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Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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sagte Manfred von Hülsdonk heiser. »Ich will Annette sehen!«
    »Das geht nicht«, widersprach Kischkewitz entschieden.
    »Ich ... sie ist meine Tochter«, beharrte der Mann.
    »Das geht trotzdem nicht«, wiederholte Kischkewitz. »Das müssen Sie verstehen. Es ist ein Tatort. Sie müssen in gehöriger Entfernung bleiben. Sie können sie sehen, wenn wir mit der Untersuchung fertig sind.«
    Der Mann stand da und strich sich über die Stirn, als verweigere sein Gehirn die Realität. »Was ist denn passiert?«
    »Auf sie wurde geschossen«, sagte Kischkewitz.
    »Ich war nicht hier«, stammelte Manfred von Hülsdonk. »Ich war nicht hier, ich war in Düsseldorf. Wenn ich hier gewesen wäre ...«
    »Das hätte nichts geändert.« Kischkewitz' Stimme war sanft, aber eindringlich. Er machte ein paar Schritte auf Annettes Vater zu, fasste ihn am Arm und drehte ihn herum. »Sie müssen jetzt... Doc, komm mal her.«
    Ein hagerer Mann löste sich aus der Gruppe, die die Leiche umstand, und trat zu Kischkewitz.
    »Bernard, mein Koffer«, verlangte der Doc. »Haben Sie irgendwelche Kreislaufschwierigkeiten oder Herzprobleme?«
    »Wie bitte?« Annettes Vater starrte den Doc verwirrt an.
    »Sind Sie gesund oder haben Sie gesundheitliche Probleme?«
    »Ich bin gesund.«
    »Na gut. Dann setzen Sie sich mal auf den Grasflecken da.« Der Arzt wirkte kühl, er wollte ein Problem aus der Welt schaffen. »Ziehen Sie das Jackett aus, ich brauche Ihren rechten Arm.«
    »Ja«, murmelte von Hülsdonk verwirrt. »Sie war nicht mehr zu retten?«
    »Leider nein«, sagte der Doc und kramte in seiner Tasche.
    »Hat sie, ich meine, hat sie ...«
    »Sie hat nicht gelitten«, gab Kischkewitz Auskunft. »Wenn Sie das meinen.«
    »Ich fahre mal, ich muss noch nach Monschau«, sagte Rodenstock. Er wandte sich an mich. »Wir sehen uns.«
    »Ja, gut«, sagte ich. »Ich fahre jetzt heim. Wilma, du solltest mit Kischkewitz abklären, was zu tun ist.«
    »Na klar«, murmelte Wilma, »na klar.« Aber sie war nicht bei der Sache. »Also, ich glaube nicht an die Windräder als Motiv.« Sie meinte mich gar nicht, sie sprach mit sich selbst.
    Darauf hatte ich keine Antwort. Ich ging zu meinem Auto und fuhr los. Plötzlich war ich todmüde und hatte nur noch den Wunsch, mich hinzulegen und einzuschlafen.
    Es muss gegen sieben Uhr abends gewesen sein, als ich auf meinen Hof rollte und zufrieden feststellte, dass meine kleine Welt noch in Ordnung war. Meine drei Kater standen vor der Haustür und miauten um die Wette, drückten sich an meine Beine und taten so, als seien sie kurz davor zu verhungern.
    Ich legte eine CD des Jazzgeigers Stephane Grapelli auf und ließ es ordentlich dröhnen. Wahrscheinlich habe ich gedacht, ich müsse etwas gegen die Bedrückung tun, die sich in mir breit gemacht hatte.
    Auf das Tonband des Telefons hatten vier verschiedene Redakteure gesprochen, die anfragten, ob ich etwas über den Tod des Bundestagsabgeordneten Jakob Driesch machen könnte. Ich rief sie der Reihe nach zurück und sagte zu, dass ich am nächsten Tag einen Text schreiben würde.
    Sonja Rheinheimer, meine Steuerberaterin aus Loogh, bemerkte auf dem Anrufbeantworter mit berechtigter Ungeduld: »Sie sollten bei mir vorbeikommen, dem Finanzamt fehlen immer noch gewisse Angaben. Und wenn die böse werden, wird das richtig teuer!« Jemand von der Firma Minninger erklärte, das Heizöl koste zurzeit soundso viel. Emma teilte mit, sie mache sich doch noch heute auf den Weg. Die nächste Aufnahme stammte wieder von Emma, die nun mitteilte, sie führe nach Absprache mit Rodenstock erst einmal in ihre Wohnung an der Mosel. Und noch einmal Emma mit dem spitzen Satz: »Ihr zwei seid wirklich wie Kinder ohne Hirn.« Zuletzt meine Bank mit dem Hinweis, mein Konto sei in beträchtliche Bodenlosigkeit gesunken.
    Alles in allem fand ich also nichts Besonderes vor, entschied mich gegen jede Form von Arbeit und hockte mich oberhalb des Teiches an die Mauer im Garten. Dann geschah die Sache mit dem Wildentenpaar.
    Die beiden waren den ganzen Sommer über frühmorgens und gegen Abend auf meinen Teich geflogen, hatten sich quakend wohl gefühlt und waren in der Regel eine Stunde geblieben. Sie hatten an den Algen gezupft, ein paar Blätter der Wasserpflanzen angefressen und waren dann, Schnabel im Gefieder, eingeschlafen, um sich endlich, mit kraftstrotzendem Start flach über die Mauer hinweg, wieder auf den Weg zu machen.
    Ich stellte mir das sehr menschlich vor: Unten am Bach hatten

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