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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Nacht, grenzwertig langsam, ich war benommen und klemmte mich hinter einen LKW. Ich hatte einen gewaltigen Krach mit dem alten Mann da oben und wusste gleichzeitig, dass der nicht helfen würde.
    »Du könntest diese miesen Stücke Leben eigentlich aussparen, verdammt noch mal! Was tust du denen an?«
    Dann gab ich Gas und fuhr zügig durch bis Daun. Ich wollte Rodenstock guten Tag sagen und fragen, wie es ihm ging. Ich hatte aber vergessen, dass Krankenhäuser nachts ihre Türen geschlossen hielten. Also klingelte ich und musste lange warten, bis ein junger Mann erschien, der mir öffnete und etwas fassungslos fragte: »Was wollen Sie denn hier?«
    »Rein! Einen Verwandten besuchen, der wohl auf der Intensivstation liegt. Ein Mann namens Rodenstock.«
    »Hat man Sie benachrichtigt?«, fragte er misstrauisch. Er hatte das im Gesicht, was wir in meiner Jugend einen »spationierten Bart« nannten – hier ein Haar und dort ein Haar. Und er wirkte traurig.
    »Hat man, gewissermaßen«, bemerkte ich. »Der Name ist Rodenstock.«
    »Aber das geht doch nicht, mitten in der Nacht.«
    »Die kennen auf der Intensivstation doch wahrhaftig nicht Tag oder Nacht«, wandte ich ein.
    »Ich telefoniere erst mal«, drohte er und schlurfte davon. Nach einer Weile kam er wieder und sagte todmüde: »Aber nur kurz.«
    »Kurz!«, versprach ich.
    Ich war sofort wieder ein wenig fröhlicher und wusste, dass dieser Besuch bei meinem besten, väterlichen Kumpel mir gut tun würde. Nach all dem Elend. Ich wollte Holweide so schnell wie möglich vergessen. Und Rodenstock würde es aus der Langeweile reißen, hoffte ich.
    Erst einmal musste ich einen dieser weißen Plastiküberzüge anlegen, ich sah aus wie Mephisto. In dem Raum herrschte das übliche Halblicht. Drei Betten jetzt, Rodenstock in der Mitte, und immer noch ein Mensch an der Maschine.
    Aber Rodenstock war wach und aufmerksam. Er fragte: »Wieso kommst du denn nachts?«
    »Ich habe tagsüber keine Zeit«, gab ich zur Antwort.
    »Du sollst nicht lügen«, mahnte er. »Woher kommst du?«
    »Die Frage ist nicht genehmigt. Wie geht es dir? Ich merke schon: sehr gut, sonst wärst du schlechter drauf.«
    »Es geht ihm gut, es geht ihm sehr gut. Er hat schon von einem Wiener Schnitzel gefaselt.«
    Ich wusste nicht, wer da sprach, und fragte: »Hat er das wirklich?«
    »Hat er«, sagte der Mann links von Rodenstock und lächelte.
    Eine Schwester murmelte freundlich: »Etwas leiser, Leute, sonst höre ich meine Maschinen nicht.« Sie saß in einer leicht erhöhten Position und hatte eine Komplettanlage für großes Orchester vor sich.
    »Emma hat mir heute gesagt, ich kriege jeden Tag ein Wiener Schnitzel, wenn ich heimkomme.«
    »Das überlebst du nicht«, urteilte ich. »Wie geht es dir wirklich?«
    »Richtig besser«, antwortete er. »Wirklich.«
    »Was ist mit der Blutung?«
    »Weg!«, sagte er grinsend. »Ich habe sie verscheucht.«
    »Er ist der größte lebende Mediziner«, sagte der Nebenmann, den ich auf etwa vierzig Jahre schätzte. »Er verfügt über sagenumwobene Selbstheilungskräfte.«
    »Jetzt mal im Ernst, wo warst du?«, fragte Rodenstock nachdrücklich.
    »Bei einer Dame des Gewerbes in Köln-Holweide. Es war traurig, wie das manchmal so ist. Deprimierend. Aber auch lehrreich.«
    »Kommst du voran?«
    »Nur mühsam. Wir haben keine Zeugen, und wir kriegen kaum Beweise.«
    »Das habe ich mir gedacht«, sagte er. »So ist das bei diesen Leuten immer. Wie geht es Tessa?«
    »Eigentlich gut, aber sie hat zu viel am Hals. Und so haben wir kaum Zeit für uns.«
    »Das legt sich«, sagte er. »Ich wäre jedenfalls froh, wenn ich bei euch da draußen mitmachen könnte.«
    »Das kannst du ja, wenn du hier fertig bist.«
    »Sie wollen ihn in die Reha schicken«, sagte der Nebenmann in größter Erheiterung.
    »Und er will das nicht«, komplettierte ich.
    »Natürlich nicht«, murmelte Rodenstock mit einem Lächeln. »Aber ich werde hingehen. Ich bin eine ziemlich alte Maschine, und ich brauche sehr viel Pflege.«
    »Ich biete dir jeden Tag einen Bauchtanz zum Einschlafen«, bot ich an.
    Am dritten Bett summte plötzlich irgendetwas sehr laut. Dann kamen elektronische Laute in sehr schneller Folge. Lichter flackerten. Das Ganze sah sofort sehr dramatisch aus.
    »Sie müssen jetzt rausgehen«, sagte die Schwester hart.
    Ich gehorchte und sagte nur noch schnell: »Bis bald.«
    Die Nachtluft tat mir gut, sie war frisch und belebend. Ich fuhr langsam nach Hause, und es schmerzte ein

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