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Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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jagt ihn, bis er ihn erschießen kann.«
    »Aber wie soll dieser Junge nach Monschau gekommen sein?«, fragte ich und schloss sofort an: »Wie alt ist er überhaupt?«
    »Er ist achtundzwanzig«, gab Kischkewitz Auskunft. »Er hat einen Führerschein und besitzt einen kleinen Opel und ein Motorrad.«
    »Wie bist du denn mit deinen Leuten hierher gekommen? Hat dich jemand geholt?«
    Kischkewitz schüttelte den Kopf. »Ich wollte ihn wegen Annette verhören. Zu Hause war er nicht, sein Vater sagte, er sei wahrscheinlich hier. Hätte er gewartet, bis er uns in Kimme und Korn hatte, wären zwei von uns schon tot gewesen, ehe wir überhaupt geschnallt hätten, was hier läuft. Er hat einen Warnschuss abgegeben. Als wir nicht sofort reagierten, hat er einen meiner Männer am Oberschenkel getroffen.«
    »Warum holt ihr nicht den Vater?«, fragte ich.
    »Unmöglich«, sagte Rodenstock langsam. »Ganz unmöglich. Der Mann würde wahrscheinlich durchdrehen und auf das Haus zulaufen. Und sein Sohn würde möglicherweise schießen. Sicher sogar, denn er glaubt, dass sein Leben jetzt sinnlos ist. Annette, seine Annette ist tot.«
    »Und wenn er sich selbst tötet?«
    Kischkewitz ließ ein Stöhnen hören. »Genau das macht uns Sorgen. Er wird versuchen, ein paar von uns zu erwischen, um sich dann selbst zu richten.«
    »Das befürchte ich auch«, nickte Rodenstock. »Selbst wenn wir gleichzeitig von allen vier Seiten kommen, wird Bastian Unheil anrichten, genug Unheil für zwei oder drei von uns.«
    »Ganz allein gegen die Welt«, murmelte ich.
    Kischkewitz hielt ein Walkie-Talkie vor den Mund und sagte: »Ganz ruhig, Leute. Und wenn jemand eine Idee hat, dann her damit.«
    Niemand antwortete.
    »Hat der Vater die Waffen erwähnt?«
    »Nein. Wir haben nur wenige Minuten mit ihm gesprochen. Wir wussten da ja noch nicht, dass sich der Junge verbarrikadiert.« Kischkewitz zündete sich einen langen, dünnen Zigarillo an und erzählte weiter: »Bastian war zwei Jahre in psychiatrischer Behandlung, damals nach dem schweren Unfall. Er musste über die Behinderung hinwegkommen, wieder sprechen lernen, mit den Lähmungserscheinungen fertig werden. Er wurde im Laufe der Jahre zum Einzelgänger, manchmal ist er aggressiv, er benimmt sich wie ein Angstbeißer. Nur Annette kam an ihn heran.«
    Aus dem Walkie-Talkie tönte plötzlich plärrend die Stimme einer Frau. Sie sagte: »Die einfachste Möglichkeit ist die Bundeswehr.«
    »Wie bitte?«, fragte ein Mann – ebenfalls über Funk – verblüfft.
    Die Frau lachte trocken. »Wir setzen uns in einen Panzer und walzen die Hütte platt.« Pause. »Nein, nein, so brutal meine ich das nicht. Aber wir könnten dann am Haus in jeden toten Winkel kommen. Und ich denke, wir sollten anfangen, mit ihm zu reden, sonst schaukelt sich sein Erregungszustand immer weiter hoch. Wir sind jetzt fast zweieinhalb Stunden hier.«
    »Gar nicht dumm«, sagte Kischkewitz. »Aber meiner Erfahrung nach würde ein solcher Einsatz viel zu lange dauern, weil niemand die Entscheidung treffen will, uns zu helfen. Die Bundeswehr ist schließlich auch ein Opfer der Bürokratie. Das können wir uns abschminken.«
    »Wer immer die Frau ist, sie hat Recht. Ihr müsst mit ihm reden«, sagte ich.
    Die Frau lachte wieder und Kischkewitz stellte sie vor: »Vera Kaufmann, Mitglied der Sonderkommission, abgestellt vom LKA Mainz, 31 Jahre alt, ledig. Ein wendiges Mädchen.«
    »Wir müssen reden«, nickte nun auch Rodenstock. »Wir müssen versuchen, ihn zu retten.«
    »Gibt es einen Gleichaltrigen im Dorf, der einen guten Kontakt zu ihm hat?«, fragte ich.
    »Wissen wir nicht«, antwortete Kischkewitz. »Selbst wenn es einen gibt, können wir es nicht riskieren, den über diese endlos freie Fläche zum Haus laufen zu lassen.«
    »Was ist mit einem Hubschrauber, Chef?«, fragte jemand. »Der kann senkrecht von oben kommen.«
    »Ein Wahnsinnsaufwand.« Kischkewitz war nervös. »Dann schiebt Bastian ein paar Dachpfannen beiseite und feuert in den Tank. Nein, Leute, unmöglich.«
    »Wir haben nicht mehr viel Zeit«, überlegte Rodenstock. »Wenn das Dorf erfährt, was hier gespielt wird, bekommen wir Zuschauer. Dann schaukelt sich die Situation hoch und kann sehr schnell außer Kontrolle geraten.«
    »Ich gehe zu ihm«, sagte ich.
    Kischkewitz wurde augenblicklich wütend. »Das hat uns gerade noch gefehlt. Hier ist alles voller Kriminalisten und du als Außenstehender willst freiwillig in seine Schusslinie laufen. Geht nicht,

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