Eifel-Krieg
umweltverträglich.«
»Schwätzer!«, bemerkte sie verächtlich. Dann grinste sie und schloss die Augen.
16. Kapitel
Der Morgen war deswegen so chaotisch, weil wir beide keinen Wecker gestellt hatten und weil plötzlich jemand unten an der Haustür läutete und damit gar nicht aufhören wollte.
»Was ist das?«, fragte sie undeutlich.
»Die Klingel«, sagte ich. »Jemand will hier rein.«
»Hat du eine Uhr?«
»Es ist halb zehn.«
»Waaas?«, kiekste sie ganz hoch. Dann stürzte sie im Eilschritt aus dem Bett zur Tür, irgendwelche Laken hinter sich herziehend. Die Tür stand offen, und sie war keine Laken gewöhnt. Sie landete also in einer Art Hechtsprung für Komiker auf einem angenehm weichen, roten Läufer.
»Du hast außer den Resten meiner Bettwäsche nichts an«, sagte ich vorwurfsvoll. »Lass mich das machen.«
Ich zog also einen Bademantel über meine dürftige Gestalt und erschien in der Haustür.
Da standen eine Frau und ein Mann. Sie hielt sich einen
Wachturm
vor den Busen, und er sagte mit charismatischem Augenaufschlag: »Dürfen wir mit Ihnen sprechen?«
»Dürfen Sie nicht!«, brüllte ich, schlug die Tür zu, eilte nach oben und rief: »Entwarnung! Entwarnung!«
Tessa stand in meinem Arbeitszimmer inmitten eines großen Haufens Textilien und bemerkte zittrig: »Ich weiß genau, ich hatte Unterwäsche dabei!«
Dann klingelte es wieder, und ich dachte darüber nach, die
Wachturm
-Leute in Quarantäne zu schicken, ihnen vielleicht einen Silvesterkracher an den Körper zu heften oder ähnlich Gehaltvolles. Es klingelte noch einmal, und weil ich ein höflicher Mensch bin, beeilte ich mich, erneut an meine Haustür zu kommen. Ich riss sie auf und sagte streng: »Das ist im Moment nicht so prickelnd.«
Da stand ein ganz junger, uniformierter Polizist und erklärte scheu: »Könnte ich Frau Staatsanwältin Doktor Brokmann kurz informieren?«
»Kommen Sie herein, junger Mann!«, erwiderte ich leutselig. »Das dauert vielleicht zwei, drei Minuten. Dort hinein und einen Sessel erobern!«
Er war sichtlich verwirrt, folgte aber meinen Anweisungen ins Wohnzimmer und setzte sich.
Ich rannte die Treppe hinauf und sagte: »Die Staatsgewalt sitzt unten!«
In derartigen Situationen sind Frauen wesentlich anpassungsfähiger als Männer. Meine Staatsanwältin fragte: »Seh’ ich gut aus?«, und eilte an mir vorbei zur Treppe. Vollständig bekleidet.
Es gab in meinem Wohnzimmer ein Gemurmel, das etwa zwei Minuten dauerte. Dann klickte die Haustür zu, und besagte Staatsanwältin erschien im ersten Stock mit der Bemerkung: »Ich habe aber Wäsche eingepackt, verdammt noch mal.«
»Irgendetwas Besonderes?«, fragte ich.
»Nein«, antwortete sie. »Arbeitssitzung der Leitenden um vierzehn Uhr bei Markus Schröder in Niederehe. Die ganze Special Unit. Blöd so was! Ich vergesse doch niemals Unterwäsche!«
»Was machen wir eigentlich«, murmelte ich, »wenn jemand sagt: ›Der hat eine tiefe persönliche Anbindung an die Staatsanwältin, über deren aktuelle Arbeit er gerade berichtet. Sie wird ihm Dinge sagen, die er sonst nie erfahren würde‹?«
»Was ich dann mache, weiß ich«, erwiderte sie vollkommen sachlich. »Ich gehe zu meinem Vorgesetzten und biete ihm meine Versetzung an. Habe ich dir irgendetwas in diesem Fall an Wissen zukommen lassen, das du eigentlich nicht haben dürftest oder das ich anderen Leuten aus deinem Gewerbe vorenthalten habe?«
»Hast du nicht«, sagte ich.
»Na, also! Hast du gerade etwas von tiefer persönlicher Anbindung erwähnt? Hast du! Vielen Dank.« Dann strahlte sie. »Wir waren gut, nicht wahr?«
»Allererste Sahne«, nickte ich.
»Oh Gott! Ich muss die Kinder anrufen!«
Ich säuberte mich oberflächlich, zog mir für den Tag irgendetwas an und machte mir in der Küche einen Kaffee, mit dem ich mich auf meine Terrasse setzen wollte. Mein Wohnzimmer war schon wieder blockiert von der Staatsanwaltschaft, die ungefähr drei Quadratmeter Unterlagen und Akten in meiner Sitzgruppe um sich ausgebreitet hatte.
»Stör mich jetzt nicht!«, sagte Tessa.
»Ich will nur eine schnelle Durchreise«, bemerkte ich.
Sie antwortete nicht, und ich erreichte ohne nennenswerte Zwischenfälle meine Terrasse. In der Stieleiche, vier Meter entfernt, hüpfte ein unscheinbarer, brauner Vogel herum, ungefähr so groß wie eine Amsel. Ein Kuckuck, dachte ich elektrisiert. Ein Kuckuck in meinem Garten? Dann wollte ich mir eine Kamera holen und ihn fotografieren. Aber das ging
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