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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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nächste Gerücht.
    Das war im Augenblick ein wenig zu viel, das schien die Welle zu sein, die mich fortspülen würde. Ich bekam Lust zu flüchten und mich nicht mehr umzudrehen. Ich fackelte nicht lange und setzte mich sofort ins Auto. Ich wollte nach Maria Laach, im hohen Dom sitzen und die Demut der Säulen spüren, ich wollte im Dämmerlicht dieser Kirche zur Ruhe kommen, in die Krypta hinuntersteigen und in der beschützenden Enge der Mauern mit dem alten Mann da oben sprechen. Ich war sauer auf ihn, und im Grunde wollte ich einen Kompromiss finden. Mal wieder.
    Aber dann drang über die Freisprechanlage eine gehetzte und atemlose Stimme zu mir – und alles begann wieder von vorne.
    »Mein Name ist Ingo Seewald. Ich höre, Sie wollen mich sprechen.«
    »Das ist richtig. Danke für den Rückruf. Ich bräuchte eine Empfehlung von Ihnen. Mit welcher Schülerin, mit welchem Schüler kann ich sprechen, der von Cliquen und Klübchen innerhalb der Schülerschaft weiß? Der einigermaßen Strömungen auseinanderhalten kann, der mir sagen kann, was ernst ist und was nicht. Es geht um den Selbstmordversuch von Lasse, der in enger Verbindung stehen soll mit der Schülerin Meike vom Eulenhof.«
    »Also zunächst mal: Lasse ist gerettet worden. Das haben mir die Eltern bestätigt. Er wollte sich wohl tatsächlich erhängen. Grauenhaft, diese Vorstellung. Diese Schule, Herr Baumeister, steht nun seit Tagen schon in einer harschen Kritik. Das Ministerium hat sich eingeschaltet und behält sich buchstäblich alles vor. Ich bin darüber enttäuscht und verwirrt. Das ist in etwa so, als wollte ein anderer meine Verdauung übernehmen. Ich weiß, ein schlechter Vergleich, denn komisch ist das alles nun wirklich nicht. Ich kann Ihre Bitte verstehen. Bis wann brauchen Sie einen Kontakt?«
    »Sie sind sauer, nicht wahr?«
    »Unbeschreiblich sauer. Meine Frau fragte mich gestern Abend, ob ich den Job nicht einfach an den Nagel hängen will. Hier rufen von morgens bis abends Ihre Kolleginnen und Kollegen an. Wir hatten und haben die Staatsanwaltschaft im Haus, Kriminalbeamte geben sich hier die Klinke in die Hand. Und Ihr Anliegen ist nun das erste, das ich sofort begreifen kann. Bis wann brauchen Sie einen Gesprächspartner?«
    »Na ja, so schnell es geht natürlich.«
    »Und wo?«
    »Bei mir zu Hause in Brück.« Ich gab ihm die Adresse und bedankte mich.
    Genau dort, wo der Haupteingang der Bundeswehrkaserne in Mayen lag, drehte ich und fuhr zurück. Maria Laach musste warten.
    Auf meinem Anrufbeantworter zu Hause war Tessa. »Hallo du. Nur ganz schnell: Ich habe eine frohe Botschaft. Rodenstock ist nicht mehr auf der Intensivstation, sie sagen, sie können ihn jetzt normal weiter behandeln. Aber sie wollen noch eine Weile genau hinschauen, um keine Risiken einzugehen. Angeblich nörgelt er schon wieder rum. Herzliche Grüße von Emma, die vor Glück so geheult hat, dass sie wirklich aussieht wie eine zerknautschte Mohnblüte. Herzliche Grüße auch von Tante Liene, die dich fragen möchte, wieso du Juden verstehst. Und die würden sich sehr freuen, wenn du bei Gelegenheit vorbeikommst. Kuss.«
    Ich weiß nicht mehr genau, wie ich reagierte, aber auch mir schossen Tränen in die Augen, als ich an die vor Glück verheulte Emma dachte. Ich glaube, ich habe
Road to hell
gesungen und war so extrem glücklich, dass daraus ein Bossa Nova wurde. Was ausgezeichnet klang.
    Dann rollte irgendetwas Schwarzes, Langes auf meinen Hof. Lautlos. Es war ein Sechshunderter der S-Klasse AMG. Eine Frau stieg aus, eine junge Frau. Das Ganze wirkte wie eine Erscheinung.
    Bevor sie klingeln konnte, stand ich schon in der Tür und sagte: »Herzlich willkommen!«
    »Direktor Seewald schickt mich zu Ihnen«, sagte sie knapp. »Mein Name ist Tina Jax.«
    »Danke. Das ist sehr nett. Fahren Sie immer in solchen Autos herum?«
    »Mein Kleiner ist zum TÜV, das ist der von meinem Vater.« Sie grinste wie ein Lausejunge, und sie war gefährliche Fracht. Sie trug hellblaue Jeans zu einfachen Leinenschuhen und ein T-Shirt der etwas gehobenen Klasse mit einem blutigen Steak auf dem Bauch. Selbst für eine Schülerin der Oberstufe wirkte sie ungemein erwachsen und fraulich, nicht dünn, mit einem ordentlich dargebotenen Busen. Kein Makeup, kein Chichi. Und sie trug eine Brille mit großen, klaren Gläsern. Ich tippte auf Fensterglas. Die Brille machte sie schön, und ich konnte die jungen Männer hecheln hören.
    »Was wollen Sie trinken?«
    »Egal, was da ist«,

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