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Eifel-Liebe

Eifel-Liebe

Titel: Eifel-Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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nicht.

    Ich starrte den jungen Mann an, in seinen Augen las ich tiefe, hundsgemeine Angst. Ich sah zu, wie er diese Augen ganz fest zupresste, wie aus beiden Augenwinkeln Tränen rollten und wie er immer noch die Hände über den Kopf erhoben hielt, als würde ich ihm gleich mit meiner Maschinenpistole das Leben nehmen.

    Er trug einen Trainingsanzug, blaue Hose, weißes Oberteil, vollkommen verdreckt. Sein Haar war kurz geschnitten, blond, fast weiß.

    »Junge«, sagte ich bedächtig, »nimm die Hände runter, sonst verbrennt dir die Zigarette noch die Finger. Du bist nicht gefährlich, oder?«

    Er schüttelte heftig den Kopf, antwortete nicht, nahm die Hände herunter und drückte den Zigarettenrest im Aschenbecher aus.

    »Und jetzt verrätst du mir, wie du heißt.«

    »Karl-Heinz«, sagte er mit einer erstaunlich tiefen Stimme.

    »Und weiter?«

    »Karl-Heinz Overkamp«, sagte er tonlos.

    »Du hast doch sicher ein Handy oder ein Telefon?«

    »Na klar. Das Handy hier kannst du haben.«

    »Bring es her. Aber keine falsche Bewegung!«

    »Mach ich nicht.« Er stemmte sich aus seinem Sessel hoch. Er war wirklich ein riesiger Mann. Mit kleinen Schritten trat er zu mir und reichte mir ein dunkelgrünes Handy.

    »So ist es brav. Und jetzt wieder zurück in deinen Sessel. Denk dran: Eine falsche Bewegung und du landest in der Hölle.«

    Er nickte und bewegte sich rückwärts zu seinem Sessel. Dabei ließ er mich nicht aus den Augen, wahrscheinlich war ich zu lebendig im Vergleich zu seinen Filmhelden.

    Ich wählte Kischkewitz’ Handynummer. Widerwillig sagte er: »Ja?«

    »Bin bei Karl-Heinz Overkamp in Meisburg in der Scheune! Ich habe ihn und er ist ganz still«, grölte ich in das Gerät. »Macht schnell, ich habe seit zwölf Stunden nichts mehr gegessen und mehr Ganoven getroffen als einem christlichen Leben gut tut.« Dann schaltete ich das Handy ab und wiederholte: »Und du rührst dich nicht, mein Junge, sonst blase ich dir eine Kugel ins Hirn!« Ich fand, ich hatte selten etwas Dämlicheres gesagt.

    »Ja, Chef«, sagte er brav. »Willst du ein Bier? Ich meine, bis die anderen kommen.«

    »Bier?«, fragte ich wütend. »Ich trinke nie und schon gar kein Bier.«

    »Ist aber Bitburger«, betonte er mit schönem Regionalstolz. Langsam drehte er seinen kugeligen Kopf. »Jetzt kommt das ganze SEK, was?«

    Ich wollte spontan »Wie bitte?« fragen, bis ich mich erinnerte, dass das Sondereinsatzkommando hieß. »Sicher! Wer ist sonst noch im Haus?«

    »Nur Mama«, antwortete er, hastig atmend. »Aber die kommt hier nicht rein. Die darf hier nicht rein. Das habe ich ihr verboten.« Er räusperte sich. »Darf ich einen Schluck Bier trinken? Ich … ich … mein Hals ist so trocken.«

    Draußen vor der Tür bellte Cisco aufgeregt.

    »Ihr habt auch Hunde dabei?«, fragte er.

    »Ja, volles Programm für dich!«, murmelte ich.

    Ich wollte aufstehen, aber ich traute mich nicht, weil ich immer noch am ganzen Leibe zitterte und weil ich mir immer noch nicht sicher war, ob mein Kreislauf durchhalten würde. Verkniffen dachte ich: Er muss irgendwie beschäftigt werden! Irgendwie. Greif ihn an!

    Ich deutete auf den Spiegel mit dem Haar und wurde laut. »Warum, um Gottes willen, hast du Arschloch das gemacht?«

    »Was denn? Das Haar habe ich gefunden.« Sein Gesicht wirkte nun ausdruckslos. Da waren weder Neugier noch Angst noch Aggression, da war plötzlich nur fettiger Teig.

    »Du lieber Himmel, Karl-Heinz!«, sagte ich vorwurfsvoll nach langem Schweigen. »Du hast sie durch die Wiese an die Kleine Kyll getragen. Wieso behauptest du jetzt so einen Scheiß? Wir haben deine Fußspuren gefunden. Du hast sogar eine blaue Mülltüte da liegen lassen. Mit deinen Fingerabdrücken drauf. Willst du mich verarschen?«

    »Ohne meinen Anwalt sage ich gar nix.« Das kam tonlos. Er legte den Kopf dabei ein wenig nach hinten.

    Jetzt kannst du wieder sanft werden, Baumeister. »Wo hast du das Haar denn gefunden, Junge?« O ja, die Anrede Junge ist okay, das schafft Vertrauen!

    »Tja, wo? Muss jemand aus dem Auto geworfen haben. Zwischen hier und Deudesfeld lag das im Graben. Ich hab’s gesehen und mitgenommen.«

    »Aber du kanntest die Frau, nicht wahr?«, schob ich nach.

    »Na ja, ich hab sie mal gesehen. Wie alle anderen. Junggesellenfest in Deudesfeld. Da war sie zuletzt, da hat sie getanzt.«

    »Hat sie mit dir getanzt?«

    Das schien er belustigend zu finden, er bewegte sogar die fetten Finger. »Nein, nicht

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