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Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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sie ihre Jungen, warteten vermutlich, bis die schliefen, hatten ihnen vorher eingebläut: Seid ruhig, sonst kommt der böse Mäusebussard! Und kamen dann, um ihr Eheleben zu pflegen, zu Baumeisters Teich. Sie hatten tatsächlich vier Junge, so viel hatte ich herausfinden können.
    Meine drei Kater hatten bisher nicht auf die Besuche des Vogelpaars reagiert. Hin und wieder ein schräger Blick, aber kein Angriff. An diesem Abend aber wollten sie es wissen.
    Der Erpel umschwamm sein Weibchen, war äußerst liebevoll und wahrscheinlich besagte sein beständiges Schnattern: »Du siehst heute Abend wieder entzückend aus, meine Liebe!« Wahrscheinlich antwortete sie: »Du bist so fürsorglich, tatsächlich fühle ich mich scheußlich, weil meine Federn so flach liegen!« oder so was in der Art.
    Derweil formierten sich meine drei Kater Satchmo, Willi und Paul. Sie bildeten das klassische Dreieck. Satchmo hatte die Aufgabe, frontal anzugreifen, Willi deckte die linke Flanke, Paul die rechte. Ich nahm an, dass Paul als der Schnellste und Hinterlistigste den direkten Schlag führen sollte. Satchmo und Willi waren ablenkende Dekoration.
    Natürlich geriet ich als normaler Mitteleuropäer in eine nervenzerfetzende Krise. Sollte ich die Katzen verfluchen und verscheuchen? Oder sollte ich ihnen die Chance lassen zu gewinnen? Sollte ich die Enten verscheuchen, um sie zu retten? Baby-Enten ohne Eltern? Das klang sehr grausam, unerträglich.
    Aber meine Katzen waren geborene Raufbolde und Jäger. Und irgendwie gehörten sie zur Familie und irgendwie musste ich mich solidarisch zeigen. Und wann immer ein Mensch maßgeblich in tierisches Schicksal eingreift, bekommt er eine Lektion erteilt.
    Meine Katzen und das Wildentenpaar hätten sich wahrscheinlich totgelacht, wenn sie meine Gedanken hätten lesen können.
    Die strategische Mitte namens Satchmo krallte also die Läufe in meinen Rasen, wackelte mit dem Arsch, um den notwendigen Halt zu gewinnen, und schoss dann raketengleich nach vorn. Der Angriff galt dem Erpel, der seine Frau abdeckte. Mit einer einzigen Bewegung seiner Ruderfüße glitt der Erpel aus der Flugbahn meines Jungkaters. Satchmo schoss mit einer geradezu irren Geschwindigkeit über den Teichrand hinaus und landete neben Frau Wildente im Wasser. Die Dame drehte gelangweilt ab, machte zwei- oder dreimal »Quak, quak«, während sich mein Kater verzweifelt bemühte, festen Boden unter die Füße zu kriegen. Etwas war schiefgegangen, er hatte das Wasser vergessen. Endlich erreichte er Boden, aber hier war schlammige Moorerde und Satchmo sackte ein und quiekte erbärmlich.
    Inzwischen hatte sich Willi raffinierterweise auf die Moorerde am Rand getraut und war nur noch etwa dreißig Zentimeter von dem Erpel entfernt. Der blieb vollkommen gelassen, machte sogar ein freudig erregtes »Quak, quak« nach dem Motto: Ich heiße Detlev und wie heißt du? Dann aber glitt der Entenmann zur Seite und machte seiner Frau Platz, die mit majestätischer Ruhe heranschwamm und auf die Moorerde watschelte. Auch sie machte »Quak, quak«, aber durchaus nicht friedfertig. Sie tat einen plötzlichen Hupfer zur Seite und landete auf dem Rücken des wackeren Willi. Der duckte sich, so tief er konnte, und rutschte ab. Die Entendame hackte auf sein Genick ein und Willi begann augenblicklich wie ein Menschenbaby zu schreien. Ich war empört. Was bildeten sich diese gottserbärmlichen Enten eigentlich ein, diese miesen, watschelnden Weihnachtsbraten?
    Willi entkam, indem er sich so flach wie möglich in den Modder drückte. Jetzt herrschte Krieg.
    Satchmo war nun auf rettendes Gelände geraten, aber Willi steckte noch immer im Schlamm. Das Entenpaar schwamm derweil dermaßen arrogant vor meiner Mannschaft herum, dass einem elend werden konnte.
    Paul, du musst uns retten!
    Paul befand sich immer noch auf der rechten Flügelposition und verfiel auf einen einleuchtenden Trick. Da gab es einen Königsfarn, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft die Erde relativ fest war. Und das Wasser unter dem Kiel der Enten war nur einen Hauch weit entfernt. Paul, da war ich ganz sicher, würde nicht den Fehler machen, ins Wasser zu gehen oder sich auf Moorerde zu verlassen. Und ich behielt Recht. Paul tat das einzig Vernünftige: Er blieb stur und bewegungslos hinter dem Farn hocken.
    Willi eilte ihm zu Hilfe. Moorerde hin, Moorerde her, Willi griff an. Tatsächlich kam er auf Prankenlänge an den Erpel heran, richtete sich hoch auf und ließ sich nach vorn fallen.

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