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Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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betrunken, weil er unter ihrem Tod leidet und nicht darüber sprechen will oder kann. Nicht einmal mit mir. Und da bin ich losgefahren in die Nacht. Einfach so. Aber ich habe schon gewusst, dass ich hier lande. Sie war eine starke Frau, verstehst du, und so viele starke Frauen gibt es ja nicht.« Sie sah mich von der Seite an und setzte hinzu: »Ihr lasst uns ja nicht.« Dann schnippte sie den Rest der hastig gerauchten Zigarette weg und drehte sich eine neue. »Ich weiß ja, es klingt vielleicht dumm, aber etwas von Wilmas Geist spüre ich hier.«
    »Das ist nicht dumm«, widersprach ich. »Sie war ja wirklich eine tolle Type. Sie war so von der Sorte Frau, von der die Eifel ruhig ein paar mehr vertragen könnte. Aber irgendjemand hat sie maßlos beschissen. Wahrscheinlich um Geld und wahrscheinlich auch um ihre Seele. Sie muss in den Stunden vor ihrem Tod so etwas wie ein Erleuchtung gehabt haben und ich komme nicht drauf, was das gewesen sein könnte. Und deswegen bin ich sauer auf mich und deswegen sitze ich hier. Ich dachte, ich rede mit ihr, vielleicht sagt sie ja was.«
    Hermine sah mich wieder von der Seite an, schwieg aber.
    Vor dem Mond glitt eine helle, weiße Wolke vorbei, verdunkelte die Szene und gab sie dann wieder frei.
    »Hat dein Mann sich inzwischen an etwas erinnert, was wichtig sein könnte?«
    »Versucht hat er es. Aber er hat nicht gesagt, was dabei herausgekommen ist. Das Einzige, was er gesagt hat, ist, dass er es komisch findet, dass Annette ausgerechnet von einem ... na ja, von einem Bekloppten umgebracht wurde. Aber das ist nun mal so. Manchmal hängen die Dinge eng zusammen und das Leben erledigt sie dann getrennt. Die Kleine hat immer von ihrem Hotel geredet, das ihr Papi ihr schenken wollte. Sie wollte es das Hideaway nennen, das Versteck für Verliebte.«
    »Und wo sollte das stehen?«
    »Irgendwo in den Wäldern der Eifel, nehme ich an. Sie haben wohl daran gedacht, einen alten Bauernhof zu kaufen und umzubauen. Albert sagte heute Nachmittag, als er den Ziegenkäse abschöpfte, dass da etwas ist, was ihn mehr als alles andere wundert: Da arbeitet Driesch an einem Riesenprojekt. Er treibt es voran, dass einem der Atem stillsteht. Und bringt es so weit, dass er eigentlich die ersten Gelder anfordern müsste. Das tut er aber nicht, stattdessen lässt er es schluren. Mag ja sein, dass er einfach die Nase voll hatte. Aber dass beide Frauen, nämlich Wilma und Annette, nicht auf die Barrikaden gegangen sind und die Gelder einfach selber angefordert haben, will Albert nicht in den Kopf. Na ja, vielleicht haben beide den Driesch angehimmelt, aber so kopflos waren sie nicht, dass sie brav stillhalten und nichts tun würden. Albert fragt sich: Was ist da passiert? Das ist eine gute Frage, nicht wahr? Mir kommt es so vor, als hätten die drei eine Absprache getroffen und entschieden, dass eine andere Entwicklung wichtiger war.«
    »Sehr gut überlegt«, nickte ich. »Aber was war wichtiger?«
    Hermine stand auf und sagte über die Schulter zurück: »Ich brauche einen Schluck.«
    Sie ging zu ihrem Auto, holte eine große Flasche heraus und kam zur Bank zurück. Sie nahm einen tiefen Zug.
    »Das tut gut«, murmelte sie dann. »Glaubst du, Anna wird die Eifel verlassen?«
    »Sie hat gesagt, nein.«
    »Aber vielleicht wird sie mit den Schatten nicht leben können.«
    »Das wird sich herausstellen. Wenn sie es nicht kann, kann sie immer noch gehen. Die Eifler sind sehr beharrlich, sie geben nicht auf und sie sind treu. Und Anna ist stark.«
    Da hockten wir unter dem Eifelmond und fühlten uns unbehaglich, weil zu viel geschehen war, das nicht einzuordnen war in den Fluss des Lebens. Irgendwo schrie ein Tier hoch und gellend. Entweder es tötete oder es wurde getötet.
    »Wie kommt eigentlich jemand wie du hierher?«
    »Albert«, antwortete sie einfach. »Es sind doch immer Beziehungskisten, die uns entwurzeln und an anderer Stelle wieder Wurzeln fassen lassen. Immer diese Beziehungskisten.« Sie lachte erheitert. »Du hältst dich für einen vernünftigen Menschen, bis du entdeckst, dass dich Unvernunft steuert. Aber ich kann mich nicht beklagen, auf seine Weise sorgt sich Albert rührend. Weißt du, ich frage mich die ganze Zeit, ob mich ein Mensch mit einer Million dazu bringen könnte, etwas Blödes zu tun. Mein ganzes Leben lang spielte Geld nur deshalb eine Rolle, weil ich es nicht hatte.« Sie schwieg unvermittelt.
    »Und, könnte ich dich mit einer Million aus der Fassung bringen?«
    »Ja,

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