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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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das Mädchen.«
    »Kannst du dich erinnern, wann die Veranstaltung abends anfing?«
    »Ich denke ma, das war so gegen acht Uhr. Ich hatte ja ein eigenes Appartement, ich hab in Ruhe geduscht und so.«
    »Wie sah der Raum aus, in dem das ablief?«, fragte ich.
    »Hm, das war ein sehr großer Raum. Da war ein Riesenkamin, und der brannte. Das weiß ich genau, weil ich noch gesagt habe: ›Da hätte ich mich ja gar nicht erst anzuziehen brauchen.‹ Also, es war schön mollig warm. Und alle haben gelacht und geklatscht.«
    »Gab es denn etwas zu essen oder zu trinken?«
    »Klar. Da stand ein Riesentisch mit vielen Stühlen. Und erst gab’s was zu essen und zu trinken. So viel du wolltest, egal was. Ich hab nur Champagner getrunken. Ganz wenig. Und gegessen hab ich nur ’n Stück Wurst. Sie hatten überm Feuer im Kamin einen Rost liegen, die grillten da, und ein Mann in einer Kochuniform hat bedient.«
    Ich erinnerte mich an den Riesentisch, von dem sie sprach, ich erinnerte mich an Ulrich Hahn und Veit Glaubrecht, die mich in diesem Raum begrüßt hatten, ehe wir in Blues kleines Appartement gegangen waren. Ich spürte, wie ich wütend wurde und plötzlich hastiger atmete. »Gut. Du hast also gegessen und getrunken. Und dann folgte dein Auftritt. Wie genau ging das vonstatten?«
    »Na, Ritchie stand auf. Ich stand auf. Ich musste mich ausziehen und auf den Tisch klettern. Das Geschirr und so war schon abgeräumt, da standen nur noch die Gläser. Bei den Männern waren das die Humpen. So sagten die. Humpen. Die ham fast alle Bier getrunken.«
    »Du hast also nackt auf dem Tisch gestanden. Richtig?«
    Ich rief mir innerlich zu: Baumeister, treib sie nicht. Es ist erniedrigend genug, sich daran erinnern zu müssen.
    Ich machte eine Pause, und sie trank wieder, diesmal aus der Flasche. Es war Korn.
    »Hat Ritchie dich eigentlich bezahlt?«
    »Ja klar, hat er. Ich kriegte ’nen Tausender. Aber den kriegte ich von diesem Weidi.«
    »Erst hat Ritchie was erzählt, oder?«
    »Klar. Er hat erst mal erzählt, wie viele Frauen im Jahr diese Eingriffe vornehmen lassen. Was sie korrigiert haben wollen, und was nicht. Jede Menge Zahlen. Weltweit, nehme ich mal an.«
    »Und du hast auf dem Tisch gestanden?«
    »Nee, hab ich nicht. Ich musste den Tisch langsam rauf und runter gehen, rauf und runter, barfuß. Dann kriegte ich High Heels. Rot. Ich habe gedacht, gleich knicke ich um. Die Kerle haben gegröhlt. Und dann musste ich wieder rauf und runter gehen. Ritchie hat genau erklärt, was er an mir operiert hat.«
    »Weißt du noch, wie lange das dauerte?«
    »Weiß ich wirklich nicht. Er hat dann gesagt, wo man genau sehen kann, wie alt ich bin. Und wo man das nicht sehen kann.« Sie war jetzt totenblass, und ihr Atem ging heftig.
    »Er hat also den Unterschied zwischen … na ja, zwischen deinem Gesicht und den operierten Stellen gezeigt, nehme ich an. Dann war da Schluss, du bist zurück in dein Appartement.«
    »Nein, nicht so schnell.« Sie wollte es sich jetzt selbst erzählen. Es hatte den Anschein, als wollte sie sich selbst bestrafen mit ihrer Erzählung. Sie wirkte wie paralysiert, während sie weitersprach: »Dann sind alle raus, bis auf Weidi und den einen, den sie Veit genannt haben. Dann habe ich Weidi geritten und musste ihn … ich musste ihn peitschen. Auf dem Tisch. Und dieser Veit gab die Kommandos.« Ihre Stimme war ganz dünn jetzt, Gaby atmete kaum noch.
    »Nun ist es gut«, sagte ich. »Du hast den Tausender, und Ritchie hat dich irgendwann nach Hause gefahren.«
    »Ja.«
    »Warum machst du dich kaputt?«
    »Wir haben kein Geld. Kalli kriegt nur Hartz IV, sonst haben wir nichts. Ich geh zum Sozialamt, krieg manchmal eine Hilfe. Aber sie sagen, ich kann ja arbeiten gehen, muss nur suchen.«
    »Warum denn Kalli?«
    »Na, wir waren mal verlobt. So mit siebzehn. Ich hab schon mit dem im Sandkasten gespielt. Wir leben erst seit vier Jahren zusammen. Das Leben ist eben manchmal so.« Dann begann sie zu weinen.
    »Nur noch eine Frage. Du hast ein Mädchen erwähnt, das dabei war. Weißt du, wie die hieß?«
    »Ja, das weiß ich. Meike heißt sie. So was vergisst du nicht. Weidi sagte: ›Meike, das passiert mit einer deutschen Frau, die keine Selbstachtung hat.‹ Ich dachte, ich steh im Wald.« Dann weinte sie so laut, dass sogar Kalli es hörte. Er starrte uns vorwurfsvoll an, weil er sich gestört fühlte.
    Ich sagte hastig: »Macht es gut, Leute« und stürmte aus der Wohnung.

13. Kapitel
    Ich fuhr durch die

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