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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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tun.«
    Emma bekam einen Kuss auf die Backe, Vera bekam einen Kuss auf die Backe und zu Rodenstock sagte ich: »Wiedersehen, du alter Mümmelgreis.«
    Er lachte entzückt.
    In der Tür drehte ich mich nochmal um. »Mir fehlen noch Fakten. Toni Burscheid war am Donnerstag, dem Mordtag, auf dem Nürburgring. Was hat er denn für Uhrzeiten angegeben?«
    »Er hat gesagt, er sei ab 12.15 Uhr unterwegs gewesen und gegen 12.50 Uhr angekommen, hätte dann zwei Stunden irgendwelche Verhandlungen geführt. Das wurde überprüft und heraus kam: Er war erst um 14.30 Uhr am Nürburgring.« Rodenstock breitete die Arme aus, als wollte er mich segnen. »Mach was damit.«
    Ich fuhr gemächlich, ich hatte keinen Grund, besonders schnell zu sein, denn ich hatte mich um zwei Tote zu kümmern. Tote weichen nicht aus und sie flüchten auch nicht.
    Mein Ziel war Toni Burscheids Haus, denn ich erinnerte mich an die Nachbarin, die den Toten gefunden und sofort einen Fernsehsender angerufen hatte.
    Nichts schien mir im Moment angenehmer als eine klatschsüchtige Frau, die ordentlich vom Leder zog. Ich schellte, laut Schild hieß sie Mathilde Klemes.
    »Guten Tag, mein Name ist Siggi Baumeister. Ich bin Journalist. Kann ich Sie einen Augenblick sprechen?«
    »Aber gerne doch.« Sie war klein, pummelig und grauhaarig. Sie ging voran in ein Wohnzimmer, das im Halbdunkel lag.
    Die Eifler haben eine Unsitte zur Höchstform entwickelt: Um die Möbel in der gute Stube zu schonen, lassen sie die Rollos halb herunter. Aber für ein Gespräch ist es dort dann entschieden zu schummrig. In der Regel ist es darüber hinaus auch zu kalt, einen Hauch feucht und garantiert sehr, sehr muffig. Man kann so einen Raum nicht betreten, ohne an eine Friedhofskapelle zu denken.
    Trotzdem wollte ich sie davon abhalten, das Schiff klarzumachen, ich sagte: »Lassen Sie nur. So lange dauert es nicht. Ich will nur wissen, mit wem der Toni so geredet hat, wenn es um die Gemeinde ging.«
    »Da gibt es mehrere Möglichkeiten«, antwortete sie schnell.
    »Aber da müsste ich telefonieren, das dauert eine Weile.«
    »Nein, Telefonate sind nicht nötig. Ich stelle mir vor, dass er sich schon mal mit jemandem ausgetauscht hat, wenn es um Gemeindeprobleme ging, vielleicht mit älteren Gemeindemitgliedern. Und ich will nur wissen, ob das stimmt und wer von diesen Männern besonders infrage kommt.«
    »Ja, dann wohl der Alois. Alois Scherer heißt der. Der alte Ortsbürgermeister. Tja, den kann ich ja mal schnell anklingeln, dann wissen wir es. Ist sowieso nur sechs Häuser weiter. Ich kann natürlich auch mitfahren, weil dann haben Sie es einfacher. Och, jeh, der arme Toni. So jung zu sterben ist ja nicht das Wahre. Ich fahre eben mit. Ich arbeite gern für die Presse.«
    »Das ist mir bekannt. Aber ich zahle keine Honorare für Auskünfte, die mir jeder gratis geben kann.«
    Ich gebe es zu: Es war mir ein inniges Vergnügen, die Verlegenheitsröte in ihr Gesicht steigen zu sehen. Das ist die Rache des Mittelstandsbürgers.
    Ich fuhr also sechs Häuser weiter, zu einem alten, kleinen Bauernhof. Der Trecker stand genau vor der Eingangstür.
    Eine Frau saß auf einem alten Küchenstuhl und schälte Kartoffeln. Sie war etwa siebzig Jahre alt, hatte einen krummen Rücken von der vielen Arbeit, aber sie lächelte mich an und sagte munter: »Heute Abend kommen die Kinder, es gibt Reibekuchen. Die mache ich immer von Hand.«
    »Ihr Mann ist der alte Ortsbürgermeister, nicht wahr?«
    »Das stimmt. Aber er ist auf dem Feld, er muss gleich kommen. Und Sie sind sicher von der Presse.«
    »Ja, bin ich. Und ich will herausfinden, warum Toni Burscheid so schlecht behandelt worden ist.«
    Sie blickte hoch zu mir, hörte einen Augenblick lang mit dem Schälen auf. »Da sagen Sie was. Traurige Geschichte ist das. Toni und mein Mann haben sich immer gut verstanden. Mein Mann wollte nicht mehr Bürgermeister sein. Ich bin zu alt, hat er gesagt. Da hat sich der Toni bereit erklärt. Und nun schreibt die Presse, er sei ein … na ja, ein komischer Charakter gewesen. Das war er nicht, sage ich. Aber kein Mensch hört einem zu, wenn die anderen so laut schreien. Toni hat das nicht verdient.«
    »Toni war am Donnerstag auf dem Nürburgring und mich interessiert, ob er vorher bei Ihrem Mann war, Frau Scherer.«
    »Ja. So ab elf. Er wollte mit meinem Mann über den Altenausflug reden und dann gleich weiter zum Nürburgring, um das festzumachen. Jedes Jahr einmal fahren wir zum Nürburgring. Da kriegen

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