Eifel-Ralley
Born.
»Du lieber Himmel«, sagte ich wütend. »Das kann doch keine ernsthafte Frage sein. Andreas von Schöntann hat Harro Simoneit zu einem Gespräch ins Dorint am Nürburgring gebeten, und Minuten später war Simoneit tot. Harro hatte diesen Vertrag in seinem Auto.«
»Und was soll das mit dem Interview?«
Ich lachte, und ich mußte mich dabei nicht einmal verstellen. »Ich bin von Beruf Journalist. Und ganz egal, was die Zukunft bringen wird: Sie und Frau Born werden in allen Zeitungen sein, in allen Illustrierten, in allen Fernsehsendern. Sie haben anscheinend ein Abonnement auf komische Fragen. Ich will Sie nach Ihrem Verhältnis zu Frau Born befragen, sonst nichts. Und ich will für den Vertrag 200.000. Cash.«
Wir hatten lange darüber diskutiert, wieviel ich verlangen sollte. Schließlich hatte Emma sich durchgesetzt: »100.000 sind zu wenig. 200.000 sind gerade richtig. Glaubt mir, Leute, ich verstehe was von der Welt der Reichen.«
»Wann?« Keine Erregung, nichts erkennbar Überhastetes, nur kühle Gelassenheit.
»Jetzt«, sagte ich.
»Das geht schon gar nicht«, erwiderte er heftig. »Ihr Haus ist doch nicht sauber.«
»Reden Sie von meiner Putzfrau? Ach, nein. Sie meinen Aufzeichnungsgeräte und versteckte Kameras und sowas.«
»Unter anderem. Aber ich rede auch von Bullen und ähnlichem.«
»Keine Sorge«, sagte ich. »Wenn Sie aus dem Fenster schauen, sehen Sie mich und mein Auto. Ich bin mutterseelenallein, und es weiß auch niemand, daß ich hier bin. Was ich hier will, weiß erst recht niemand. Also können Sie Ihre kostbare Figur ruhig hier hinunter transportieren, zu mir ins Auto steigen. Das können Sie natürlich auch sein lassen, wenn Sie zuviel Angst haben. Sie können draußen stehen, und ich bleibe drinnen sitzen. Ist das recht so?«
»200.000?« fragte er.
»Richtig.« Ich sah, wie sich an einem der drei Fenster die Gardine bewegte. Langsam stieg ich aus dem Wagen und starrte hoch.
»Das Auto ist sauber?«
»Du lieber Gott. Um sicher zu gehen, müßte ich nachgucken. Vielleicht hockt ein Zwergbulle im Handschuhfach. Kommen Sie, Eggenrot, machen Sie sich nicht lächerlich. Sie geben mir Bares, ich gebe Ihnen den Vertrag. Sie beantworten mir ein paar Minuten Fragen. Das war es dann schon.«
Wieder bewegte sich eine Gardine. Diesmal an einem anderen Fenster.
»Also gut. Ich komme runter. Aber bleiben Sie außerhalb Ihres Autos. Sind Sie bewaffnet?«
»Ich besitze keine Waffe.«
»Ich habe nicht gefragt, ob Sie eine Waffe besitzen, ich habe gefragt, ob Sie bewaffnet sind.«
»Nein, bin ich nicht. Ich ziehe die Lederweste aus und lege sie auf die Motorhaube.«
Ich tat das. »So, Sie können kommen.«
Aber er hatte die Verbindung schon unterbrochen.
Ich lehnte mich gegen den vorderen linken Radkasten. Ich konnte Rodenstock und Emma sehen. Ich bewegte den rechten Arm und zeigte drei Finger. Das hieß: Eggenrot kommt. Ihre Körper, die ich nur als Schattenriß sah, verschwanden augenblicklich. Sie würden einen Niedergang zum Keller benutzen, der auf der anderen Seite des Gebäudes lag.
Es dauerte ungefähr vier Minuten, dann trat er aus der Haustür. Er sah sich nicht um, sondern kam strikt auf mich zu. »Ich bin Eggenrot.«
Er ging einmal rund um meinen Wagen. Dann setzte er sich hinter das Steuer. »Setzen Sie sich«, sagte er. Er hatte merkwürdig schmale Augen, sie waren grünlich.
Ich nahm auf dem Nebensitz Platz.
»Wo ist der Vertrag?« fragte er.
»Hier.« Ich reichte ihm einen Umschlag.
Er nahm den Vertrag heraus und las, besonders lange hielt er sich mit der Unterschrift von Andreas von Schöntann auf.
»Okay. Ist in Ordnung. Hier ist Ihr Geld.«
»Werfen Sie es auf den Rücksitz«, sagte ich.
Er sah mich neugierig an, warf es aber dann auf den Rücksitz. »Sie sollten es zählen.«
Ich erwiderte seinen Blick. »Sie werden mich bei so läppischen Beträgen nicht übers Ohr hauen, Herr Eggenrot.« Ich nahm einen Notizblock und einen Kugelschreiber. »Wie lange kennen Sie Jessica Born schon?«
»Eine Ewigkeit«, sagte er und starrte durch die Windschutzscheibe.
»Sie kannten sie schon, als sie ihre ersten Gehversuche machte?«
»Selbstverständlich. Sie hatte eine ... wie sagt man? ... eine freudlose Kindheit.«
»Ja, ich hörte davon. Wie kommt es eigentlich, daß man Sie als Unterweltkönig bezeichnet?«
»Ich bin ein Zuhälter«, sagte er trocken. »Sie müssen mir keinen Zucker in den Arsch blasen. Unterweltkönig ist ein dämlicher Begriff. Wir
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