Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
allerdings nur bis zu den großen Waldungen des Naturparks in Höfen. Dann meldete sich jemand in der Freisprechleitung.
    Scheppernd sagte eine Frauenstimme: »Hier ist die Mutter von Wilma Bruns. Und Ihr Name steht bei mir unter k. m. r. Hätten Sie wohl einen Augenblick Zeit?« »Das habe ich.« Ich hörte einen schweren Nachhall in dem kleinen Lautsprecher, dann war die Stimme verschwunden, tauchte zerhackt mit unverständlichen Wortbrocken wieder auf, verschwand wieder.
    »Hören Sie«, schrie ich. »Ich bin unterwegs und fahre auf einen Parkplatz, wo der Empfang besser ist. Rufen Sie doch gleich noch mal an.«
    Ich steuerte einen der Parkplätze an, die für die Wanderer bereitgehalten werden. Ich hatte keine Ahnung von der Frau gehabt. Wilma hatte dauernd von ihren Großeltern gesprochen und davon, dass sie sie heiß und innig geliebt hatte. Nie von ihren Eltern. Ich prüfte nur für Sekunden die Bedingungen auf dem Parkplatz. Das Gerät fand sofort ein Netz.
    »Ruf an!«, sagte ich. »Ruf, verdammt noch mal, an!« Und sie rief an. »Können Sie mich jetzt verstehen?« »Ja, gut«, sagte ich dankbar. »Von wo rufen Sie an?« »Von Vossenack im Hürtgenwald. Da wohnen wir, mein Mann und ich. Ich meine, mein zweiter Mann, Wilmas Vater ist ja schon lange tot.« Sie hatte eine tonlose Stimme, die gleichmäßig auf einer konstanten Höhe schwebte, so als habe sie Angst, eines ihrer Worte besonders zu betonen. »Also, Wilma hat mir eine Liste gemacht, damit ich weiß, wem ich was sagen kann. Und wenn da k. m. r. steht, dann heißt das, kannste mit reden.«
    »Wie bitte?«, fragte ich verblüfft. Dann musste ich lachen. Ach Gott, Wilma!
    Tatsächlich lachte auch Wilmas Mutter in kurzen, bellenden Stößen. Drei- oder viermal. Dann weinte sie wohl und schniefte in den Hörer. »Moment mal, muss mir die Nase putzen. Ach Gott, ist das ein Elend.«
    Ich schaltete das Band im Radiogerät auf Aufnahme und setzte den Lautsprecher ein wenig günstiger zum Mikrofon. Dann sprach sie mit jemandem im Hintergrund ein paar Sätze auf Platt. Es klang wie eine vollkommen fremde Sprache.
    »Das kann was Wichtiges sein. Aber vielleicht ist es ja auch nicht wichtig. Mein Mann meint, ich soll die Polizei nicht mit unwichtigen Dingen von der Arbeit abhalten. Aber ich denke, ich erzähle es Ihnen. Sie können ja weitergeben, was ich gesagt habe, oder?«
    »Selbstverständlich gebe ich das weiter. Da brauchen Sie sich keine Sorge zu machen.«
    Sie schwieg eine Weile. »Das ist ja ein Dorf hier und die Leute reden viel. Und wir haben der Polizei gesagt, dass wir überhaupt nichts wissen. Weil, wir wollten nicht, dass die Herren dauernd hier sind und die Nachbarn fragen und so.«
    »Das kann ich gut verstehen, Frau Bruns.«
    »Nein, nicht Frau Bruns. Ich heiße Frau Weltecke. Ach Gott, das fällt mir ja so schwer. Jetzt ist sie tot und wir kriegen sie nie mehr wieder. Ach Gott.«
    »Sie wollten Wilma schützen und haben der Polizei nicht alles gesagt. Das ist verständlich, Frau Weltecke, das wäre jedem von uns passiert.«
    »Ja? Meinen Sie?«
    »Was ist denn nun geschehen?«
    »Wilma hat in der Nacht angerufen. Also in der Nacht, bevor sie am Morgen ... also, sie rief hier an. Das hat sie manchmal gemacht. Nicht oft, aber manchmal. Wenn es hart wurde, rief sie an und redete mit mir. In Partnersachen und so. Sie hat mir immer vertraut.«
    »Um wie viel Uhr war das denn?«
    »Ja, das war komisch. Das ist noch nie passiert. Es war ziemlich genau halb drei.«
    »Und Sie haben der Polizei von diesem Anruf nichts erzählt?«
    »Nein, habe ich nicht.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Na ja, ich bin runtergegangen, weil wir zwei Telefone haben. Dann konnte ich mit ihr reden. In der Küche, wir haben das eine Telefon in der Küche. Sie sagte: Mam, ich muss mit dir reden. Aber frag mich nicht, Mam. Sie sagte ihr ganzes Leben lang Mam. Also, da wäre das mit dem Herrn Driesch passiert und das hätte sie schwer getroffen, weil sie ihn doch mochte. Als Partner im Beruf, sagte sie immer. Sein Tod hätte sie erschüttert. Und es wäre vielleicht ganz gut, dass sie jetzt nach Berlin gehen würde. Zu irgendeinem Amt oder Ministerium. Sie wollte nicht mehr in der Eifel bleiben. Die Eifel ist tot für mich, Mam, sagte sie. Sie hat in einer Tour geweint, sie hörte überhaupt nicht auf zu weinen.«
    »Was hat sie noch gesagt, Frau Weltecke?«
    »Sie hat gesagt, dass es um viel, viel Geld ging. Um nichts anderes als Geld. Und sie sagte, sie hätte es jetzt erst

Weitere Kostenlose Bücher