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Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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reißen. Es gibt Studien, die das belegen. Und dann betrat der Bundestagsabgeordnete Jakob Driesch die Bühne, ein honoriger Mann, der Windkraft will und fördert – und zwar in ganz neuen Dimensionen. Er sagte: Wir bauen keine kleinen Anlagen auf, sondern weitab von jeder Siedlung Großanlagen mit mehr als einhundert Einheiten. Es ist richtig, dass dabei Wald und Fläche verloren gehen, aber die kann man zu Ökoinseln machen. Hollerath könnte den Großraum Aachen mit Strom versorgen. Und das ist ein Angriff auf die Stromkonzerne. Was glauben Sie, was der Oberboss eines Stromerzeugers von Driesch hält?«
    »Moment mal, Herr Pfarrer. Das heißt aber doch nicht gleich, dass jemand vom Vorstand hingeht und sagt: Nun lasst uns das Lebenslicht von Driesch ausblasen.«
    »Für so naiv hätte ich Sie nicht gehalten«, grinste er. »Kein Mensch muss so etwas befehlen, jedenfalls kein Mensch im Vorstand. Jeder große Konzern verfügt heutzutage über eine Art Spionageabwehr. Es ist doch so, dass deutsche Unternehmen in diesen Zeiten ständig von Wirtschaftsspionen heimgesucht werden, Amerikaner, Japaner, Chinesen, Russen. Nun überlegen Sie mal: Ein Konzern engagiert ein unabhängiges Unternehmen, das für Sicherheit sorgen und die Spione überführen soll. Derjenige, dem die Betriebssicherheit des Konzerns untersteht, geht mit einem der obersten Spionenjäger essen. Bei Truthahnbrust in Senfkruste erwähnt der Obermanager so ganz nebenbei, dass die Windräder sich zu einer unangenehmen Konkurrenz entwickeln könnten und dass der Konzern mit seinem Latein am Ende ist. Der Spionenjäger hört sich das interessiert und höflich an. Der Manager lässt in das Gespräch einfließen, dass locker bis zu drei Millionen zu verdienen sind, schwarz, wenn es sein muss, falls jemand eine Idee entwickelt, wie man diese Entwicklung der Windkraft stoppen kann, wenigstens für die nächsten Jahre. Der Spionenjäger nickt und schweigt höflich. Aber er geht in dem Bewusstsein nach Hause, dass er einen Fuß in einer Tür hat, von der er niemals geglaubt hatte, dass sie sich für ihn öffnet. Er hat nur ein Problem: Es kann sein, dass er etwas falsch verstanden hat. Und weil er sichergehen will, schickt er dem Konzernmanager eine Rechnung, zum Beispiel mit dem Text: ›Hiermit berechne ich Ihnen, wie vereinbart, für die Entwicklung einer neuen Sicherheitsstrategie eine erste Abschlagszahlung von DM 270.000.‹ Postwendend bekommt er den Betrag überwiesen. Jetzt weiß er, dass er alles richtig verstanden hat. Jetzt muss er nur jemandem klarmachen, dass Driesch gefälligst auszulöschen ist – ohne direkt einen Mordauftrag zu erteilen. Es gibt Auftragskiller, daran besteht kein Zweifel. Aber möglicherweise erteilt er den Auftrag auch einem Mann aus den eigenen Reihen, denn dem kann er leichter begreiflich machen, wie maßlos gefährlich dieser Driesch und sein Projekt ist, und dass letztlich Tausende von Arbeitsplätzen davon abhängen, dass die Windräder verlieren. Leuchtet Ihnen das ein?«
    »Kennen Sie denn einen Strommanager, dem ein solches Vorgehen zuzutrauen wäre?«
    »Es gibt einen Mann namens Karl-Ewald Diepholtz, dem ich das zutraue, so ein Ding durchzuziehen. Aber den Namen haben Sie nicht von mir.«
    »Und wo sitzt der?«
    »In der Energiebehörde der Europäischen Union in Brüssel. Der Mann ist Liebkind der großen Stromerzeuger. Ein ekelhaftes Gewächs, wenn Sie mich fragen.«
    »Was ist mit Wilma? Glauben Sie, sie ist ein Opfer der gleichen Geschichte?«
    »Aber ja. Wilma ist mindestens so gefährlich gewesen wie Driesch. Nicht vergessen: Es geht um wahnwitzige Summen.«
    »Wie kommt es, dass Sie so ausgezeichnete Szenarien entwickeln können?«
    Er lächelte. »Ich habe doch gesagt, ich mochte Wilma. Für einen katholischen Priester denke ich unanständig oft an sie.«
    »Hätten Sie sie geheiratet?«
    Er senkte den Kopf, griff dann nach der Schnapsflasche, goss sich ein, trank einen Schluck und begann sich eine neue Zigarette zu drehen. »Ich denke, ja. Aber ich hatte nie eine Chance, mit ihr darüber zu sprechen. Ich war auch zu feige.« Plötzlich schössen ihm Tränen in die Augen und er schluchzte haltlos.
    Cisco spürte etwas und legte seinen Kopf auf die Schuhe des Pfarrers. Der beugte sich noch tiefer und streichelte das Tier.
    Ich kam mir ekelhaft vor, als ich weiter fragte: »Sagen Sie, Sie waren zuweilen der Beichtvater von Jakob Driesch und ich möchte Sie nicht nach irgendwelchen Dingen fragen, die unter das

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