunition nennt …«
    »Sie hat bei Verlassen des Laufs eine Geschwindigkeit von mehr als tausend Metern pro Sekunde«, murmelte Patt.
    »Deshalb hatte das bedauernswerte Opfer so gewaltige Blutergüsse rings um das Einschussloch. Die Kugel trifft mit einer solchen Gewalt und Geschwindigkeit auf den Körper, dass die Gewebezellen nicht ausweichen können, sie reißen also auf. Das Resultat sind enorme Blutungen unter der Haut.«
    »Und wo stand der Schütze?«, fragte ich.
    »Wahrscheinlich da drüben, jenseits der Wiese«, sagte Holger Patt. »Da verläuft ein Weg unterhalb der Bäume, wie du leicht erkennen kannst. Die Entfernung liegt bei ungefähr zweihundertfünfzig bis dreihundert Metern.«
    »Entweder wollte der Schütze das nur einmal ausprobieren, oder aber wir stehen am Beginn einer Serie«, murmelte Rodenstock. »Dann wäre dieser Jäger hier nichts anderes als die Nummer eins.«
    »Der Schütze wollte also töten?«, fragte ich.
    »Ja, das denke ich schon«, bestätigte Holger Patt sehr leise mit sorgenvollem Gesicht. »Er übt noch.« Und weil er seiner sachlichen, unterkühlten Aussage offenbar etwas entgegenstellen wollte, lieferte er einen echten Patt: »Ich glaube allerdings, dass das alles nichts zu bedeuten hat und der Jägersmann nur per Zufall einer Kugel im Weg stand, wobei die Kugel unter keinen Umständen irgendeine Schuld trägt und also auch nicht verantwortlich gemacht werden kann.«
    »Du bist ein echter Sauhund!«, kommentierte Rodenstock.
    »Ich weiß«, nickte Patt. »Das ist der Grund, weshalb meine Ehefrau mich nach wie vor liebt.«
    »Haben Profiler ein Bild dieses Tätertyps?«, fragte ich.
    »Oh ja«, antwortete Rodenstock. »Diese Täter haben ein Merkmal, das wir alle fürchten: Sie sind weit über Durchschnitt intelligent. Und sie gehen sehr leise vor. Keine Andeutungen eines Motivs, niemals Zeugen im engen personalen Umfeld.«
    Mein Handy meldete sich. Es war Tessa. »Ich bin unsicher«, sagte sie monoton, als hänge sie mitten in einer wichtigen Überlegung. »Ich habe nur Rodenstocks kurzen Bericht. Ich denke, da könnte etwas aus dem Ruder laufen. Ein Sniper hätte uns gerade noch gefehlt. Ich werde

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