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Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Ich sage ihnen Bescheid, dass du kommst, wir haben alles abgesperrt.«
    »Sie hat heute Nacht gesagt, sie wolle sich besaufen.«
    »Das hat sie. Aber das allein kann nicht der Grund sein, dass sie 65 Kilometer von ihrem Haus entfernt am frühen Morgen in ein Moor gestolpert ist. Wann hast du mit ihr telefoniert?«
    »Das muss gegen zwei Uhr gewesen sein. Ich kam von Tenhoven.«
    »Ich habe davon gehört. Großes Lob. Komm jetzt, wir müssen jedes Hirn einspannen, der Fall wird mir langsam unheimlich.«
    Ein paar Minuten später startete ich, die Eifel lag immer noch unter einer heißen Sonne und niemand hatte Kühlung versprochen.
    Im Grunde wirkte das alles viel zu trivial, um Realität zu sein. Rodenstock hatte prophezeit: »Möglicherweise ist Wilma Bruns die Dritte.« Nun war sie die Dritte. Wo war der Beamte geblieben, der sie hatte beschützen sollen? Wie war sie nach Mützenich in die traumhaft schöne Moorland schaff geraten?
    Es war nicht schwer, den Ort zu finden, denn die belgische Polizei hatte die Straße abgesperrt und ließ niemanden durch. Ich sagte, wer ich sei, berief mich auf Rodenstock und durfte weiterfahren. Ich parkte den Wagen, querte die Straße und war auf dem Pfad, der zu einer hölzernen Aussichtsplattform für Wanderer führt. Tafeln erklären, wie dieses Moor entstanden, dass es abgrundtief und lebensgefährlich ist. Der Pfad ist nur durch senkrecht stehende und quer gelegte dünne Fichtenstämme, die als Geländer dienen sollen, gesichert. Er führt um das erste Loch herum, das vielleicht einen Durchmesser von dreihundert Metern hat. Hier blühen im Frühling millionenfach gelbe Narzissen, ein unglaublicher Anblick, eine richtige Detonation in Gelb. Später im Jahr überzieht ein weißer Schimmer das Land, das Wollgras breitet sich aus. Wer sich die Mühe macht und sich bückt, sieht den Sonnentau, das winzige Fleisch fressende Ungeheuer. Ich starrte auf die Wasserfläche, die absolut ungefährlich, ja harmlos wirkte, und erinnerte mich an eine alte Frau, die einmal neben mir gestanden hatte, als gerade die Narzissen das Land erobert hatten. Die Frau hatte geweint und gesagt: »Das hat der Herrgott schön eingerichtet.«
    Jetzt war Wilma Bruns gekommen, um hier zu sterben.
    Ich entdeckte zweihundert Meter weiter Rodenstock und Emma, die mit anderen Männern zusammenstanden. Sie winkten. Ich ging langsam auf sie zu und stopfte mir dabei eine Pfeife. Wilma musste auch hier entlang gegangen sein, denn hier konnte kein Auto fahren. Hatte Nebel über dem Wasser gelegen, war sie unglücklich gewesen? Wollte sie sterben?
    »Sie ist bis hierher gekommen«, sagte Emma. »Guten Morgen, Baumeister. Hier ist sie unter dem Geländer her gekrabbelt und dann einfach geradeaus gegangen. Sie ist maximal fünf Meter weit gekommen.«
    »Wieso hat man sie gefunden? Ich denke, das Moor verschluckt alles.«
    »Das ist richtig«, meinte Rodenstock. »Aber ihr rechter Schuh hatte sich an einer kleinen Weide festgehakt. Siehst du sie dort? Heute Morgen gegen acht Uhr ist ein Wildhüter hier entlang gekommen, Routinegang. Der hat ihren Schuh entdeckt.«
    »Wo ist sie jetzt?«
    »Auf der Straße weiter unten steht der Laborwagen. Die belgischen Kollegen helfen uns. Sie machen jetzt erste Blut- und Flüssigkeitsuntersuchungen, die ganze Latte der ersten Routine. Wir brauchen schnelle Erkenntnisse. Wir müssen wissen, ob wir Selbstmord ausschließen können, obwohl alles danach aussieht.« Rodenstock paffte eine seiner gewaltigen Zigarren. Das war am hellen Tag und vor dem Mittagessen ungewöhnlich.
    »Keine weiteren Spuren? Ich meine, hat sie jemand begleitet?«
    »Wir wissen es noch nicht genau«, sagte Emma. »Die Spurenleute müssen Wilmas Spuren mit vielen anderen vergleichen. Dieser Pfad ist immer sehr feucht. Was meinst du, Baumeister, wurde sie umgebracht?«
    »Ja, ich glaube schon«, sagte ich. »Wahrscheinlich habe ich heute Nacht Wilma ganz ungewollt auf etwas aufmerksam gemacht, dessen Bedeutung sie erst begriff, als wir unser Gespräch beendet hatten. Und jetzt können wir sie nicht mehr fragen. Rodenstock, was ist deine Meinung?«
    »Ich glaube auch, dass sie getötet wurde. Erzähl mal, was letzte Nacht los war!«
    Ich versuchte, mich so kurz wie möglich zu fassen. »Da wird eine Windkraftanlage in Hollerath geplant. Solche Anlagen werden mit beträchtlichen Mitteln von der Europäischen Union, dem Bund und den Ländern gefördert. Diese Gelder fließen jedoch erst, wenn die ersten Planungen

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