Eifel-Ralley
sind Kaufleute, Manager, wir machen unser Geld auf einem bestimmten Sektor. Dieser Sektor ist ein Tabu, weil jede Hausfrau für sich in Anspruch nimmt, moralisch höher zu stehen als eine Hure. Das nenne ich Arroganz. Aber es sollte nicht um mich gehen, sondern um Jessica.«
»Richtig. Wenn ich die Sache richtig begreife, dann ist sie eine Freundin von Ihnen?«
»Das ist sie mehr als jede andere Frau. Aber, ich betone das, wir haben nichts miteinander. Wir schlafen nicht miteinander, ich glaube, wir würden das auch nicht tun, wenn wir die einzigen Menschen auf diesem Planeten wären. Wir waren nie das, was Ihre Branche ein Liebespaar nennt.«
»Sie haben Jessica gemanagt?«
»Richtig«, nickte er. »In einer Männerwelt braucht sie ab und zu einen Rat. Den hat sie bekommen, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Entschieden hat sie aber stets selbst.«
»Würden Sie zustimmen, daß Sie der Mann sind, der Andreas von Schöntann am besten kennt?«
Er drehte den Kopf und lachte. »Hervorragende Frage, ehrliche Antwort: Natürlich!«
»Nächste Frage: Sie wußten also, daß sich von Schöntann sofort von Jessica trennen würde, wenn irgend etwas schief läuft?«
»Das habe ich erwartet. Jessicas Job ist ein Schleudersitz. Sie selbst hat auch nichts anderes erwartet.«
»Sie sind wahrscheinlich einer der bestinformierten Männer in diesem Chaos. Haben Sie eine Idee, wer Harro Simoneit, Irmchen und Jonny ermordet hat?«
Er klopfte mit dem rechten Zeigefinger auf das Lenkrad und wiegte den Kopf hin und her. »Sagen wir mal so: Ich ahne etwas, aber ich werde diese Ahnung auf keinen Fall in Worte fassen. Ich habe darauf zu achten, daß die Interessen meiner Freundin Jessica gewahrt bleiben und daß sie sofort aus diesem für sie ungesunden Umfeld verschwindet.«
»Ich kann beweisen, daß Jessica schwarze Gelder gesammelt hat.«
Nach meiner Berechnung mußten Rodenstock und Emma Jessica schon haben, sie mußten jetzt auf dem Rückweg im Treppenhaus sein.
Er drehte wieder den Kopf zu mir. »Ihr Zeitungsfritzen seid doch alle gleich. Niemand wird abstreiten, daß Jessica zur Errichtung neuer Firmen, die von Luxemburg aus gesteuert werden sollten, Geld gesammelt hat. Aber daß sie zu jemandem gesagt hat: Heh, rück mal dein Schwarzgeld raus!, ist wohl kaum vorgekommen.«
Ich dachte darüber nach und begriff, daß hier jeder Staatsanwalt vor einem riesigen Problem stehen würde, denn so oder auch nur so ähnlich würde Jessica Born das tatsächlich niemals formuliert haben.
»Werden Sie der Mordkommission eigentlich zur Verfügung stehen, wenn die Sie zu den Morden hören will?«
»Selbstverständlich. Nur: Warum sollte eine Mordkommission das tun?«
»Ganz einfach: Weil Sie ein Mordmotiv haben. Beziehungsweise Ihre Freundin Jessica Born.«
Er sah mich amüsiert an. »Das müssen Sie mir erklären.«
»Gern.« Ich dachte: Phantastisch, du Armleuchter, du gibst ihnen Zeit genug, deine Freundin abzuräumen! »Sehen Sie, Harro Simoneit war ein unbequemer Geist. Es gefiel ihm nicht, daß ein Autohersteller rund 270.000 Wagen mit bestimmten Motoren nicht zurückrufen läßt, weil ein Motorteil vorzeitig und unberechenbar den Geist aufgibt. Das Ganze wird nicht eine Rückrufaktion genannt, sondern sinnigerweise eine Feldpflegemaßnahme – was immer das ausdrücken soll. Simoneit recherchiert und bittet den Konzernchef um ein Interview. Dann entdeckt er etwas Merkwürdiges: Ausgerechnet im Namen dieses Konzernchefs werden Schwarzgelder gesammelt, die nach Luxemburg auf bestimmte Konten verfrachtet werden, um neue Firmen im Bereich des Motorsports aufbauen zu können. Versprochen werden mindestens einhundert Prozent Gewinn nach einem Jahr. Es geht um viele Millionen. Simoneit entdeckt weiterhin: Jessica Born, ihres Zeichens Assistentin des Automanagers, ist die eifrigste Akquisiteurin solcher Gelder, Irmchen, eine Hure und Betreiberin einer Privatkneipe, ist Kurier, und ihr Möchtegern-Zuhälter, ein Mann namens Jonny, weiß von allem. Plötzlich sind Harro Simoneit, Irmchen und Jonny tot. Ermordet mit einem Gift: Zyankali aus der Spraydose. Wer kann Interesse am Tod der drei haben? Nun, zunächst der, der das alles einfädelte – Andreas von Schöntann. Dann die, die die treibende Kraft bei von Schöntann war, Jessica Born. Dann der, der auf ewig seine schützende Hand über Jessica Born halten will. Sie. Wir haben also drei potentielle Mörder. Der Wahrscheinlichste, das müssen Sie zugeben, heißt Timo Eggenrot.«
Er
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