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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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ich fest, dass ich die Szene ebenfalls ohne den Hauch eines Bekleidungsstückes durchgespielt hatte.
    Vera stammelte ungefähr zehnmal: »Entschuldigung«, ich röhrte: »Endlich mal eine gute Nachricht!«, und kniff dabei die Beine zusammen, als wollte mir jemand an die Unschuld.
    Plötzlich fing Rodenstock an zu lachen, Emma prustete auch los und wir konnten wieder ins Leben eintreten. Die ganze Sache hatte wahrscheinlich nicht länger als hundert Sekunden gedauert. Erwachsene sind eine merkwürdige Rasse.
    Später im Flur erklärte Rodenstock: »Es ist eine gutartige Geschwulst. Sie muss raus, aber sie ist gutartig. Ich liebe gutartige Geschwulste!«
    »Mit so einer Äußerung würde ich vorsichtiger sein«, wandte ich ein.
    »Scheiß drauf«, sagte Vera. »Es ist doch nichts passiert, oder? Darf ich mich jetzt besaufen?«
    »Du darfst«, nickte Emma. »Was willst du, Baumeister?«
    »Würstchen mit Kartoffelsalat«, antwortete ich. »Der Kartoffelsalat muss aber handgeschnitzt sein.«
    »Kriegst du«, sagte Emma. Sie griff ein Wasserglas mit heller Flüssigkeit und trank es aus. »Wenn es Krebs gewesen wäre, hätte ich das Gleiche getan.« Auf meinen fragenden Blick hin, gestand sie verschämt: »Es ist Gin, ich habe ihn heimlich ins Haus geschmuggelt.«
    »Ich hätte gern einen Whisky«, sagte Rodenstock träumerisch. »Einen großen, steifen Whisky mit nicht zu viel Wasser. Ich liebe dich, Frau.«
    Gegen Mittag dieses denkwürdigen Tages fühlte ich mich von Alkoholikern umgeben, die sich lallend darüber verständigten, dass die Welt eigentlich prima sei, die Eifel ganz fantastisch, eine bestimmte Geschwulst geradezu lächerlich und der liebe Gott eine sehr ernst zu nehmende, im Ganzen aber höchst gelungene Einrichtung.
    Ich flüchtete. Zunächst in die Wirtschaft von Markus nach Niederehe, der mir tatsächlich Würstchen mit Kartoffelsalat auftischen konnte und der die tote Natalie im eigenen Saal erlebt hatte.
    »Ein Klasseweib!«, befand er. »Aber viel zu schön, um bekömmlich zu sein.« Von der Männerrunde in Bongard wusste er nichts, ebenso wenig von den beiden Polizeibeamten. Tina Colin dagegen kannte er und bezeichnete sie nicht ohne versteckte Anerkennung als ein ›besonders krasses Weib‹, was mir weiter half als jede blumige Beschreibung.
    Danach fuhr ich weiter zu Ben, zum Teller nach Hillesheim, weil es bei bestimmten Anlässen gut und richtig ist, die Kneipen abzuklappern. Dort aß ich ein Eis mit viel Sahne.
    Als ich gerade dachte, ich platze, sagte Bens Frau Andrea nachdenklich: »Ich möchte mal wissen, ob so was Schreckliches wie dieser Mord nicht nur deshalb passieren konnte, weil keiner wusste, wie es der Natalie wirklich ging. Und weil auch keiner das wirklich wissen wollte. Noch nicht mal ihre eigene Mutter.«
    Ich antwortete nicht darauf.
    Ich zahlte und steuerte langsam auf Daun zu. Ich überlegte, wer mir dazu etwas erzählen könnte, und dachte an den Oberstudienrat Detlev Fiedler. Ich wusste, er wohnte in Pützborn am so genannten Dollarhügel, wo sich Leute mit Geld ihre Häuser bauten und einen besonders schönen Blick auf die Eifel hatten. Als ich tankte, erhielt ich die Auskunft, wo Fiedlers Heim genau lag.
    Ich stieg aus dem Wagen, ging die paar Stufen zur Haustür der Fiedlers hoch und klingelte. Vielleicht hatte ich Glück, vielleicht war er da, vielleicht wusste er Neues.
    Die Frau, die mir öffnete, war schlank, wirkte elegant und leise. Sie trug eine Pagenfrisur, ihr Haar war dunkelbraun, ihr Gesicht wirkte blass und ein wenig verhärmt, die Augen waren umschattet und nichts sagend dunkel. Sie war unsicher. »Ja, bitte?«
    »Mein Name ist Baumeister, ich möchte Ihren Mann wegen der Sache mit Natalie Colin sprechen. Wir kennen uns schon.«
    »Ja«, murmelte sie tonlos. »Er ist in seinem Arbeitszimmer.« Sie wusste nicht, was sie mit mir anfangen sollte.
    »Ich kann hier warten«, sagte ich hastig.
    »O nein, kommen Sie doch herein. Diese Natalie hat alles durcheinander gebracht, nichts ist mehr normal.« Sie lächelte schmal und verschwand in die Tiefen des Hauses.
    Ich erreichte das Wohnzimmer. Es war groß, ganz mit rötlichen Toskana-Fliesen belegt und beherbergte, außer einer Unzahl von Bücherregalen, zwei Sitzecken, die eine bunt, die andere in schwarzem Leder. Überall standen Blumen, das Haus war geradezu unheimlich still.
    Fiedler kam von irgendwoher hereingesegelt und lächelte sein ewiges Lächeln. »Entschuldigung, ich habe gleich einen Interviewtermin

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