Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
dir?«
    »Nein, ist er nicht. Weißt du, dass es frühmorgens sechs Uhr ist?«
    »Das weiß ich. Ich rufe an, weil er sich nicht meldet. Kein Festnetz, kein Handy, kein Anrufbeantworter, einfach nichts.«
    »Wir hatten einen Scheißabend bei einer Zeugin. Dein Mann war ganz unten, wir mussten über Hitler reden. Und wenn er über Hitler reden muss, geht es ihm sehr schlecht. Wieso meldet er sich nicht? Das verstehe ich nicht. Und wieso rufst du morgens um sechs an?«
    »Weil wir beschlossen haben, noch einmal den uralten Friedhof der Juden in Krakau zu besuchen. Du weißt doch, Tante Liene schläft immer nur eine Stunde, und dann ist sie wieder wach. Von Krakau aus ging der Davidstern in die Welt, der heute auf der israelischen Nationalflagge zu sehen ist, verstehst du? Also, ich denke, du könntest mal eben rüberfahren und nachsehen. Und mich dann wieder anrufen? Geht das?«
    »Okay«, brummte ich und verabschiedete mich.
    Ich dachte vollkommen im Ernst, dass es eigentlich reichen müsste, wenn ich mich im Bademantel hinter das Steuer setzen würde, aber dann nahm ich von der blödsinnigen Idee Abstand und zog mir etwas an.
    Als ich meine Haustür öffnete, um zu meinem Auto zu gehen, stieß ich mit dem Kopf gegen irgendetwas Weiches. Es roch stechend nach Blut und Exkrementen. Ich war vollkommen verwirrt. Dann schaltete ich das Licht an.
    Ich war mit dem Kopf gegen eine tote Katze gerannt. Irgendjemand hatte sie am Schwanz an dem alten Rotsandstein aufgehängt, der mit der Jahreszahl 1867 über meiner Haustür vermauert worden war. Irgendjemand hatte dort vor Urzeiten einen alten Nagel eingeschlagen. Die Katze hing daran. Und da war noch etwas: An der Klinke der Haustür baumelte eine Plastiktüte. Ich nahm sie ab und sah hinein. Es stank bestialisch. Das waren Innereien, die blutig schimmerten.
    Panik überkam mich. Ich dachte nur noch: Rodenstock!
    Ich habe keine Erinnerung an die kurze Fahrt. Ich danke noch heute dem lieben Gott, dass er mich nicht gegen eine Mauer fahren ließ, wo immer diese Mauer auch stehen mochte.
    Ich fand Rodenstock auf dem Boden vor seiner Haustür. Er lag auf dem Rücken auf den kleinen, roten Betonplatten des Gartenweges, und er starrte mit offenen Augen in den Himmel. Zuerst glaubte ich, dass er nicht mehr atmete, aber dann war so etwas wie ein mühsames, leises Räuspern zu hören, und er schloss die Augen. Der rechte Arm hob sich um ein paar Zentimeter und sank wieder zurück.
    »Was machst du denn auch für einen Scheiß!«, schimpfte ich laut. »Man kann dich nicht zwei Minuten alleinlassen, und schon baust du Mist!«
    Ich wählte den Notruf und forderte einen Notarzt und die Ambulanz an. Was genau ich sagte, weiß ich nicht mehr.
    Ich dachte, dass ich ihm beim Aufstehen helfen müsse. Also sagte ich: »Warte, ich helfe dir hoch.« Ich griff ihn von hinten unter den Schultern und hievte ihn mit aller Kraft nach oben. Aber er kam mir nicht entgegen, er half mir nicht, er war schlaff wie eine Puppe. Er wimmerte stattdessen, irgendetwas tat ihm wohl sehr weh.
    Ich dachte: stabile Seitenlage! Dann kann nichts mehr passieren, er erstickt nicht an seiner Zunge, er kann besser atmen.
    Ich stellte mich breitbeinig über ihn und griff nach seinem linken Arm. Ich zog den Arm hoch, ich wollte die Drehung hinkriegen, scheiterte aber. Wahrscheinlich machte ich irgendetwas falsch, und wahrscheinlich machte ich das so, als hätte ich einen zweiten Helfer neben mir.
    Ich dachte fiebrig: Es wird ihm besser gehen, wenn ich ihm ein Kissen hole und seinen Kopf darauf lege.
    Kurz sah ich auf und fragte mich sofort, warum das hier so hell war. Es brannte nicht nur die große Lampe über dem Eingang, es waren alle Zimmer hell erleuchtet, auch die im ersten Stock.
    Ich erschrak und hatte sofort Angst. Mir fiel der Schlägertyp auf dem Eulenhof ein, der mich umgehauen hatte. Wie hatte er doch geheißen? Veit! Der feiste Veit.
    Ich wusste aus einigen Erfahrungen, wie ich mit meiner Furcht umzugehen hatte. Also stürmte ich einfach in Rodenstocks Haus und öffnete jedes Zimmer. Ich ließ keine dunkle Ecke aus, machte sogar Schränke auf. Aber ich fand niemanden.
    Danach kam mir Emmas Bemerkung in den Sinn, dass Rodenstock nicht zu erreichen sei: kein Festnetz, kein Anrufbeantworter, kein Handy. Ich sah nach und fand die Bescherung: Der Anschluss des Festnetzes im Wohnzimmer war aus der Wand gerissen worden. Und sicherlich hatten sie irgendwo sein Handy zertreten. Das bedeutete, dass die Kerle, die ihn

Weitere Kostenlose Bücher