Eifel-Sturm
Schimmer im Osten war kitschig rosa. Ich hatte keine Pfeife und keinen Tabak eingesteckt, ich pumpte mir eine Zigarette von einem Feuerwehrmann, der gerade eine Pause machte.
»Das Haus ist hinüber«, erklärte er ruhig. »Die Decken müssen raus, du musst das ganze Ding entkernen. Du musst dir eine Wohnung suchen. Das dauert bestimmt ein Jahr, bis das wieder steht. Sei froh, dass du nicht geschlafen hast. Da wärst du kaum rausgekommen.«
»Ja«, nickte ich.
Ein junger Feuerwehrmann trat zu uns: »Siggi, da vorne sind die Bullen. Die wollen mit dir reden.«
Sie saßen in grellgelben Schutzanzügen im hinteren Bereich eines Löschfahrzeuges. Der Mann, der mich verhörte, war jung. Er sah mich an und sprach zu mir, als wäre ich ein verwirrter Insasse eines Altenheims. »Erzählen Sie mir doch mal, wie das war.«
»Ich habe es nicht angezündet«, murmelte ich.
Es dauerte eine halbe Stunde, ich wusste nicht viel zu erzählen. Der Polizist schrieb eifrig mit und entließ mich dann. »Wir kommen wieder auf Sie zu.«
Es war mir von Herzen scheißegal.
Ich schaute auf die Szenerie, als sei sie mir fremd, nicht ein Teil von mir. Die Löschfahrzeuge, der Kran, die erschöpften Feuerwehrleute, das immer noch brennende Haus, die kreisenden Blaulichter, die vielen Zuschauer. Ich dachte flüchtig, dass ich jetzt gern Blues hören würde, am besten eine Klarinette im Sound des Mr. Ackerbilk. Es war die Zeit, zu der meine Katzen auf die Jagd gingen. Katzen? Wo waren die Katzen?
Ich drückte mich an ein paar Feuerwehrmännern vorbei in meinen Garten. Hinter dem Haus beobachtete ich Männer, die Schläuche, auf Andreas Dach gerichtet, hielten, andere kühlten die Flüssiggastanks. Ich stellte mir vor, wie es gewesen wäre, wenn die beiden Tanks der Nachbarn hochgegangen wären. Tote, Verletzte, zerstörte Häuserzeilen – eine schlimme Vorstellung.
Mein Teich lag unberührt im Morgenlicht wie eine Insel, der Menschen nichts anhaben können. Eine rote Teichrose war aufgegangen, die erste, seit es den Teich gab. Die Fische zogen ungerührt ihre Bahnen. Zwischen meinem zerstörten Haus und diesem Idyll lagen nicht mehr als fünfzehn Meter.
Die Katzen hatten sich für einen sicheren Beobachtungsposten entschieden. Sie hockten nebeneinander unter der Buschbirke und blickten über das Wasser hinweg auf das Haus. Sie wirkten nicht sonderlich angespannt, blinzelten und warteten wahrscheinlich darauf, dass alle diese blöden fremden Leute endlich verschwanden, damit sie durch den Keller ins Haus schleichen konnten, um zu ihren Fressnäpfen zu gelangen.
»Macht euch keine Sorgen«, sagte ich. »Ich bin ja noch da.«
Da kamen sie und rieben sich maunzend an meinen Beinen, um schnell wieder unter der Birke zu verschwinden.
Ein Teil der Zuschauer hatte sich verzogen, die ersten Löschzüge rückten nun ab, der Tag war gekommen. Vom Dachstuhl waren nur noch verkohlte Reste übrig geblieben, die Stockwerke darunter hatten tropische Regengüsse verheert.
Andrea sagte milde: »Du haust dich jetzt erst mal auf unser Sofa und vergisst diesen Mist für ein paar Stunden.«
Ich antwortete: »Mir kam eben die Idee, das Wohnzimmer um das Doppelte zu vergrößern und das Schlafzimmer oben einzurichten.«
»Aha!«, nickte sie und lachte.
Ich betrat mein Haus. Es stank entsetzlich, von den Decken regnete es noch immer, alles stand im Wasser. In meinem Arbeitszimmer im ersten Stock schwammen etwa hundertdreißig Pfeifen im Löschwasser, meine Sammlung von John le Carre war ein Sumpf, die Sammlung aller Maigrets konnte ich ebenfalls abschreiben. Endlich heulte ich ein wenig und suchte nach einem Papiertaschentuch, fand keines.
Plötzlich realisierte ich, dass das ganze Haus schon wieder voller Leute war, die pausenlos irgendetwas herausschleppten und dabei unverschämt gute Laune hatten. Eine Frau bemerkte spitz: »Nee, nee, wie kann man nur so viel Bücher haben.«
Emma bahnte sich ihren Weg die Treppe hinauf.
Tränen liefen über ihr Gesicht und atemlos sagte sie: »Es ist so, als wäre dies mein Haus.«
»Na ja, irgendwie war es das ja auch«, antwortete ich und nahm sie in den Arm.
Rodenstock stolperte hinter ihr her. »Scheiße ist das!«, polterte er. »Wie ist denn das passiert?«
»Sie reden von Überhitzung am Firstbalken und von Kurzschluss. Die Götter sind gegen mich, das ist nicht mein Jahr.«
Rodenstock sah mich an. »Dann bauen wir es eben wieder auf. Aufbauen macht Spaß.«
»Ihr seid ekelhaft positiv«, stellte ich
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