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Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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verschlampt, er hat das Projekt in Hollerath einfach an den Nagel gehängt. Er hat erklärt, er habe die Nase voll. Aber das war es nicht. Er hat es einfach nicht mehr auf die Reihe gekriegt. Das war es.«
    »Das sind aber erstaunlich offene Worte.«
    »Ein schweigender Pfarrer in der Eifel ist ein schlechter Pfarrer«, entgegnete er.
    Ich wollte es wissen: »Waren Sie sein Beichtvater?«
    »Ja, manchmal wenigstens.«
    »Ohrenbeichte oder Gespräch?«
    »Gespräch, nur Gespräch. Ich weiß, Mutter Kirche hat das nicht so gerne, aber Mutter Kirche wird es überleben.«
    »Der Pole aber nicht.«
    »Nein, der nicht.« Er nickte, trank von dem Schnaps und drückte den Zigarettenrest aus.
    »Sie sind also ein Rebell«, stellte ich fest.
    »Kann man so sehen«, sagte er. »Aber das ist gewissermaßen ein Problem der Person, nicht ein Problem der Kirche.«
    »Ist denn Ihre Kirche von der Person abzutrennen?«
    »O ja!«, antwortete er hell. »Und wie! Schauen Sie sich die Lösung des Konfliktes um die Schwangerenberatung an. Glauben Sie im Ernst, dass ich katholischen Frauen diesen absurden Blödsinn erklären kann?«
    »Sind Sie überhaupt noch gern Pfarrer?«
    »Vermutlich bin ich es sowieso nicht mehr lange«, murmelte er schläfrig. »Ich weiß, dass ich vielen alten Frauen und Männern ein Dorn im Auge bin. Sie schreiben anonyme Briefe an den Bischof und fordern einen neuen, anständigen Pfarrer.«
    »Sie machen den Eindruck, als seien Sie darüber nicht gerade sauer.«
    »Das ist wahr«, nickte er und grinste. »Ich sehe aber eine Chance in der katholischen Laienbewegung. Die haben noch Feuer im Arsch. Haben Sie persönlich jemanden in Verdacht?«
    »Nein, habe ich nicht. Ich sehe noch nicht mal ein klares Motiv.«
    »Wie bitte?«, fragte er verblüfft. »Das kann doch nicht wahr sein. Ich will nicht gerade behaupten, vollkommen informiert zu sein, aber ich gehe jede Wette ein, dass die Vorstände von mindestens zwei, wenn nicht drei großen Stromerzeugern jede Menge Gründe hatten, Driesch töten zu lassen.«
    Baumeister, halt die Luft an und sage nichts! Oder sage wenigstens nichts Dummes. Der Mann könnte ein Geschenk des Himmels sein, besser noch – er ist ein Geschenk des Himmels.
    »Würden Sie die Freundlichkeit haben, mir das genauer zu erklären?«
    »Aber nur off the record! Bitte, zitieren Sie mich nicht.«
    »Ich zitiere Sie nicht, versprochen.«
    Er nahm erneut einen großen Schluck von dem Schnaps und sagte: »Einfach toll, das Zeug. Wussten Sie eigentlich, dass Manfred von Hülsdonk, der Vater von Annette, diese Brände macht? Der hat ein unglaubliches Talent in Sachen Schnaps. Die Kunst besteht nämlich darin, dass das Obst den richtigen Reifezustand hat, wenn es verarbeitet wird. Der Schwarzwald ist gegen unsere Obstler eine unterentwickelte Region.« Bergmann grinste. »Tja, die Stromerzeuger. Ich habe die Entwicklung der Windenergie in der Eifel verfolgt. Sie betrifft mich nicht, aber ich finde sie spannend. Da haben wir nun die Möglichkeit, Strom aus Wind zu erzeugen. In beliebiger Menge zu einem durchaus menschlichen Preis. Wir vergessen mal die Schreihälse, die behaupten, die Windräder seien zu laut oder ihre Häuser würden an Wert verlieren oder die Natur würde versaut, weil die Dinger einfach scheußlich aussehen und die Landschaft verschandeln. Stellen wir nur fest: Wir brauchen keine riesigen Kraftwerke mehr und Atomstrom kann uns auch kalt lassen. Die großen Stromerzeuger hatten den Energiemarkt unter sich aufgeteilt. Das ging Jahrzehnte gut und sie häuften irrwitzige Gewinne an. Dann schlich sich gewissermaßen von hinten die Windkraft in die Szene. Sofort begriffen die Monopolisten: Das wird gefährlich! Und sie taten alles, um das Geschäft mit Strom aus Windrädern klein zu halten, zu reglementieren – mit den Möglichkeiten des Gesetzgebers. Jetzt fallen plötzlich die Strompreise, weil der Markt freigegeben ist, europaweit, und andere Anbieter auftauchen. Ein ähnliches Schicksal hat den Telefonmarkt ja auch schon ereilt. Ich glaube übrigens nicht, dass Jakob Driesch grundsätzlich die Schnauze voll hatte von der Windenergie, ich glaube, dass er Hollerath nur zu einem späteren Zeitpunkt bauen und erst mal abwarten wollte, was auf dem Strommarkt passiert. Das hätte zu ihm gepasst. Aber zurück zu den Stromerzeugern. Sie kämpfen nun mit allen Mitteln um ihre Pfründe. Hier in der Eifel haben sie zum Beispiel versucht, sich auch den Trink- und Abwassermarkt unter den Nagel zu

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