Eifel-Müll
herüber.
»Baumeister hier.«
»Kischkewitz. Ich wollte mich bei dir für Huhu bedanken. Wir lassen ihn erst mal im Krankenhaus. Und entschuldige meine Stellvertreterin, aber bei uns geht es etwas wild durcheinander. Sie hat gar nicht verstanden, was du gesagt hast.«
»Ja, ja«, murmelte ich. »Schon gut. Aber jetzt will ich erst einmal von Rodenstock hören, was überhaupt los ist.«
»Viel«, sagte Kischkewitz fröhlich. »Die Kiste ist endlich in Bewegung geraten.« Damit war das Gespräch zu Ende.
Ich saß ganz brav in meinem Sessel und sah Rodenstock wie ein eifriger Sohn an, der erwartet, große Belehrungen zu bekommen. Emma begann als Erste zu grinsen, dann lachte Vera unterdrückt, schließlich Rodenstock – und endlich auch Baumeister.
»Fang schon an, du Übervater!«
»Ich wollte eigentlich mit Müll starten«, sagte er. »Und ich überlege gerade, ob das nicht nach wie vor das Beste ist. Nun gut, fangen wir mit Müll an, weil ja auch der Hauptverdächtige vom Müll lebt. Vergesst mal alles, was ihr bisher über Müll wusstet. Für uns Normalverbraucher ist das der Dreck, der übrig bleibt. Wir schmeißen die Tonnen voll und bezahlen dafür, dass irgendjemand vorbeikommt und sie ausleert. Wir wissen, dass Glas, Papier, Bio-Abfälle und der Restmüll bestimmte Sorten sind, die getrennt behandelt werden. Alein dieser Landkreis hier bringt übrigens insgesamt 30.000 Tonnen pro Jahr auf. 18.000 Tonnen davon sind Restmüll, müssen irgendwie verbrannt, versorgt, deponiert werden. Sie kommen nach Mechernich, Kreis Euskirchen, und pro Tonne werden 260 Mark gezahlt. Unendliche Ströme an Müll rauschen Tag für Tag über unsere Straßen. Der Bio-Abfall aus diesem Landkreis geht nach Sachsen-Anhalt und wird dort kompostiert. Als Normalbürger fragt man: Wieso das denn? Und erfährt dann, dass diese Methode noch die billigste ist. Trotz aller Öko-Ideen geht es letzten Endes immer ums liebe Geld. Machen wir einen kurzen Sprung. Die Unternehmen, die unseren Müll zu Hause abholen und dann zu irgendeiner Verladestation bringen oder direkt zur Deponie, waren in der Regel gesunde Unternehmen mit ziemlich dicker Kapitaldecke. Die konnten fünfzehn Jahre lang in einer Goldgrube arbeiten, bis wegen verschärfter Konkurrenzsituation die Preise sackten. Der Preis pro Tonne halbierte sich fast. Aber immer noch ist das ein gutes, ein Riesengeschäft. Müll gibt es eben immer und es entsteht ständig neuer. Selbstverständlich hat diese Branche Begehrlichkeiten geweckt. Leute mit Geld waren immer schon darauf bedacht, es zu vermehren. Im Laufe der Zeit entstand ein vollkommen unübersichtliches Feld, Firmen kauften regionale Firmen auf, kauften sich in andere ein, übernahmen wiederum andere und es entwickelte sich eine Szene, in der nur noch Spezialisten eine Ahnung davon haben, wer da in Wahrheit den Müll transportiert. Das heißt: Wir sind gewohnt, dass unser Müll von Unternehmen A abgeholt wird. Das ist seit zwanzig Jahren so. Das Unternehmen ist uns bekannt, es sitzt meinetwegen in Mayen oder Koblenz. Wir denken nicht darüber nach. Tatsächlich ist dieses Unternehmen aber bereits vor zehn Jahren zum Beispiel an das RWE verkauft worden, das selbstverständlich, wie andere auch, an diesem lukrativen Geschäft teilhaben wollte. Dann kam ein französisches Konsortium und kaufte nun wiederum dem RWE dieses uns bekannte Unternehmen ab, gliederte es ein und verkaufte es an eine italienische Gesellschaft, die wiederum neu in den Markt drängte. Es hat Fälle gegeben, in denen die Besitzer regionaler Mülltransportunternehmen dreißig Millionen angeboten bekommen haben – und die haben sie auch genommen, hausen auf den Bahamas, während auf den Müllwagen noch immer ihr Name prangt. Diese Branche ist wirklich irre! Ein Regierungsbezirk baut eine Müllverbrennungsanlage, die viel zu groß dimensionert ist. Die Vertreter der Anlage grasen Deutschland ab: Helft uns, schickt uns Müll! Der Müll reicht aber immer noch nicht, das Werk in die schwarzen Zahlen zu bringen. Und dann kommt es zu einem irren Deal. Der Lebensmittelkonzern Aldi hat zu viel Geld, kauft die gesamte Anlage und least sie an den ursprünglichen Betreiber zurück. So irre ist diese Welt.« Rodenstock schnaufte. »Müll ist also ein Schweinegeschäft und dieses Geschäft ist verwinkelt und verborgen hinter soliden Namensschildern. Und schon sind wir bei unseren seriösen Herren vom Forsthaus in Bongard. Sie waren und sind alle an Müllgeschäften
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