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Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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beinahe der Versuchung erlag, über Wilmas dunkle Andeutungen ins Grübeln zu geraten, kam er zu mir, legte seinen Kopf auf meinen Oberschenkel und schielte zu mir hoch.
    »Ja, ja, ich weiß, mein Alter. Du wirst mich auf Schritt und Tritt verfolgen und darauf hoffen, dass ich dich adoptiere. Aber darauf wird nichts, das kann ich meinen Katzen nicht antun.«
    Es schellte unten an der Tür. Es war immer noch Nacht, es war vier Uhr fünfundvierzig. Eine verrückte Zeit für Kriminalbeamte. Außerdem hatten die einen Schlüssel, die würden nicht schellen.
    Cisco sprang vom Bett und sauste kläffend die Treppe hinunter.
    Ich ging ihm nach und bemühte mich um Gelassenheit. »Wer ist da, bitte?«
    »Bergmann«, sagte ein Mann mit tiefer Stimme.
    »Gehen Sie um das Haus herum, da ist eine offene Tür.«
    Der Mann antwortete nicht, ich hörte, wie sich Schritte entfernten. Dann trat er ein, sah mich an, streckte die Hand aus und sagte: »Ich war ihr Pfarrer.
    Und Sie sind dieser Journalist, von dem sie so oft erzählt hat?«
    »Aha«, murmelte ich verwirrt und reichte ihm die Hand. »Ja, das bin ich wohl. Siggi Baumeister. Was treibt Sie hierher, mitten in der Nacht?«
    »Zwei Sterbefälle«, erklärte er. »Darf ich mich setzen? Gibt es hier ein Bier oder so was?«
    »Weiß ich nicht. Schnaps habe ich gesehen, Wein auch. Aber Bier? Ich schau mal nach.«
    »Schnaps tut es auch«, sagte er leichthin. Dann strich er sich mit der rechten Hand über das Gesicht. Der Mann war erschöpft. »Ich habe das Licht hier gesehen. Da dachte ich, die von der Staatsanwaltschaft seien wieder hier. Wilma und ich, wir waren schließlich Freunde. Na ja, ist ja auch egal. Schade um Wilma, wirklich schade.«
    Er war ein schmaler Mann und ich hatte den Eindruck, dass er anstelle eines Bauches ein gewaltiges Loch mit sich herumtrug. Sein Gesicht war blass und jung, das Gesicht eines Bücherwurms. Er trug einen schwarzen Anzug und einen schwarzen Rollkragenpulli. Und er hatte rote Hände, als würde er zu oft in seiner Küche stehen, um zu spülen. Seine Augen waren von einem ungewöhnlichen Hellblau; wahrscheinlich war er in der ersten Hälfte der Dreißiger.
    »Ich dachte, sie hatte es nicht so mit dem lieben Gott«, sagte ich.
    Er lächelte. »Hatte sie auch nicht. Sie hatte es mehr mit mir, um genau zu sein.«
    »Ging sie denn am Sonntagmorgen zur Kirche?«, fragte ich weiter. »Eigentlich weiß ich nicht viel von ihr.«
    Er starrte in die Luft vor sich. »Sie ist vor zehn oder zwölf Jahren aus der Kirche ausgetreten. Sie hatte Schwierigkeiten mit dem Polen in Rom, aber wer hat die nicht? Mit dem müssen wir eben leben.« Er trommelte mit den Fingern seiner rechten Hand auf den Oberschenkel. »Wie sieht das aus mit dem Schnaps?«
    »Oh, Entschuldigung.« Ich ging in die Küche, dort hatte ich eine Schnapsflasche gesehen. Ich goss ihm einen ordentlichen Schluck in ein Wasserglas und brachte es ihm. »Ich nehme an, ich darf hier den Gastgeber spielen.«
    »Haben Sie einen Schlüssel?«, fragte er.
    »Nein. Die Tür hinten im Haus war offen. Wenn Sie mich anzeigen, bin ich dran.«
    »Werde ich nicht«, sagte er. »Ich bin auch eigentlich nicht hierher gekommen, weil ich die Leute von der Kripo sehen wollte, sondern weil ich hier sein wollte. Einfach so.«
    »Deshalb bin ich auch hier«, nickte ich. »Sie war eine ungewöhnliche Frau.«
    Cisco sprang auf Bergmanns Schoß. Der Geistliche tätschelte ihn und sagte: »Ja, Junge, Scheiße, was?« Dann fragte er, ob ich eine Zigarette hätte.
    »Nein. Ich rauche meistens Pfeife. Aber oben am Bett liegt Tabak.«
    »Den hole ich mir«, meinte er und lief hinauf.
    Er machte es wie Hermine, er drehte die Zigarette mit einer Hand. »Hat man schon eine Ahnung, wer Driesch und Wilma erschossen hat?«
    »Keine«, sagte ich. »Wir glauben, dass Wilma getötet wurde, weil sie begriffen hatte, wer Drieschs Mörder war. Und nur deshalb. Können Sie sich einen Menschen vorstellen, der so etwas tut?«
    Er presste die Lippen aufeinander. »Ich will Ihnen beileibe nicht die Illusionen nehmen, aber selbstverständlich gibt es eine Menge Menschen, die so etwas tun können.«
    »Was wissen Sie von Driesch?«, fragte ich.
    »Eine Menge und das meiste ist gut«, antwortete er schnell. »Anna tut mir wirklich Leid.«
    »Sie sagen, das meiste ist gut. Und wie sieht das Schlechte aus?«
    »Nun ja, er hat sich nie geschont. Und er war in den letzten Monaten total erschöpft. Er hat die einfachsten Dinge versaut oder

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