Eifel-Krieg
Richtung: »Du gehörst in ein Altenheim, du billige Schlampe. Ich will euch hier nicht mehr sehen. Sag das dem Weichei da!« Dann ging er wieder vor meinem Wagen her zu seinem A6.
Die große Blonde kam zur gleichen Zeit zurück, wahrscheinlich hatte der LKW-Fahrer von seinem Glück überhaupt nichts gemerkt. Da saßen sie also in dem schicken, schwarzen Fahrzeug, schauten unschuldig in den Abend und arbeiteten zügig an der Ausdehnung ihres Gewerbes.
Gaby wimmerte laut: »Ach, Kalli, mein Kalli« und ging schluchzend in die Knie. Sie verschwand aus meinem Blickfeld.
Dann erschien ihr Kopf, sie sah mich an und sagte mit großen Augen: »Er hat doch Asthma! Kannze ma helfen?«
Ich eilte zu ihnen hinüber.
Kalli lag auf dem Asphalt, gekrümmt wie unter großen Schmerzen. Er war totenblass und hielt die Augen geschlossen.
»Habt ihr Wasser im Auto? Da ist zu viel Blut«, sagte ich. »In deinem Gesicht auch.«
»Ja, ja …« Sie reagierte fahrig, öffnete eine hintere Tür des Kombis und kramte herum. Kurz verschwand sie ins Auto, kam dann aber mit einer großen Plastikflasche Wasser und einer großen Pappschachtel mit Hygienetüchern wieder zum Vorschein.
»Mach mir ein paar Tücher nass«, sagte ich. »Und wenn er Asthma hat, muss er doch ein Spray bei sich haben, oder?«
»Ach, ja«, sagte sie mit leichtem Nuscheln. »Ach ja. Das hab ich jetzt vergessen. In seiner Jacke, oben.«
Ich fummelte an Kallis Jacke herum und bekam den kleinen Behälter zu fassen. »Mach mal seinen Mund auf.«
Sie war gestresst, fummelte unbeholfen in Kallis Gesicht herum, sie bekam das nicht hin.
»Umgekehrt«, entschied ich schnell. »Ich drücke den Mund auf, und du sprayst das Zeug rein.«
Es klappte, sie sprühte drei- oder viermal. Kalli schluckte, atmete durch den Mund und schloss dann erleichtert seine Lippen. Er krächzte.
Da waren schnelle Schritte hinter uns, eine Frau fragte: »Jemand verletzt? Kann ich irgendwie helfen?«
»Alles okay«, sagte Gaby sehr schroff.
»Ich wollte ja nur helfen«, erwiderte die Frau beleidigt und zog ab.
»Du hältst dich am Auto fest, ich hebe dich jetzt hoch«, sagte ich deutlich und laut zu Kalli.
Ich war stinksauer. Ich hatte nur etwas wissen wollen, kniete jetzt aber auf dem Asphalt eines Rastplatzes und kümmerte mich um Arbeitsopfer auf dem Markt des deutschen Lustgewerbes. Irgendwie lief das nicht so, wie ich geplant hatte.
Ich hievte Kalli an, zum Glück half er mit. Er stützte sich auf dem Auto ab und sagte: »Puhh!«
»Wir müssen hier aber weg!«, drängelte Gaby. »Hier können wir nicht bleiben. Sonst kommt dieser Irre wieder.«
»Der kriegt ein Messer zwischen die Rippen!«, sagte Kalli trotzig.
»Ach, halt den Mund!«, fuhr ich ihn an. »Der hat euch gezeigt, wo Bartel den Most holt, und jetzt seid mal ruhig. Haut hier ab, und zwar schnell.«
»Ja!«, sagte Gaby und nickte. Ihre Nase hatte aufgehört zu bluten.
»Wo wohnt ihr denn?«
»In Holweide«, antwortete Gaby.
»Wir können es auch hier machen«, sagte ich. »Aber dann kommt diese schnelle Eingreiftruppe und schlägt euch krankenhausreif.«
»Ja«, sagte Gaby wieder.
»Was können wir auch hier machen?«, fragte Kalli misstrauisch.
»Er will was wissen. Von Ritchie«, erklärte Gaby. »Also, dann machen wir es in Holweide.«
»Wieso Ritchie?«, fragte Kalli.
»Fahrt vor mir her!«, entschied ich.
»Er bezahlt doch auch«, sagte Gaby zu Kalli, dem die Sache überhaupt nicht zu schmecken schien.
»Also los!«, bestimmte ich.
Sie fuhren vor mir her, und ihr Auto erwies sich als ein Museumsstück. Es erreichte die Achtzig-Kilometer-Marke nur mühsam, und der Auspuff war kaputt. Er röhrte entsetzlich. Er röhrte bis Holweide.
Ihre Wohnung lag in einem Betongebirge an der Straße nach Köln. Sie erwies sich als Einraumwohnung mit Kochnische und einem Bad, in dem man den Lokus nicht erreichen konnte, es sei denn, man drehte eine Pirouette.
»Also, ich habe nichts im Haus«, erklärte Gaby. »Ich könnte dir ein Spiegelei auf eine Scheibe Brot legen.« Sie goss sich aus einer Flasche eine klare Flüssigkeit in ein Wasserglas und trank es in einem einzigen Zug leer.
»Nicht das auch noch«, widersprach ich energisch.
»Also, ich gucke ein bisschen
Sky
«, stellte Kalli fest.
Es gab zwei Sessel. In einen davon setzte sich Kalli vor den Fernseher. Gaby behalf sich, schob den zweiten Sessel neben das Bett und setzte sich auf die Bettkante. »So geht’s«, meinte sie. Dann goss sie sich erneut eine
Weitere Kostenlose Bücher