Eifel-Liebe
also Richtung Duppach. Zu dem Wagen können wir allerdings nichts sagen. Größe etwa Golf, auf keinen Fall etwas Größeres.« Der mit dem Bart zog ein Päckchen Tabak aus der Tasche und begann sich eine Zigarette zu drehen. »Das Ganze ist ziemlich blöde, weil es so eindeutig ist. Und weil es überhaupt nicht in diese Gegend passt.«
»Jemand wusste, dass Klaus Mertes hier vorbeikommt. Er sucht sich eine Stelle, von der aus er schießen kann. Er sucht sich diese Stelle, weil das Opfer besonders klar und deutlich erkennbar ist, gut in der Sonne. Er schießt, er überzeugt sich vom Tod des Opfers, er geht zu seinem Wagen und verschwindet. Gut getimt, gut geplant, gut durchgezogen. Hat jemand in Duppach den Wagen des Täters gesehen? Um die fragliche Zeit?«
»Niemand«, sagte der Zähe. »Ein richtig professioneller Mord ist das.«
»Das ist mehr als verdammt gut gearbeitet, aber es gibt noch immer einen unsicheren Punkt für mich«, ließ ich nicht locker. »Als der Täter sich zu dem Opfer herunterbückte – was kann er da getan haben, außer festzustellen, dass sein Opfer tot ist?«
»Kischkewitz hat immer gesagt, Sie seien ein Steher. Nun gut, möglicherweise hat der Täter etwas mitgenommen, was der Tote bei sich trug. Aber irgendwelche deutlichen Hinweise haben wir noch nicht. Vielleicht kriegen wir was vom Mikroskop geliefert.«
»Aber Sie denken doch an etwas Bestimmtes?«, ich blieb hartnäckig.
»Das verkneifen wir uns«, sagte der Zähe mit schmalen Augen. »Das hat gar keinen Wert. Und jetzt will ich ein Bier und dann ab nach Hause.« Er musterte mich. »Morgen früh lesen wir dann die ganze Geschichte in der Zeitung.«
»Nicht von mir«, antwortete ich knapp.
Sie nickten mir noch mal freundlich zu, dann zockelten die vier mit ihren Aluminiumkoffern in den Händen den Weg hinunter. Unten standen drei Pkw und ich sah zu, wie sie einstiegen und wegfuhren.
Es gab keinen Grund für mich zu bleiben, der Weg, der Wald, der Bach – alles wirkte wieder vollkommen unberührt.
Zu Hause setzte ich mich in den Garten an den Teich, die Katzen kamen und legten sich neben mich. Auch Cisco trollte heran und rollte sich zu meinen Füßen ins Gras. So ließen wir unsere Gedanken schweifen und warteten auf die Nacht.
Es war ruhig, eine sehr bescheidene Mondsichel zog auf und verschwand langsam wieder. Irgendwann wurde es kühl, mein Hund spürte es als Erster und verzog sich.
Ich ging ins Haus. Hier war es aufdringlich still und ich dachte plötzlich, wie es wohl sein mochte, wenn ich erst ein alter Mann war und niemand mehr den Vorschlag machen würde, zusammen ins Bett zu gehen.
Später starrte ich schlaflos in das Dunkel meines Schlafzimmers. Was Vera wohl gerade tat? Wahrscheinlich lag sie in ihrer kleinen Singlewohnung in Mainz und dachte an ihre Arbeit. Sie war gründlich und sie war ehrgeizig. Im Grunde war sie nicht dafür geschaffen, in einem einsamen Eifeldorf zusammen mit mir zu leben.
Die Frage war, ob sie es fertig bringen würde, mir das zu sagen. Und wann sie es fertig bringen würde. Und ob es nicht sowieso besser wäre, ihr zu sagen, dass ich all das sehr genau wusste. Und wenn ich schon bereit war zu einer gewissen Form von Ehrlichkeit, blieb die Frage, was ich eigentlich wollte. Was wollte ich von ihr, was konnte ich sagen? Ich will, dass du da bist, ungeteilt und nur für mich. Und ich weiß genau, dass das beschissen egoistisch klingt – aber so ist der Mensch nun mal.
Ich knipste die Lampe auf dem Nachttisch an und spürte Trauer und Wut im Bauch. Weil ich das nicht aushalten konnte, stand ich auf und zog mich wieder an. Als ich den Fernseher einschaltete und mich durch die Programme zappte, war es nach Mitternacht. Eine reichlich gewichtige, fettig und höchst vulgär wirkende Frau knetete ihre eigenen Brüste und eine weibliche Stimme hauchte auf rauchige, verdorbene Art: »Erfahrene Frauen über fünfzig wollen dich verwöhnen. Ruf jetzt an!«
Da war ich in Sekunden zurück auf dem Teppich und war mir sicher, dass Vera natürlich darüber nachdachte, ob es nicht besser wäre, ihre Karriere als Polizistin voranzutreiben, statt in der Eifel nach den Dingen zu fragen, die möglicherweise kommen konnten, aber wahrscheinlich nie passieren würden. Und sie hatte ein Recht darauf, verdammt noch mal!
Als ich erneut ins Bett ging und zu schlafen versuchte, war es vier Uhr und meine Seele waberte in Finsternis, das ganze Leben schien mir traurig: Eines Tages würde auch
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